Alexander Schöppner

Sagenbuch der Bayrischen Lande


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und daß sie selbst am Freitage die Jagd nicht

       ausgesetzt hätten, weßhalb sie wohl auch nach ihrem

       Tode die Geisterjagd abhalten müßten.

       285. Der Bildstock bei Rothenfels.

       B. B a a d e r in M o n e ' s Anz. IV., 408. L.

       B r a u n f e l s Mainufer, S. 285.

       Am Bergwege von Rothenfels auf das dortige Schloß

       steht ein steinerner Bildstock, worauf eine knieende

       Frau ausgehauen ist, die betend zu einem himmlischen

       Strahl aufsieht. Ein Judenmädchen, das katholisch

       werden wollte, und daher Verstoßung und Enterbung

       von den Seinigen zu erwarten hatte, dachte einst

       auf diesem Platze: wenn ich katholisch werde, wie

       wird es mir ergehen, dann habe ich Niemand mehr!

       Da kam ein Lichtstrahl vom Himmel, und eine Stimme

       rief daher: »Dann hast du Gott!« Auf dieses trat

       das Mädchen in die katholische Kirche, und fand alle

       Unterstützung bei seinen neuen Glaubensgenossen,

       die auch nachmals den Bildstock errichteten.

       286. Die Wettenburg.

       A . C . C a m m e r e r Naturwunder, S. 231. F . J .

       M o n e Anzeiger IV., 407. L. B r a u n f e l s Mainufer

       S. 289.

       Im südlichsten Theile des Herrschaftsgerichtes Kreuzwertheim

       im Untermainkreise, erhebt sich ein steiler

       Berg, die Wettenburg genannt, auf drei Seiten vom

       Main umflossen, und mit der Blume des Wertheimer

       Weines prangend. Der Name des Berges stammt der

       Sage nach von einer Burg, die ehemals seinen Scheitel

       krönte.

       Eine reiche Gräfin, so erzählet man, die Besitzerin

       der Burg wollte den Berg auch noch auf der vierten

       Seite vom Main umgeben wissen. Ihre Unterthanen

       erlagen fast unter der Last der Frohnarbeiten zu dem

       ungeheuern Unternehmen. Hindernisse aller Art veranlaßten

       endlich die Gräfin, jedem ihrer Freunde und

       Vasallen eine Wette für das Gelingen des Unternehmens

       anzubieten.

       Sie warf einen blitzenden Demantring in die Fluth,

       und sprach: »So gewiß dieser Ring nimmer in meine

       Hände kommt, so gewiß muß der Berg durchgraben

       werden, wo nicht, so versinke meine Burg.« Ein

       furchtbarer Donnerschlag aus heiterem Himmel zeugte

       von ihrem Frevel. Am zweiten Abend saß die Dame

       in großer Gesellschaft bis Mitternacht bei üppigem

       Schmause. Ein großer Fisch ward endlich aufgetragen

       und beim Zerlegen in dessen Eingeweiden der in die

       Fluthen geschleuderte Ring gefunden. Alles entsetzte

       sich; aber mit dem letzten Schlage der Geisterstunde

       sank unter Donner und Blitz die Burg mit ihren Bewohnern

       in die Tiefe des Stromes. Nur wenige Trümmer

       und ein tiefer Schacht bezeichnen noch die Stelle

       des Schlosses. In diesen Schacht ließ sich einmal ein

       Hirt an einem Seil hinab, und hatte seinen oben gebliebenen

       Gefährten angewiesen, ihn auf ein gegebenes

       Zeichen sogleich herauszuziehen. Er kam in einen

       Saal, worin ein schwarzer Hund lag, und etliche Männer

       und Frauen in alter Tracht regungslos, wie Standbilder,

       beisammen saßen. Da faßte ihn ein Grausen

       und schnell ließ er sich hinaufziehen.

       Einen Schäfer, welcher ein andermal hinunter gestiegen

       war, führte eine Frau, die Herrlichkeiten des

       Schlosses ihm zeigend, durch viele Gemächer, zuletzt

       in eines, worin lauter Todtenköpfe sich befanden. Als

       er aus dem Berge kam, erfuhr er, daß seit seinem Hineinsteigen

       nicht, wie er geglaubt hatte, einige Stunden,

       sondern sieben ganze Jahre verflossen waren.

       Heutiges Tages ist auch der Schacht nicht mehr zu

       sehen; wohl aber hört man noch Glockengeläute aus

       der Tiefe des Berges. Jedes siebente Jahr erscheint die

       Burg in der Tiefe des Mains; und alsdann erblicken

       Sonntagskinder auf der Berghöhe einen einsamen Felsen,

       daran ein gewaltiger Eisenring befestigt ist, und

       eine tiefe Höhle daneben. Aber noch Keiner hat sich

       in die Höhle gewagt. An einem solchen wunderbaren

       Tage hat einst ein Faßbinder sein Messer neben den

       eisernen Ring gelegt; da fühlte er einen unwiderstehlichen

       Drang zum Einschlafen. Und wie er erwachte,

       war mit dem Ring und Felsen auch das Bandmesser

       verschwunden; aber als er nach genau sieben Jahren

       abermals hinkam, lag es wieder auf derselben Stelle.

       287. Der Siebener Tanz zu Kreuzwertheim.

       Von J. R u t t o r .

       Was ist für ein Klagen im Dorfe?

       Was deutet des Glöckleins Klang? –

       Es wüthet der Tod, ach, der schwarze,

       Durch alle Häuser entlang.

       Und immer grimmiger hauset

       Des schwarzen Todes Kraft;

       Fast Alle liegen im Grabe,

       Er hat sie weggerafft.

       Die Häuser stehen entleeret,

       Sind ihre Bewohner ja todt.

       Acht Nachtbarn nur begrüßen

       Einst noch das Morgenroth.

       Sie theilen die Güter der Andern,

       Und werden A c h t h e r r e n genannt;

       Sie waren reich geworden

       An Häusern und an Land.

       Bald raffte der Tod auch diese

       Hinweg ins öde Grab;

       Sie mußten von sich legen

       Des Lebens Wanderstab.

       Und als der letzte der Achter

       Sein Ende nahe sah:

       Da standen sieben Söhne

       Vor seinem Bette da.

       Er theilte die reiche Habe

       Den Söhnen aus und spricht:

       »Vergesset, liebe Kinder,

       Der bösen Zeiten nicht.

       Doch freut euch des Wechsels der Zeiten,

       Wenn jährlich der Mai sich erneut;

       Hinaus zum Walde ziehet,

       Und singt ein Lied erfreut.

       Des Waldes schönste