Alexander Schöppner

Sagenbuch der Bayrischen Lande


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Mit Weibern und mit Kindern

       Tanzt um ihn eine Weil.

       Das Geld, das ihr draus löset,

       Vertrinkt dabei voll Lust,

       An diesem Tag soll freuen

       Sich hier jedwede Brust.«

       Der Alte schloß die Augen,

       Sein Wille ward erfüllt;

       Am ersten Tag des Maien

       Ward jedes Leid verhüllt.

       Da ward getanzt, gejubelt,

       Da ward so froh gezecht;

       Der Siebner Tanz vererbte

       Sich auf das junge Geschlecht.

       Noch heute, wenn der Maimond

       Erscheint im Blütenkranz,

       Wird in dem Land gefeiert

       Der lust'ge Siebnertanz.

       288. Engelstadt bei Prozelten.

       H ä n l e und S p r u n e r Handb. für Mainreisende S.

       147.

       In einer Schlacht in Böhmen hatte Heinrich der Finkler

       Kyrie eleyson zum Schlachtgeschrei. Und siehe da!

       die Engel kamen, um ihm zu helfen. Zum Andenken

       daran hat er die Burg bauen lassen und sie Engelstadt

       geheißen. Fünf unterirdische Keller führten von ihr

       nach der Stadt Prozelten, und einer nach Faulenbach,

       woselbst auch ein Keller ist, der sich durch einen ganzen

       Weinberg erstreckt. Im Schlosse aber ist es nicht

       geheuer. Schon die letzte Hennebergerin wollte nicht

       mehr darin hausen, weil sie jenseits des Mains auf

       M o n d f e l d e r Markung Nachts so viele Flammen

       und Lichter brennen sah, daß es ihr davon unheimlich

       wurde. Diese Flammen leuchten über den Schätzen,

       welche hier und in der ganzen Burg verborgen liegen.

       289. Der Geisfuß.

       A . v . H e r r l e i n S. 123.

       Vor vielen Jahren hörte einmal ein Fischer von Langenprozelten

       auf der andern Seite des Maines »Fährer

       hol!« rufen. Es war schon Nacht und ein abscheuliches

       Wetter; ein dichtes Schneegestöber ließ kaum

       drei Schritte weit sehen und der Sturm heulte, daß

       man fast sein eignes Wort nicht hörte. Dennoch klang

       das »Fährer hol!« deutlich und laut herüber. Den Fischer

       dauerte die arme Seele, die bei solchem Unwetter

       auf die Ueberfahrt harrte, er entschloß sich, den

       Rufer abzuholen. Er war noch nicht ganz am linken

       Ufer, da sprang ein kräftiger, großer Mann in einem

       dunkeln Mantel hinein, und der Nachen sank augenblicklich

       so tief in's Wasser, daß der Rand kaum fingersbreit

       war. Der Fischer ruderte aus Leibeskräften,

       um den unheimlichen Gast bald an's Land zu bringen,

       und der sprang auch, sobald er in die Nähe des rechten

       Ufers gelangte, hinaus, und eilte ohne Lohn und

       Dank davon. Der Fischer war nur froh, daß der unheimliche

       Mann fort war, und verzichtete gern auf den

       Fahrlohn; den andern Morgen betrachtete er sich die

       Stelle, wo der Mann an das Ufer gesprungen, und

       fand im harten Gestein eine große Geisklaue tief ein-

       gedrückt. – Die Geisklaue ist unterhalb Langenprozelten

       noch zu sehen.

       290. Die Herren von Rüdt.

       H ä n l e u. S p r u n e r Handbuch für Mainreisende S.

       148. L. B r a u n f e l s Mainufer S. 305.

       Nach dem Erlöschen des Geschlechtes der Cuglenberg

       kam ihre Burg an die Herren von Rüdt, welche

       sich seitdem Rüdt von Kollenberg nannten. Von diesem

       Geschlechte geht eine Familiensage, die häufig

       wiederkehrt. Einer der Ahnen dieses Hauses war kinderlos.

       Darüber war er voll Grimm und Unmuth, so

       daß er rauh und mißgünstig wurde, und die Armen

       mißhandelte. Einst kam ein Bettelweib mit sechs Kindern

       vor seine Thüre und flehte um eine Gabe; er aber

       hetzte sie mit R ü d e n von der Burg. Da fluchte ihm

       das Weib: Weil du so geizig bist, so möge dir dein

       Weib ein ganzes Dutzend Kinder auf einmal gebären,

       auf daß sie all das Deine verzehren und vernichten!

       Und siehe, die Rittersfrau gebar ihrem Gemahl wirklich

       zwölf Söhnlein auf einmal. Da nahm der geizige

       Herr eilf von den Kindern und befahl seinem Jägersknechte,

       er solle ihm diese eilf Rüden in's Wasser

       werfen. Allein sie wurden wunderbar erhalten, kehrten

       als Männer in's väterliche Haus zurück und lösten

       durch fromme Thaten den Fluch der Bettlerin. Sie

       nannten sich aber Rüden zum Angedenken des Tages,

       wo man sie in's Wasser warf. Andere erzählen, die

       Rittersfrau selbst habe jene Bettlerin abgewiesen, und

       nach ihrer Niederkunft die eilf Knäblein in den Main

       zu werfen befohlen; der Ritter habe jedoch die That

       vor der Ausführung entdeckt und die Kinder bis zum

       einundzwanzigsten Jahr in der Fremde erziehen lassen.

       Alsdann habe er sie auf's Schloß geführt und die

       Mutter gefragt: Welche Strafe eine Mutter verdiene,

       welche ihr Kind ermorde? Da sagte die Frau: Man

       soll ein Faß mit langen Nägeln rundum beschlagen,

       sie hineinwerfen, und den Berg hinunterrollen. Da

       holte der Ritter seine Söhne herbei, gab sie der Frau

       zu erkennen, und gebot, die angegebene Strafe an ihr

       selbst zu vollziehen. Allein die Fürbitte der Söhne

       rettete die Mutter, die sich schon lange Jahre in Reue

       verzehrt hatte.

       291. Riesensäulen bei Miltenberg.

       G r i m m d.S. I., 26.

       Bei Miltenberg oder Kleinen-Heubach auf einem

       hohen Gebirg im Wald, sind neun gewaltige, große

       steinerne Säulen zu sehen und daran die Handgriffe,

       wie sie von den Riesen im Arbeiten herumgedreht

       worden, damit eine Brücke über den Main zu bauen;

       solches haben die alten Leute je nach und nach ihren

       Kindern erzählt, auf daß in dieser Gegend vor Zeiten

       viele Riesen sich aufgehalten.

       292. Das Kloster auf dem Engelsberge.