J.D. David

Mondschein


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so wunderschön. Der Herzog von Fendron hatte offensichtlich keine Kosten gescheut, diese Gärten anzulegen. Geron hatte dem Anschein nach jedoch keine Augen für die Schönheit der Grünanlagen. Er marschierte stramm die Straße entlang zum nächsten Tor. Als sie noch einige Schritte entfernt waren, öffnete sich auch das Tor des inneren Mauerringes.

      Im Innenhof des Palastes war ein Spalier aus Gerüsteten gebildet. Je acht Mann mit Wappenröcken des Herzogtums Fendron waren auf jeder Seite, am Ende des Spaliers stand ein ziemlich großer Mann. Er trug eine glänzende Brustplatte über edlen, dunkelblauen Gewändern. An der Seite hatte er ein Schwert, was jedoch nicht so außerordentlich verziert war, wie Gerons. Seine Haare und sein Bart waren beide auf kurze Stoppeln gestutzt, und dennoch erkannte man die blonde Farbe. Seine Augen waren bläulich, und strahlten dieselbe Stärke aus wie sein muskulöser Leib. Neben ihm standen zwei Bannerträger, hinter ihm ein Dritter. Die beiden Banner links und rechts des Mannes zeigten die Wappen Fendrons und Dämmertans, hinter dem Mann war das Banner Valoriens zu sehen. Geron trat durch das Tor und ging auf den Mann zu, der den drei Gästen entgegen kam.

      „Ich grüße Euch, Herr von Dämmertan. Ich darf Euch im Namen meines Vaters, Herzog Richard, im Palast zu Tjemin willkommen heißen. Ich hoffe, dass Eure Reise ohne Schwierigkeiten verlief und dass Ihr Euren Aufenthalt in Tjemin genießen könnt.“, begrüßte der Sohn des Herzogs die Gäste.

      „Vielen Dank, Berlan“, Geron schüttelte Berlan, den er schon länger kannte, die Hand. „Unsere Reise war durchaus angenehm. Ich darf dir meinen Knappen vorstellen, König Priovan I.. ich glaube Ihr habt euch noch nicht kennengelernt. Außerdem habe ich eine neue Begleiterin auf meinen Reisen, das Mädchen hörte auf den Namen Eleonora.“

      „Es ist mir eine Freude Euch kennen zu lernen, Herr Berlan.“, verneigte sich Priovan leicht vor dem Sohn des Herzogs, dieser entgegnete die Begrüßung mit einer Verbeugung. „Die Freude ist ganz meinerseits, königliche Hoheit.“ Dies missfiel Geron ganz offensichtlich, immerhin war Priovan im Moment nicht König, sondern sein Knappe, aber er ließ ihn gewähren. Auch Lora verbeugte sich zu Begrüßung, blieb aber ruhig, da sie nicht wirklich wusste, ob oder was sie sagen sollte.

      „Wie ist denn der weitere Verlauf des Nachmittags geplant?“, fragte Geron Berlan und lenkte so die Aufmerksamkeit wieder auf sich.

      „Nun, Wohlgeboren, wie Ihr in Eurem Brief angekündigt habt, wird es heute noch eine königliche Audienz geben. Ihr werdet nun zuerst in eure Gemächer geführt und könnt euch kurz ausruhen. Danach wird euch mein Vater empfangen, im Anschluss wird der König zur Audienz laden und diese wird heute Abend in ein Festmahl mit anschließendem kleinen Ball übergehen.“

      „Vielen Dank, das hört sich sehr gut an. Dann würden wir jetzt gerne zu unseren Gemächern geführt werden, wir werden alle drei ein Quartier teilen, wenn es recht ist.“, antwortete Geron.

      „Ich werde alles in die Wege leiten, folgt mir bitte!“, führte Berlan die Gäste in den Palast. Von einer großen Eingangshalle gingen links und rechts je zwei Türen weg und frontal war eine größere Tür, die offensichtlich zu einem größeren Saal führte. Berlan führte sie zu der ersten rechten Tür, hinter der eine Wendeltreppe nach oben führte. Im zweiten Stock ging er einen Gang entlang und blieb an einer Tür stehen auf die er zeigte.

      „Bitte, ihr habt das große Gästezimmer an der Südecke des Palastes, von hier habt ihr einen schönen Blick auf Tjemin und die davor liegenden Felder und Gehöfte. Solltet ihr noch irgendwelche Wünsche haben, dann wird vor der Tür stets ein Diener bereit stehen. Entschuldigt mich nun bitte.“ Berlan verließ die Gruppe in die gleiche Richtung, aus der sie gekommen waren, der besagte Diener blieb an der Tür stehen.

      Das Zimmer war sehr groß und geräumig. Es umgab die gesamte Südecke des Palastes. Neben einem großen Himmelbett standen zwei kleinere, einfachere Betten an der Wand. Zudem gab es verschiedene andere Möbel, zwei Schränke, ein Rüstungsständer und weitere Tische, Stühle und Sessel. Das Zimmer machte wirklich deutlich, dass der Herzog von Fendron ein reicher Mann war. Das Gepäck von Geron und seinem Knappen wurde von Dienern gerade ins Zimmer gebracht. Es war nicht allzu viel, aber einige Dinge brauchten die beiden eben schon.

      „Gut, ich werde noch ein Bad nehmen, bevor wir beim Herzog vorsprechen werden. Priovan, Lora, ihr werdet hier schon einmal das Gepäck ausräumen. Und Priovan, du wirst Lora die wichtigsten Benimmregeln für heute Abend beibringen. Dann Diener, wo kann ich mich Baden?“, fragte Geron den Diener laut, sodass er ihn hören konnte.

      „Folgt mir bitte, Wohlgeboren, ich werde Euch den Weg weisen.“, antwortete dieser und ging voran.

      Nachdem die Tür hinter Geron zuschlug, ließ sich Finn erstmal auf ein Bett sinken und atmete tief durch. Endlich konnte er sich kurz ausruhen und musste nicht immer starr hinter seinem Herrn herlaufen. Der Abend würde noch mal anstrengend werden, aber da würde er wohl auch viel sitzen können, zumindest hoffte er das. Lora ließ sich neben Finn nieder und schaute ihn lächelnd an. Sie hatten das erste Mal seit ihrer Flucht Zeit, zu zweit miteinander zu reden.

      „König von Valorien also? Und nicht Finn, das hat mich wirklich überrascht. Na dann lass mal hören, du sollst mir ein paar Benimmregeln beibringen. Ich bin ganz Ohr.“ Lora lehnte sich, auf dem Bett sitzend, an die Wand dahinter und schaute Finn erwartungsvoll mit einem leicht verschmitzten Lächeln an.

      „Ja, klar, Hofprotokolle gehören auch zu meinen absoluten Lieblingsthemen“, antwortete Finn mit einem deutlich ironischen Unterton. „Aber nun gut, ich werde dir mal die grundlegenden Dinge erklären, dass du zumindest durch diesen Abend durchkommst. Du kannst froh sein, dass wir hier in Fendron und nicht in Tandor sind, dort ist die ganze Sache noch ein Stück schärfer, das sagt zumindest immer mein Herr. Ich bin ja heute das erste Mal am Hof in Fendron. Also“, wollte Finn gerade anfangen, als er doch noch mal eine Pause einlegte und zu Lora schaute.

      „Ich finde es übrigens echt gut, dass du jetzt mit uns reist. Das wird mein Leben bestimmt ein bisschen aufhellen. Ich meine, Geron, also der Herr von Dämmertan, ist echt in Ordnung. Er ist fair, offen, fürsorglich und bringt mir wirklich viel bei. Aber dennoch ist er einfach niemand, den man als angenehme Gesellschaft bezeichnen würde. Ich denke, wir beide werden uns da ein bisschen Ausgleich schaffen, oder?“

      Lora lächelte zurück. „Ja, mal schauen, wie es wird. Ich muss sagen, ich kann es eigentlich noch gar nicht so recht begreifen, was ich mir hier gewünscht habe. Ich meine, ich bin ein einfaches Mädchen, das bisher auf der Straße gelebt hat, und jetzt reise ich mit dem König und einem Ritter Valoriens. Das ist irgendwie schon, na ja, seltsam. Aber ich glaube immer noch, die richtige Entscheidung getroffen zu haben. Zumindest bin ich aus diesem Dreckloch heraus und ich denke auch, dass ich auf den Reisen viel Spaß haben werde. Und das wichtigste ist, ich werde hoffentlich immer etwas zu essen haben und eine Perspektive, das ist alles besser als das Bettlerleben in den Straßen von Tjemin.“

      Finn nickte nachdenklich. Lora schien wirklich schon viel durchgemacht zu haben. Vielleicht half ihm die Reise sogar, die einfache Bevölkerung besser zu verstehen. Er nahm sich zumindest fest vor, Lora aufmerksam zuzuhören. Vielleicht brachte ihm dieses kleine Mädchen etwas bei, um ein besserer König zu werden.

      „Ja, also, wir waren bei Benimmregeln“, lenkte Finn wieder auf das ursprüngliche Thema. „Dann will ich dir mal die Grundlagen beibringen. Immerhin sollst du ja heute neben dem Herrn von Dämmertan einigermaßen ordentlich aussehen.

      Ich werde erstmal mit einigen grundlegenden Regeln anfangen, die dir erlauben, durch den Abend zu kommen. Wie du dir fast denken kannst, solltest du dich einfach möglichst zurückhaltend verhalten. Spreche nicht, wenn du nicht angesprochen wirst, setzte dich erst, wenn du dazu aufgefordert wirst. Wenn der Herzog, mein Herr oder ich, wenn ich gerade als König wahrgenommen werde, vom Tisch aufsteht, dann musst du auch aufstehen. Schau einfach so oft wie möglich zu unserem Herrn und mach einfach alles so, wie er es macht, dann kannst du schon mal nichts ganz grob falsch machen. Soweit alles klar?“, fragte Finn Lora, die nur aufmerksam nickte. Natürlich war es recht viel, aber Lora glaubte ganz ordentlich mitzukommen. Und sie war sich auch recht sicher, dass sie einen ganz guten Menschenverstand hatte, und in den Straßen hatte sie gelernt, sich an verschiedene Situationen anzupassen. Obwohl