Ewa A.

Lord of the Lies - Ein schaurig schöner Liebesroman


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konnte auf diese Weise die junge Frau geradewegs aus den Kleidern heben. Erneut warf er sie sich über die Schulter und nahm die dunkle Decke wieder auf, um ihren hellen Leib darunter zu verbergen. Die Baroness war nun um einiges leichter als zuvor, da sie nur noch unzureichend mit Mieder und Unterhose bekleidet war. Diese Tatsache störte den Mann nicht und genauso wenig erregte sie ihn.

      Obwohl er ein Mann im besten Alter war ,vor Gesundheit sprühte und es von ihm erwartet wurde, hatte ihn der Körper einer Frau noch nie fasziniert. Die reinen, unbefleckten Kinderleiber waren es, die ihn stimulierten, wobei ihm das Geschlecht egal war. Wenn er dann noch die Angst in ihren großen Augen sehen konnte, fühlte er sich so mächtig, wie ein Gott. Deshalb betraute der Meister auch ihn mit der Aufgabe, die Jungfrauen zu beschaffen. Denn allein bei ihm konnte Samael mit Bestimmtheit davon ausgehen, dass sie noch als Jungfrauen im Tempel ankamen. Im Gegenzug konnte er darauf bauen, dass er in den folgenden Messen Gelegenheit bekam, seine sexuellen Fantasien auszuleben. Nicht alle seiner Zirkelbrüder waren von diesen Zeremonien angetan. Lediglich Voland konnte sich ab und an dafür begeistern, wenn das Kind nicht zu jung war und seinen Vorlieben entsprach. Samael dagegen vollführte die Rituale bloß aus einem Zweck: um dem Herrn der Fliegen zu huldigen. Der Herr der Fliegen, der Name war wirklich passend, wenn er an die von Maden befallenen Köpfe dachte. Mochte Samael diese als Opfergaben bezeichnen, er selbst nannte sie Trophäen.

      Just in dem Moment, als der Teufelsanbeter sich Mut zuredete, sein Ziel bald zu erreichen, hörte er eine Gruppe von Männern näherkommen. Deren lautes Gejohle und Gelächter dröhnte durch den Wald, sodass es ihm schwerfiel, die Richtung auszumachen, aus der sie auf ihn zukommen würden. Panisch sah der Schatten sich um, ob eine bewegende Lichtquelle ihm den Standort der Männer verraten würde. Doch wegen der Lichter am Wegesrand benötigten die Störenfriede keine weiteren Laternen oder Fackeln.

      Er musste die Baroness verstecken, sofort. Auf gar keinen Fall durfte er mit dem verdächtigen Ballast auf seinen Schultern gesehen werden. Später, wenn die Männer weitergezogen waren, könnte er sie wieder abholen. Sie hier im Wald abzulegen, war kein guter Plan, denn entweder könnten die Männer über sie stolpern oder er würde sie womöglich nicht mehr finden. Nein, vielleicht war am Seeufer ein verlassener Tempel oder eine Laube, was ihm als zuverlässiges Versteck dienen konnte.

      Zügig zwängte er sich durch das Unterholz zum Ufer und musste enttäuscht feststellen, dass nichts dergleichen vorzufinden war, auf was er gehofft hatte. Lediglich eine gestrandete Gondel lag am Ufer des Sees. Da kein Weg hierherführte, weit und breit niemand auf der Wiese zu sehen war, die lärmenden Männerstimmen jedoch immer näherkamen, entschied sich der Entführer, sein Opfer in der Gondel zu verstecken. Er bugsierte die Baroness in das Boot und breitete die schwarze Decke über ihr aus. Das fehlende Licht ließ sie im tiefen Bauch der Gondel mit der Dunkelheit eins werden. Niemand würde hier die junge Frau entdecken. Eilig machte sich der Teufelsanbeter davon, mit der Absicht, sein Opfer wieder abzuholen.

       *

      Bradford ging zu seinen Freunden zurück, die ihn allesamt mit einem schadenfrohen Grinsen empfingen.

      »Hattest wohl kein Glück, Brad?!«, feixte Fenton ihm entgegen.

      Edvard bot ihm ein Glas Sekt an, mit einem gutgemeinten Trost. »Würde jede zusagen, würde es seinen Reiz verlieren.«

      »Ich dachte, der Reiz läge in etwas anderem als in einem Tanz«, sinnierte Grant.

      Bradford nahm das Glas mit einem Nicken an. »Der Reiz liegt schon im Tanz, Grant, nur nicht in dem, der auf dem Parkett stattfindet.«

      Das Lachen seiner Freunde zeigte ihm, dass sie seine Anspielung verstanden hatten und seine Meinung teilten.

      »Wo ist eigentlich Lester abgeblieben?«, fragte Bradford und sah sich nach seinem engsten Freund um. »Hat er schon seine Auswahl getroffen? Wer ist es diesmal?«

      Fenton zuckte mit den Schultern. »Ich weiß nicht, wo er sich immer rumtreibt. Kaum waren wir im Zelt angelangt, war er schon wieder verschwunden.«

      »Wenn Lester der Hafer sticht, fackelt er nun mal nicht lange«, erwiderte Edvard darauf.

      Grant grunzte missmutig. »So viel Hafer gibt es gar nicht, wie es den andauernd sticht.«

      »Ach, kommt, Kameraden! Besorgen wir uns ein paar Flaschen von Shutterfields teurem Wein und suchen unseren Freund. Mit den Weibern wird es heute eh nichts mehr. Saufen wir uns den Abend lieber schön.« Mit einem Schluck leerte Bradford sein Glas.

      Vielleicht würde der Sekt ihm helfen, denn er war auf einmal schrecklich müde. Frische Luft und Bewegung würden ihm sicher besser bekommen als trübseliges Herumlungern an der Tanzfläche. Außerdem würde er sonst den ganzen Abend zu der entzückenden Baroness hinüberstarren, was er vermeiden wollte und sich bisher streng verboten hatte. Wenigstens darin war er erfolgreich gewesen. Verflucht, er sollte die Kleine aus seinem Gedächtnis verbannen. Er suchte keine Ehefrau, sondern etwas anderes. Nie würde Bradford Kenneth Lyndon heiraten, soviel stand mit Sicherheit fest.

      »Von mir aus, lasst uns gehen. Die Ballsaison hat erst angefangen. Demnach haben wir den ganzen Sommer noch Zeit, um die unschuldigen Rehlein zu erlegen.« Fenton drehte sich um und machte sich zu einem der Zeltausgänge auf.

      Edvard schüttelte den Kopf und folgte ihm. »Mein Freund, ich befürchte, dass du von uns der Erste sein wirst, der von einem dieser Rehe zur Strecke gebracht wird.«

      »Zum Teufel, dann hätte dieses ewige Süßholzgeraspel von dem Kerl endlich ein Ende. Ich verstehe nicht, warum die Weiber auf sein Geschwafel überhaupt hereinfallen«, brummelte Grant.

      Bradford stellte sein Glas auf einem Tisch ab und klopfte seinem Freund auf den Rücken. »Das liegt vermutlich daran, dass du kein Weibsbild bist, mein Guter.«

      »Der Herrgott sei gepriesen dafür!«, meinte Grant lakonisch, woraufhin Bradford lachte.

      »Wohl wahr! Du gäbst nämlich eine schreckliche Jungfer ab und eine hässliche obendrein.«

      Gut gelaunt suchten die zwei schließlich ihre Freunde, die schon mit mehreren Flaschen Wein vor dem Zelt auf sie warteten. Sogar Lester hatte sich eingefunden, um dessen Schultern Bradford brüderlich seinen Arm legte.

      »Wie ich sehe, bist du ebenfalls erfolglos von der Jagd zurückgekehrt?«

      Lester grinste und hob ihm eine entkorkte Weinflasche vor die Nase. »Mehr oder weniger.«

      Bradford schwankte, seine Lider wurden immer schwerer und trotzig griff er nach der Flasche, um sich einen kräftigen Schluck zu genehmigen. Wenn ihm das nicht half, wieder munter zu werden, dann vielleicht ein Bad im See.

      Sechs leer getrunkene Flaschen später torkelten die Freunde im Dunkeln am See entlang. Bradford hing laut schnarchend über Lesters und Edvards Schulter, die ihn mit sich schleiften.

      »Verdammt, iss der schwer«, lallte Edvard und Lester keuchte.

      »Ich kann nich mehr!«

      Daraufhin ließ er Bradfords Arm los, der sofort in sich zusammensackte und den betrunkenen Edvard fast mit umriss. Diesem blieb nichts anderes übrig, als seinen Freund ebenso freizugeben. Mit einem dumpfen Laut landete Bradford im Gras und stieß einen lautstarken Schnarcher aus.

      Grant taumelte zu seinem schlafenden Freund und beugte sich über ihn. »Vielllleicht … iss er leii-leichter, wenn wir …«, ein Hicksen unterbrach ihn, »… wennnn wir ihn auuus… aussiehen.«

      Fenton grölte: »Guter Einfall, Granty. Machen wir den Duke nackig!«

      Kichernd machten sich die vier Freunde daran, Bradford zu entkleiden. Mit vielen »Hui« und »Was ’n das?« flogen die Klamotten durch die Gegend und nach kurzer Zeit lag ein nackter Duke Lyndon auf der Wiese.

      »Soll’n wir ihn hier lasssen?«, rief Edvard mit hoher Stimme und schwankte bedenklich.

      Lester legte sich einen Finger auf den Mund und nuschelte: »Pssst! Nich sooo laut, sons wecken wir ihn nnnoch.«

      »Hey, guckt mal! Da is ’n Boot«, zischte Grant und