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An diesem Wochenende verging nicht eine Sekunde, in der wir den anderen nicht berührt oder geküsst haben.
Jayden ist nicht so, wie er von Reportern und meinem Vater hingestellt wird. Ich bin mir aber darüber bewusst, dass ich ihn noch nicht lange genug kenne, um das mit Gewissheit sagen zu können. Jetzt will ich mich aber auch nicht damit beschäftigen.
„Du sollst doch arbeiten und nicht an dein Handy gehen.“ Jayden klingt amüsiert, als er mich eine Stunde später anruft.
„Und hast du keinen Termin?“
„Ehrlich gesagt komme ich gerade von einem Geschäftstermin mit meinem Vater und ein paar Leuten von einer seiner Stiftungen. Er hat mich sogar gefragt, wieso ich denn so nervös bin und alle paar Sekunden auf mein Handy schaue.“
Meine Finger verharren über der Tastatur und ich bekomme große Augen.
„Und was hast du geantwortet?“, frage ich vorsichtig nach, da ich mir nicht sicher bin, ob ich die Antwort darauf wissen will.
„Ich habe ihm gesagt, dass ich das Wochenende mit einer wunderschönen Frau verbracht habe, die ich unbedingt wiedersehen möchte.“
Er hat seinem Vater gesagt, dass er …?
„Und was hat er gesagt?“, flüstere ich, als ich meine Sprache nach einigen Sekunden wieder gefunden habe.
„Er hat sich gefreut. Allerdings musste ich ihm versprechen, meine Mom heute Abend anzurufen und es auch ihr zu sagen, dass ich eine feste Freundin habe.“
Ich weiß nicht viel über Elisabeth Drake. Eigentlich nur, dass sie und Alexander schon seit fast 30 Jahren verheiratet sind. Außerdem sitzt sie im Vorstand der Kunststiftung ihres Mannes.
Ich kann mich gerade aber auch nicht damit beschäftigen. Noch bin ich nämlich noch immer damit beschäftigt zu verarbeiten, dass er mich anscheinend als seine feste Freundin bezeichnet.
„Wie lange musst du noch arbeiten?“ Mein Körper, vor allem ein ganz gewisser Teil, reagiert sofort auf den verführerischen Unterton in seiner Stimme.
„Bis fünf.“ Meine Arbeit habe ich immer gerne gemacht. Sie war ein Ort, an in ich mich flüchten konnte. Ich habe in den letzten Jahren sogar immer wieder freiwillig unzählige Überstunden gemacht. Aber heute bin ich froh, dass ich das Büro pünktlich verlassen kann.
„Soll ich dich abholen? Wir könnten etwas unternehmen.“ Mein Mund wird ganz trocken und mein Unterleib zieht sich bei seiner Frage zusammen.
„Was schwebt dir denn so vor?“
„Vielleicht eine Kleinigkeit essen gehen. Oder wir könnten spazieren gehen, wie du möchtest.“ Vor meinem inneren Auge sehe ich, wie er mit den Schultern zuckt´.
„Essen hört sich gut an. Ich habe seit heute Morgen nichts mehr gehabt.“
„Dann hole ich dich in einer Stunde ab. Ich freue mich schon, Kaylee.“
Seine Stimme ist tief und verführerisch, als er meinen Namen sagt, sodass ich nur ein „Bis später“ herausbringe. Schnell lege ich auf, bevor er noch etwas erwidern kann.
Die nächste halbe Stunde vergeht wie im Flug. Ich konzentriere mich auf die Arbeit, damit ich nicht immerzu an Jayden denken muss. Oder besser gesagt ich versuche es.
„Wir sehen uns doch gleich“, erkläre ich lachend, als mein Handy klingelt und ich annehme, ohne vorher auf das Display zu schauen.
„Wen siehst du gleich?“ Die schrille Stimme von Lynn ertönt aus dem Lautsprecher. Sofort reiße ich die Augen auf und kontrolliere den Namen auf dem Display.
Es ist wirklich meine Schwester.
Was will die denn?
„Kennst du nicht.“
„Schade.“ Ich kann an ihrer Tonlage erkennen, dass sie wieder einen Schmollmund zieht. Das hat sie früher schon immer gemacht, um meine Geheimnisse zu erfahren. Aber ich habe irgendwann gelernt, damit umzugehen.
„Gibt es einen besonderen Grund für deinen Anruf?“, versuche ich das Thema zu wechseln.
„Irgendwann wirst du es mir schon sagen müssen. Um ehrlich zu sein, es gibt einen bestimmten Grund“, fährt Lynn schließlich fort. „Mom hat dich gestern beim Essen vermisst.“
Wie so oft versucht sie, mir ein schlechtes Gewissen zu machen. Allerdings klappt das nicht, denn mein Tag mit Jayden war viel zu schön, um auch nur einen Gedanken daran zu verschwenden, ihn mir versauen zu lassen.
„Sorry, ich war unterwegs“, gebe ich knapp zurück.
„John war auch da. Und er war sehr enttäuscht, dass du dich in hast blicken lassen.“ In dem Fall war es die richtige Entscheidung, nicht hinzugehen.
John ist noch immer in mich verliebt und meine Familie, allen voran meine Mutter, unternehmen jeden Versuch, damit wir wieder ein Paar werden. Aber auch mein Vater lässt gerne Kommentare in dieser Richtung fallen.
Genervt verdrehe ich die Augen und überlege mir, was ich darauf sagen soll, als Lynn auch schon weiterredet. „Dad und John hatten sich extra wegen des Essens zwei Stunden Zeit genommen. Du weißt ja, sie arbeiten immer noch an dem Fall Drake.“
Gut, dass ich schon sitze. Sonst wäre ich jetzt wahrscheinlich umgekippt. Mein Vater kann es nicht einfach sein lassen.
„Wie lange will er das denn noch machen? Langsam wird das doch langweilig.“ Ich versuche, ruhig zu klingen, während mein Innerstes aufgewühlt bleibt. Mein Magen fühlt sich plötzlich an, als würden sich Ziegelsteine darin befinden.
„Solange, bis er die Männer endlich verhaftet hat. Er hat in den letzten Tagen weitere Beweise gesammelt.“
„Was denn für Beweise?“ Mein Herz schlägt so stark, dass es mir fast aus der Brust springt.
„Seit wann interessierst du dich denn dafür?“ Die Stimme meiner kleinen Schwester klingt skeptisch und sofort bereue ich es, dass ich nachgefragt habe. Aber ich muss es wissen.
„Wenn es mir egal ist, ist es falsch und wenn ich mich interessiere, ist es auch falsch. Könnt ihr euch mal entscheiden?“
„Du hast recht. Ich bin es nur nicht gewohnt, dass du mal Fragen stellst. Es ist wohl irgendeine CD mit Unterlagen aus der Buchhaltung darauf. Aber es sind so viele Informationen, dass sie Zeit brauchen werden, um sie auszuwerten. ´Jayden Enterprises´ ist schließlich groß.“ Sie sagt das mit einer solchen Gleichgültigkeit in der Stimme, dass ich mich frage, ob sie jemals überlegt hat, ob die Vorwürfe wirklich stimmen.
Mich überkommt das Bedürfnis, Jayden zu warnen.
Eine Woche, Kaylee. Du kennst Jayden jetzt erst seit einer Woche. Genau darauf könnte er es angelegt haben. Also renne nicht los und erzähle es ihm, sondern warte erstmal ab. Dann kannst du immer noch entscheiden, ob du es ihm sagst oder nicht.
Ich weiß, dass mein Kopf recht hat, trotzdem möchte ich es ihm sagen.
„Wenn das so ist, wird Dad ja vielleicht bald mal ein anderes Gesprächsthema haben“, gebe ich mit der gleichen Gleichgültigkeit zurück, wie meine Schwester zuvor.
„Nur, weil sie bald im Gefängnis sitzen werden, heißt das nicht, dass schon alles erledigt und abgeschlossen ist. Es kommt ja noch das Gerichtsverfahren.“
Bei den Worten Gefängnis und Gerichtsverfahren würde ich am liebsten kotzen. Leise seufzend lasse ich meine Stirn auf die Tischplatte fallen und atme mehrmals tief durch. „Ich lache mich schlapp, wenn herauskommt, dass dort niemand etwas zu verstecken hat. Das würde bedeuten, dass die letzten Jahre umsonst waren und er sich entschuldigen muss.“
„Sei nicht albern. Er hat einen Insider in der Firma, der ihm schon so manche Info besorgen konnte.“
Es dauert eine Weile, aber irgendwann