Alexander Schöppner

Sagenbuch der Bayrischen Lande


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mußten. Darauf wurde des Juden Kopf als Erinnerungszeichen

       dankbar am Rathhaus angebracht.

       273. Wie Kissingen vor den Schweden gerettet

       ward.

       L a u r . H e l b i g alveare cath. p. 874. G r o p p

       coll. nov. script. Wirceb. II., 95. B e c h s t e i n S. 132.

       Unter der Anführung Reichwalds näherte sich ein

       Trupp Schweden dem Städtlein Kissingen. Sie lagerten

       sich in aller Stille auf den benachbarten waldigen

       Höhen, mit der Absicht, zur Nachtszeit den Angriff

       zu machen. Nun traf es sich, daß zur selben Zeit etliche

       Krämer, vom Jahrmarkte heimkehrend, des

       Weges zogen. Diese bemerkten den im Hinterhalte

       lauernden Feind und setzten alsbald die Kissinger von

       der bevorstehenden Gefahr in Kenntniß. Da versammelten

       sich die Bürger und wandten zu allererst ihre

       Blicke zur gnadenreichen Mutter des Herrn und begaben

       sich in ihren Schutz mit frommen Gelübden. Darauf

       faßten sie Muth und rüsteten sich wacker zum

       hartnäckigsten Widerstande. Wie nun die Schweden

       heranrückten und anfingen, das Städtlein zu berennen,

       wurden sie bald von denen auf der Mauer zurückgeschlagen.

       Als sie sich aber ermannten und den Angriff

       erneuerten, fand sich unter den Kissingern ein Bürger,

       P e t e r H e i l mit Namen, der kam auf den Einfall,

       man sollte alle Bienenkörbe von ganz Kissingen zusammenbringen

       und von den Mauern hinunter auf die

       Feinde werfen. Also geschah es. Zahllose Bienenschwärme

       stürzten sich auf die betroffenen Feinde

       und brachten sie mit ihren Stichen in solche Verlegenheit,

       daß sie den Belagerten gegenüber wehrlos sich

       in aller Eile auf die Flucht begaben. Die Kissinger

       aber zogen zum Dank für so wunderbare Rettung alljährlich

       am dritten Fastensonntag in Prozession von

       der Pfarrkirche nach dem Kirchlein der Muttergottes,

       deren Schirm und Schutz sie gefunden hatten. Dem

       P e t e r H e i l wurde als Denkmal ein steinerner

       Kopf am Rathhaus gesetzt, den man noch heutiges

       Tags sehen kann.

       274. Schloß Huhnberg.

       B e c h s t e i n S. 245.

       Ueber Nüdlingen, zwischen Münnerstadt und Kissingen

       gelegen, ist eine Burgstätte auf einem ziemlichen

       Hügel sichtbar, welche heute Huhnberg genannt wird,

       vor Alters aber Henneberg genannt wurde, wie eine

       Urkunde vom Jahre 1243 deutlich aussagt. Den

       Namen soll Burg und Berg von einem zahmen oder

       Haushuhn erhalten haben, das zur Zeit, als man die

       erstere gründen wollte und für dieselbe noch keinen

       Namen wußte, auf diesen ein Ei gelegt. Zur Unterscheidung

       des Namens von dem weit früher schon erbauten

       Stammschlosse Henneberg aber, habe man es

       später nicht Henne-, sondern Huhnberg genannt, und

       diese Burg durch das Bild eines Haushuhns von dem

       Wappen der ersteren, einer Wildhenne, unterschieden.

       Die Sage verkündet, daß, von Erbauung dieser Burg

       an, alle hundert Jahre Mittags und Mitternachts ein

       Huhn auf dem Schloßberge dreimal fröhlich schreie

       und so das Jahrhundert verkünde, wie man es zuletzt

       noch, namentlich im Jahr 1742, gehört haben will.

       Noch soll unter den verschütteten Kellern und Gewölben

       der Huhnburg viel Geld und Wein verborgen

       sein. Die Leute erzählen: Jeder, der den Schloßplatz

       besuche, finde bei seinem ersten Kommen, wenn er

       nicht an die Schätze denke, und nicht auf deren Hebung

       ausgehe, eine kleine Oeffnung, welche in die

       Tiefen hinabführe; benutze er dieses Glück, so könne

       er reich werden, doch nie werde zum zweitenmale

       diese Gelegenheit geboten. Wer die Oeffnung finde

       und einen Stein in sie hinabwerfe, höre diesen nicht

       auf den Grund fallen, so tief hinab gehen Keller und

       Gewölbe, so tief ruhen die Schätze. Versuche, durch

       Nachgrabung sie zu heben, schlugen gänzlich fehl,

       und mußten bald unterbleiben, denn die Grabenden

       sahen sich seltsam erschreckt und in ihrem Vorhaben

       gehindert. Auch wurden Versuche solcher Art obrigkeitlich

       untersagt. Daher harren die Schätze noch der

       Erhebung.

       275. Botenlauben.

       Von F r a n z S c h m i d t . – J ä g e r Gesch. des

       Klosters Frauenrod im Archiv d. hist. V.f.U.u.A.V., 57.

       L. B e c h s t e i n Geschichte u. Gedichte Otto's von

       Botenlauben S. 40. Dessen Sagenschatz S. 133. Vaterl.

       Mag. von F r . M a y e r , 1838, S. 356.

       Wie sich die Blasenperle bebend

       Drängt aus der Lebensquelle Schoos:

       So ringt sich von des Sängers Herzen

       Des Liedes Luftgebilde los.

       Verzeiht, Ihr Freunde dieses Thales,

       Daß sich ein Harfner Euch gesellt,

       Und wenn Ihr ruht hier unter Ulmen,

       Sich mit der Harfe zu Euch stellt!

       Dort blickt herab die B o t e n l a u b e ,

       Einstmals ein stolzes Ritterhaus,

       Zerstückt, zerstreut jetzt und zerstäubet,

       Bewohnt nur von der Winde Saus.

       Einst sah B e a t r i x , seine Herrin,

       Herab auf ihren S a a l a grund,

       Es maß das Gut ihr stolzes Auge,

       Das unter ihrem Scepter stund.

       Da weht ein Lüftchen an die Hehre –

       Es sank ihr Schleier schnell zu Thal,

       Sie sann erschreckt und ihr Geträume

       Sank mit dem Schleier allzumal.

       »Bin in der Hand des mächt'gen Glückes

       Ich mehr wohl, als ein dünn Gespinnst:

       Ein Hauch entfährt aus seinem Munde,

       Was ich mir zählte zum Gewinnst.

       Es baue nicht auf diese Erde,

       Wer stille sel'ge Wonne sucht,

       Denn zu Vergänglichkeit und Moder

       Ist alles Erdengut verflucht.«