K.P. Hand

Willenbrecher


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Neumann, einem widerlichen kleinkriminellen, der gerne der Handlanger des Kopfes dieser neuen Organisation wäre.

      Nun, soweit war er noch nicht, aber er durfte sich mittlerweile wenigstens zum unteren Fußvolk zählen.

      Das Schlimme an der Sache war nicht einmal, vorzugeben, jemand zu sein, den man eigentlich verabscheuen würde, schlimmer war es, keinerlei Kontakt zu Kollegen haben zu können, solange er noch keinen richtigen Fuß in der Tür hatte.

      Er durfte nicht riskieren, aufzufliegen. Also war Norman schon seit Wochen ganz allein. Lebte in einer Wohnung, die nicht seine war. Fuhr einen Wagen, der nicht seiner war. Trug abgetragene Sachen, die eindeutig nicht seine waren.

      Ab und an ging er joggen und lief soweit, bis er mitten in der Wildnis stand. Erst wenn er sich sicher war, das ihn niemand beobachtete, holte er ein Handy hervor und benutzte eine sichere Leitung um mit seinem Chef über Codewörter per Kurznachrichten kommunizieren zu können.

      Von seiner Partnerin Fatima und ihrem Neuzugang, dem jungen Tom, hatte er seit Wochen nichts gehört. Solange Norman diesen Undercovereinsatz hatte, war er quasi auf sich alleine gestellt.

      Aber ihm war es lieber so. Er erledigte das alleine, statt seine Kollegin in Gefahr zu bringen.

      Fatima hatte Familie. Eine Mutter und einen Vater. Kleine Geschwister und einen großen Bruder, der Norman in den Boden stampfen würde, wenn Fatima etwas zustieße.

      Und Norman hatte nur sich selbst.

      Keine Verwandten, da er Waise war. Kinder hatte er noch nie haben wollen, ebenso wenig hatte er das Bedürfnis, zu heiraten; oder eine anderweitig ernsthafte Beziehung einzugehen.

      Es wäre nicht fair einer anderen Person gegenüber, denn er lebte ausschließlich für seine Arbeit. Wenn dieser Einsatz schief lief, würden also nicht viele um Norman trauern.

      Das war auch gut so. Genauso hatte Norman es gewollt. Dennoch hoffte er, dass alles weiter nach Plan verlief. Nicht für sich, sondern für all jene, die entführt wurden.

      Normans Auftrag lautete, an so viele Informationen wie möglich zu kommen. Aber natürlich war Vorrang, herauszufinden, wer der Kopf der neuen Bande war und was mit den Entführten gemacht wurde. Wohin verschwanden sie? Lebten sie noch? Was geschieht mit ihnen? Was hatte man mit ihnen vor?

      Fragen, die nur jemand beantwortet bekommen würde, der einer von ihnen war.

      Norman rieb sich den Nacken und klappte mit der freien Hand sein Notebook zu. Er hatte stundenlang gelangweilt auf illegalen Websites herumgeschaut, weil er wusste, dass seine Geräte überwacht wurden. Er musste also so tun, als interessierte er sich für den Handel von Drogen. Denn seine Rolle war ein kleiner Drogendealer.

      Überraschenderweise waren die Kerle aber gar nicht so stark daran interessiert. Sie wollten lediglich ab und zu nicht zugelassene Beruhigungsmittel. Aber Norman hatte nie gesehen, dass auch nur einer von ihnen das Zeug nahm, das er ihnen besorgte. Ab und an sollte er etwas Speed auftreiben, aber auch das hatte bisher keiner in seiner Gegenwart konsumiert.

      Zähneknirschend überlegte er, ob sie das vielleicht auf internen Partys machten, zu denen er noch nicht eingeladen war.

      Es frustrierte ihn, das es solange dauerte und er wusste nicht, wie lange er noch illegale Substanzen auftreiben konnte. Zumal es nicht genehmigt worden war. Norman nahm einfach an, dass seine Vorgesetzten, falls sie davon erfuhren, ein Auge zudrücken würden. Immerhin nahm er es nicht selbst.

      Ja ... Norman nahm viel auf sich für diesen Einsatz. Aber er würde noch viel mehr tun, wenn auch nur die geringste Chance bestand, auch nur ein Opfer zu retten.

      Die Frage lautete, ob überhaupt noch jemand am leben war.

      2

      Was war passiert?

      Mona erinnerte sich nicht, als sie langsam aus einem traumlosen Schlaf erwachte. Dunkelheit umfing sie. Ihr Kopf tat weh. Nicht so, als wäre sie hingefallen, mehr so, als hätte sie eine viel zu große Menge Alkohol konsumiert. Aber Mona war keine Partygängerin, weshalb sie sich fragte, warum sie solche Kopfschmerzen hatte und warum sie sich an nichts erinnern konnte.

      Langsam drang immer mehr Bewusstsein in sie. Von weiter Ferne glaubte sie, Stimmen zu hören. Sie lag auf der Seite, ihr Untergrund war hart und feucht. Ihr war kalt und die Luft roch nach nassem Hund.

      Als sie versuchte, zu schlucken, spürte sie, wie ausgetrocknet ihre Kehle war und sehnte sich nach seinem Glas Wasser.

      Die Stimmen wurden lauter. Eine hörte sich erbost an; eine männliche Stimme, die aufgebracht herumschrie.

      Wo war sie?

      Mona schaffte es unter höchster Anstrengung, die Augen zu öffnen. Doch sie sah nicht viel.

      Es war dunkel dort, wo auch immer sie war. Nur weit entfernt glaubte sie, verschwommen einen Lichtstrahl in Augenhöhe zu erkennen. Was bedeutete, dass sich der Lichtstrahl am Boden befand, denn genau dort lag sie. Erschrocken fuhr sie hoch. Sofort durchfuhr ein stechender Schmerz ihre Schläfen. Aufkeuchend rieb sie sich den Kopf.

      Sie tastete sich auf allen Vieren voran, bis sie zu dem Lichtstrahl kam. Genau wie sie vermutet hatte, befand sich dort eine Tür. Es war künstliches Licht, das durch ihren Spalt in den kalten, feuchten Raum drang.

      Mona zog sich auf die Beine, dabei bemerkte sie, dass sie keine Schuhe mehr trug. Ihre Socken, Hose und Bluse waren noch da, aber Schuhe, Handtasche und Mantel waren fort.

      Was war passiert? Sie erinnerte sich nicht, egal, wie sehr sie sich anstrengte.

      War sie vielleicht mit ihrem Freund Dennis noch etwas trinken gegangen? Waren sie bei einem seiner komischen Freunde eingeschlafen?

      So musste es sein!

      Mona wollte die Tür öffnen, weil sie glaubte, sie wäre in einer Art Garage, doch die Tür war verschlossen.

      »Scheiße!«, fluchte sie leise.

      Sie hob die Hand und wollte klopfen, sie wollte auf sich aufmerksam machen, doch da hörte sie die Stimmen nun ganz deutlich hinter der Tür.

      Mona hielt inne, als sie den Mann aufgebracht brüllen hörte: »Wie kann denn so etwas passieren?«

      Sie kannte diese Stimme nicht.

      »Tut mir wirklich leid, Franklin! Ich habe das nicht gewusst! Mir wurde die Information gegeben, dass sie es ist«, antwortete eine andere, ebenfalls männliche Stimme. Sie klang jünger und enorm eingeschüchtert.

      Mona kannte keine der beiden, aber sie konnte sich auch an letzte Nacht nicht erinnern, deshalb war sie nicht beunruhigt. Sie war sich sicher, bei einem von Dennis Freunden zu sein. Es war nicht das erste Mal, das sie wegen ihrem festen Freund an ungemütlichen Orten hatte schlafen müssen. Neu war nur ihr fehlendes Gedächtnis an die letzte Nacht.

      Erneut wollte sie auf sich aufmerksam machen, doch da ging die Diskussion schon weiter.

      »Sollen wir sie zurückbringen?«, fragte die jüngere Stimme.

      »Zurück-«, die andere Stimme brach ab, so schockiert war der Mann. »Zurückbringen? Sagtest du das gerade? Zurückbringen

      Es blieb still, vielleicht zuckte der andere mit den Schultern und zog verängstig den Kopf ein.

      Langsam begriff Mona, das hier etwas gewaltig nicht stimmte.

      Ging es in dem Gespräch etwa um sie?

      »Und was willst du ihr sagen?«, fragte der verärgerte Mann. »Oh Entschuldigung, wir haben dich entführt, weil wir dich für eine andere hielten? Tut mir wirklich leid? Kommt nicht wieder vor?«

      Entführt! Mona wich vor der Tür zurück. Nein, das konnte nicht sein ... Sie schüttelte den Kopf. Das war irgendein fieser Witz ...

      »Nimm doch einfach sie, wo liegt der Unterschied? Ob die oder jene ... Völlig egal!«, schlug der jüngere Mann vor.