Alexander Schöppner

Sagenbuch der Bayrischen Lande


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schlank und fein,

       sehnsuchtsvoll nach dem herzoglichen Fräulein

       schmachtend, und, weil er gar oft von seiner Wohnung

       aus den Berg beschaute, wo sie wohnte, von seinen

       Spießgesellen der Guckenberg genannt wurde,

       woher noch bis auf den heutigen Tag eine Familie

       jenes Städtchens ihren Namen führen soll. Täglich bei

       einbrechender Nacht stellte er sich unter den Fenstern

       Adelheids ein, doch heute konnte er nicht. Immer

       dunkler ward die Nacht, sie sang ein ernstes Lied und

       spielte dazu auf ihrer Leier. Aber der Heißersehnte erschien

       nicht. Umsonst suchten die sie umgebenden

       Edelfräulein sie zu trösten.

       Endlich erschien der Ritter Karl um Mitternacht

       und erzählte der Harrenden, wie er in des heil. Stephanus

       Marktflecken (Marktsteft) gewesen, wo in diesem

       Jahre ein munteres Völklein sein erstes Kirchweihfest

       beging, wie er dort im ritterlichen Wettkampfe

       den ersten Preis aus den Händen der schönsten

       Dame davongetragen, auch der Ehre gewürdiget

       worden, die Holde zum Reigen zu führen.

       Darob ergrimmte in Eifersucht des Herzogs Tochter.

       Auch der Herzog Pipin schwor in seinem Zorn,

       nie solle der Verräther hoffen, die reine Hand der

       Prinzessin zu erhalten.

       Traurig zog sich Karl nach seiner Burg zurück, und

       hatte nur noch den einzigen Trost, nach dem Berge zu

       blicken, wo seine Liebe wohnte. Traurig ging auch

       die Sonne des anderen Morgens für Adelheid auf. Der

       Sturm der Leidenschaft hatte sich gekühlt, es war

       Alles so öde, aber des Vaters Zorn vereitelte jede

       Hoffnung. Sie entschloß sich daher, nach damaliger

       Sitte, ein Kloster zu gründen.

       Die Auswahl des Platzes stellte sie dem Himmel

       anheim, und warf bei einem Sturmwinde ihren Handschuh

       von der Schwanenburg Zinnen hoch in die Luft.

       Wo er niederfalle und gefunden würde, da wolle sie

       ihr junges Leben vertrauern.

       Es hauste aber damals am rechten Mainufer in zerstreuten

       Hütten ein alt-deutsches Geschlecht, abgehär-

       tet durch Fischerei, Vogelfang und Jagd, seine Lieblingsbeschäftigungen.

       Hier war es am Saum eines

       Waldes, wo ein Jäger, diesen Handschuh für einen

       Hasen im Lager ansehend, sein Geschoß auf ihn abdrückte

       und dieses so durchbohrte Zeichen der Prinzessin

       überreichte.

       Dem Gelübde gemäß gründete nun Adelheid auf

       dem Platze des gefundenen Handschuhes am 23. September

       745 das berühmte Nonnenkloster, welches sie

       nach dem Namen des Jägers, er hieß Chiez, Kitzingen

       nannte, und ließ unter dem Namen Thekla sich zur

       Aebtissin weihen. Bald erhielt sie viele Gesellschafterinnen,

       die ein ähnliches Geschick im Kloster beweinen

       wollten, den Jungfrauen aber zog sich viel anderes

       Volk nach, und erbaute rings umher an den Ufern

       des Maines die zierliche Stadt Kitzingen.

       Ritter Karl aber, als er die Schreckenspost, daß

       seine Geliebte den Schleier genommen, gehört hatte,

       wollte der Stätte nahe sein, wo sie für ihn lebendig

       todt war. Er siedelte sich also mit mehreren Getreuen

       dem Kloster gegenüber am linken Mainufer an und

       nannte den Ort, zum Zeichen, daß ihm Adelheid auch

       als Aebtissin Thekla noch Etwas gelte, E t w a s -

       h a u s e n , welches jetzt noch die Vorstadt von Kitzingen

       ist. Auch soll von der Klosterkirche in Kitzingen

       unter dem Maine hindurch ein unterirdischer

       Gang in die Kreuzkapelle zu Etwashausen geführt

       haben.

       234. Schatz bei Kitzingen am Main.

       B. B a a d e r bei M o n e , Anz. IV., 411.

       Eine Frau von Kitzingen sah auf dem Felde einen

       Haufen glühender Kohlen unter einem Baume liegen.

       Weil sie solche für einen Schatz hielt, schickte sie

       sich an, dieselben in ihre Schürze zu fassen. Da erblickte

       sie ihren längst abwesenden Bruder, der über

       das Feld herkam und rief ihm zu: Heinrich! wo

       kommst du her? In demselben Augenblick waren

       Schatz und Bruder verschwunden.

       235. Die drei Wasserjungfrauen im

       Gründlesloch.

       Zu C a s t e l l in Unterfranken. – Bayer. Annalen 1833,

       IV. 17., woselbst des häufigen Vorkommens dieser Sage

       in Franken gedacht wird. Vgl. Vat. Mag. 1838, S. 91.

       P a n z e r a.a.O. S. 176.

       Am Fuße des Casteller Berges, eines der Vorberge

       des Steigerwaldes, bricht in der Ebene zwischen Castell

       und Rüdenhausen aus dem Gypsgestein eine

       mächtige Quelle, und füllt mit dem klarsten Wasser

       einen mäßigen Kessel. Das Wasser kömmt aus großer

       Tiefe durch das unregelmäßig zerklüftete Gestein mit

       solcher Macht herauf, daß es Gegenstände, welche ein

       die Wasserschwere nicht stark überwiegendes Gewicht

       haben, nicht zu Boden läßt. Der Grund des

       Wassers ist nicht zu erforschen, weil es durch Krümmungen

       heraufbricht, und die Quelle heißt deshalb in

       der Umgegend der grundlose Bronnen oder das

       Gründlesloch. Auf der Höhe des Casteller Berges steh

       noch eine Thurmruine von dem alten Schlosse der

       Grafen von Castell, deren wohnliches neues Schloß

       nun nahe am Fuße des Berges liegt. Das alte Schloß

       setzt die Sage mit der Quelle in Verbindung.

       In jenen Zeiten nämlich, da das alte Schloß noch

       stand, feierte ein Graf von Castell seine Hochzeit in

       den Sälen dieses Schlosses, und aus der Ferne und

       Nähe waren edle Gäste zum Feste geladen. Mit dem

       Anbruche der Nacht begann der Tanz, und die Jünglinge

       und Jungfrauen ergötzten sich in der festlichen

       Lust; Musik und freudiger Jubel tönte den Berg hinab

       weit in die Ebene hin. Da um Mitternacht traten