Alexander Schöppner

Sagenbuch der Bayrischen Lande


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Fräulein führten ein üppiges Leben, waren aber hart

       gegen ihre Untergebenen und karg gegen die Armen.

       Eines Tages, als es auf den Abend zuging, kam ein

       armer Pilger daher, bat um Einlaß, um einen Imbiß,

       und um Nachtquartier; doch als sein Begehren den

       drei Fräulein angesagt wurde, so wurde ihm von seinen

       drei Bitten weder die eine gewährt, noch die andere,

       sondern man hieß ihn gehen, und weil er nicht

       gehen wollte, hetzten die rohen und ebenfalls harten

       Diener ihn mit Hunden fort. Da rührte der Pilger die

       Hunde an mit seinem Stabe, und sie verstummten alsbald

       auf ewig, und fielen todt hin; dann schwang er

       den Stab gegen das Schloß, und sprach einen erschrecklichen

       Fluch, und alsbald fuhr das ganze Haus

       mit allen seinen Bewohnern in den Schooß des Berges

       hinab, und an seine Stelle trat ein kleiner See. Noch

       immer ist am Dreistelz die Stätte zu erschauen, wo

       das Schloß gestanden hat, und zu gewissen Tagen und

       Stunden hören Sonntagskinder einen Hahn in der

       Nähe krähen, denn das verwünschte Schloß mit seinen

       Bewohnern steht noch unter der Erde, darinnen

       schlafen die Fräulein bis zum jüngsten Tag. Alle drei

       Jahre aber, an dem Tage, an dem das Schloß verflucht

       wurde, kräht dreimal der Hahn. Da wachen die Schläfer

       auf im Bergesschooß, beten ein Ave Maria, und

       bereuen ihre Missethaten. Manche Leute erzählen

       auch, daß die verwünschten Fräulein aus dem Berg

       auf Kirchweihen gekommen seien, und sich unter die

       tanzenden Mädchen gemischt hätten; doch seien sie

       immer blaß gewesen, und wären nie über den Glokkenschlag

       zwölf hinaus bei den Tänzen geblieben.

       282. Schatz bei Wolfsmünster.

       B. B a a d e r bei M o n e , Anz. IV., 410.

       Bei Wolfsmünster lag am Ufer der Saale ein großer

       Stein. Ein Zimmermann, der öfters bei Nacht daran

       vorüber ging, hörte daselbst jedesmal einen Lärm,

       wie wenn ein Faß den Berg herabrollte. Da dachte er,

       der Stein möge Schuld sein, und versenkte ihn in den

       Fluß. Im Boden unter dem Stein war aber ein großer

       Schatz vergraben, denn als später einmal zwei Gesellen

       Nachts am andern Ufer gingen, sahen sie auf dem

       Platze, wo der Stein gelegen, einen Haufen glühender

       Kohlen. Da sagte der Eine zum Andern: »Sieh', da

       drüben liegt ein Schatz!« Da waren die Kohlen plötzlich

       weg.

       283. Mariabuchen bei Lohr.

       G r o p p coll. nov. script. Wirceb. I., 34. J . G .

       H ö f l i n g Beschreib. u. Gesch. von Mariabuchen S.

       11.

       Unter dem Volke von Franken geht allgemein die

       Sage von dem Ursprung der Wallfahrt Mariabuchen

       bei Lohr. Auf dem Platze, wo heutiges Tags das

       Kirchlein steht, erhob sich vor Zeiten eine gewaltige

       Buche. Dieser Baum hatte die sonderbare Eigenschaft,

       daß kein Jude vorübergehen konnte, ohne wie

       von einer geheimen Kraft gefesselt und angehalten zu

       werden, während die Christen unbehindert ihres

       Weges vorüberzogen. Einmal kam ein Jude daher,

       dem geschah es wie seinen Brüdern, daß er keinen

       Schritt von dem Baume weiter konnte. Da entbrannte

       er in Zorn, zog einen Dolch und stieß ihn wüthend in

       die Buche. Aber o Wunder! alsogleich ertönt aus dem

       Innern des Baumes ein dreimaliges Wehe! Der Jude

       sieht seinen Dolch von Blut befleckt und sinkt ohnmächtig

       vor Schrecken zu Boden. Bald darauf kamen

       Christen des Weges, hoben den Juden auf und vernahmen

       aus seinem Munde die seltsame Geschichte. Nun

       wurde die Buche von Obrigkeits wegen geöffnet, und

       siehe! ein Bildlein der schmerzhaften Muttergottes gefunden,

       das von Blut noch geröthet war. Schnell ge-

       langte der Ruf von dieser Begebenheit bis zu den

       Ohren des Bischofs Johann von Brun, der ließ auf

       dem Orte eine Kapelle bauen, welche nachmals durch

       den Bischof Julius erneuert und vergrößert worden.

       284. Die Geisterjagd im Neustadter Forst.

       A . v . H e r r l e i n die Sagen des Spessarts S. 132.

       Die Klosterherren zu Neustadt versahen den Gottesdienst

       auf der Burg Rothenfels. Sie waren bei den

       gastlichen Amtleuten freundlich aufgenommen und es

       kam manches Mal der späte Abend herbei, bis sie die

       Burg verließen. Einst an einem Feiertage nach bereits

       eingetroffener Nacht schritt ein Klosterherr von

       Rothenfels am Maine hin gegen Neustadt. Da hörte er

       von Würzburg her lustigen Hörnerschall herüberklingen,

       der erst sehr entfernt war, aber schnell näher

       kam. Der Klosterherr lauschte festgebannt den wunderlieblichen

       Klängen und heller und heller ertönte es

       und herüber über den Main kam ein glänzender Zug,

       voraus reitende Jäger mit den klingenden Hörnern,

       dann stattliche geistliche Herren und Ritter hoch zu

       Rosse mit dem Jagdspeer in der Faust, dann Karossen

       mit schönen Frauen, endlich ein großer Troß, berittene

       und unberittene, mit Jagdgeräthe und den Bracken

       an der Leine. Der Zug schwebte, ohne Land oder

       Wasser zu berühren, an dem erschrockenen Klosterherrn

       vorüber und verlor sich in dem großen Klosterwalde.

       Im darauf folgenden Jahre traf sich's, daß der

       nämliche Klosterherr an demselben Feiertage wieder

       den Gottesdienst auf der Rothenfelser Burg abhielt.

       Auch dieses Mal ging er in der Nacht nach Neustadt.

       Und wieder hörte er den Hörnerklang, und wieder erschien

       der Jagdzug und verlor sich, wie das erste Mal

       im Neustadter Forst. Daheim im Kloster erzählte der

       Herr, was er zwei Male erlebt, und hörte, daß vor vielen

       Jahren eine Gesellschaft von hohen geistlichen

       Herren, Rittern und Frauen aus Würzburg acht Tage

       im Kloster