J.D. David

Mondschein


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gut. Also, dann ein paar Worte zu Anreden und Titeln. Das ist wohl eine der schwierigsten Sachen, die es im Rahmen des Hofprotokolls gibt. Pass gut auf, aber wenn du dir nicht alles merken kannst, ist das auch nicht schlimm. Eine kleine Frage am Rande, kannst du lesen und schreiben?“

      „Nein, natürlich nicht, wo hätte ich es auch lernen sollen.“

      „Nicht so schlimm, dann wirst du das bestimmt auch noch lernen, wenn das der Herr von Dämmertan für wichtig hält. Ist gar nicht so schwer, ich bin mir sicher, dass du das schnell lernst. Also, Titel und Anreden, weißt du noch, was für Titel unser Herr trägt?“, fragte Finn Lora, die kurz nachdachte. Sie hatte den gesamten Namen ihres neuen Herrn mehrere Male gehört, und glaubte sich auch, komplett daran zu erinnern.

      „Geron von Dämmertan, Freiherr und Ritter?“, antwortete sie leicht skeptisch.

      „Fast, der richtige Name lautet Geron von Dämmertan, Freiherr von Dämmertan und Ritter Valoriens, seine Anrede als Freiherr und Ritter lautet „Wohlgeboren“. Freiherren besitzen Ländereien, über die sie herrschen und von denen sie auch Steuern erheben können. Jedoch ist der Freiherrentitel nicht erblich, wobei oft den Söhnen von Freiherren dieser Titel erneut verliehen wird. Im Range gleich zu den Freiherren jedoch mit einem erblichen Titel stehen Grafen, davon gibt es nur noch sehr wenige in Valorien. Über den Grafen stehen die drei Herzöge von Fendron, Tandor und Rethas, darüber nur noch der König. Soweit alles verstanden?“

      Lora nickte. Sie hatte den Ausführungen so gut wie möglich zugehört, aber sie merkte schon jetzt, dass das alles ziemlich komplex war. Auch wenn sie ein gutes Gedächtnis hatte, war sie sicher, dass sie diese Sachen nicht zum letzten Mal lernen würde.

      „Gut, dann die wichtigsten Anreden von oben nach unten. Der König wird normalerweise mit „königlicher Majestät“ angeredet, aber wie du vielleicht vorhin bemerkt hast, wurde ich mit „königlicher Hoheit“ angesprochen. Diese Anrede gilt der Königin oder einem nicht gekrönten König. Der König in Valorien wird erst mit siebzehn Jahren gekrönt. Die Herzöge darunter, werden mit „Euer Gnaden“ angesprochen, die Grafen mit „Hochwohlgeboren“ und die Freiherrn, wie bereits gesagt. „Wohlgeboren“. Versuch dir möglichst gut alles zu merken, wenn du aber heute Abend nicht alles kannst, ist es nicht so schlimm. Wenn du nicht genau weist, wie du jemand titulieren musst, rede ihn oder sie einfach mit „Hoher Herr“ oder „Hohe Dame“ an, damit machst du schon mal nichts grundlegend falsch. Ach übrigens, für die einzelnen Söhne der Adeligen gibt es auch noch mal spezielle Anreden, aber das ist jetzt wirklich zu viel. Glaubst du, dass du bis hierhin alles beherrschst?“

      Lora fühlte sich, als würde ihr Kopf rauchen. Das war wirklich viel Information in sehr wenig Zeit gewesen. Und das musste sie jetzt erstmal verdauen.

      „Ich glaube, dass ich mit diesem Wissen schon ganz gut durch den Abend kommen werde, vielen Dank. Und der Gastgeber heute Abend ist Herzog Richard von Fendron, ich meine, Ihre Gnaden Herzog Richard von Fendron, richtig?“, fragte Lora ihren neuen Lehrer.

      „Ja, genau richtig. Gut, ich werde schon mal die Kisten ein bisschen ausräumen, hilfst du mir?“ Lora nickte und stand auf. „Na klar, wenn ich mit dir reise, können wir uns auch die Arbeit teilen.“

      Gemeinsam räumten sie die paar Kisten aus. Es war wirklich nicht viel, was die Beiden als Reisegepäck hatten, immerhin waren sie gemeinsam auf einer langen Reise. Als sie gerade ein paar Sachen von Geron herausholte und darauf sein Wappen sah, fiel ihr noch eine Frage ein.

      „Ach, Finn, eine Frage hätte ich dann doch noch mal. Wie ist das eigentlich mit den Rittern in Valorien? Haben sie auch eine besondere Anrede? Und wie viele Ritter gibt es?“ Finn schaute auf. Er hatte gerade seinen guten Satz Kleidung ausgepackt, den er heute Abend anziehen musste. „Eine sehr gute Frage, Lora. Ja, die Ritter sind wirklich wichtige Personen Valoriens. Es gibt zu jeder Zeit maximal zehn Ritter in Valorien, da uns aus dem alten Reich nur zehn Ritterschwerter vermacht sind. Jedes der zehn Schwerter hat einen Namen. Die Ritter tragen diese besonderen Schwerter zum Zeichen ihres Standes und zum Schutz des Reiches Valorien. Im Moment gibt es aber nur sechs Ritter. Vier Ritter sind im letzten Krieg gegen Kargat gefallen, ein Weiterer im Krieg gegen die Urben. Neue Ritter werden nur von einem gekrönten König geschlagen, deswegen wurden noch keine neuen Ritter ernannt, außer dem neuen Herzog von Tandor. Jedem Herzog steht immer je ein Schwert und somit eine Ritterwürde zu, sie können auch von einem nicht gekrönten König zum Ritter geschlagen werden. Neben den drei Herzögen und unserem Herrn Geron von Dämmertan sind die andern beiden Ritter der Herr Arthur von Freital, ein Ritter aus dem Herzogtum Rethas, und der Herr Heinrich von Goldheim, dieser ist im Moment Reichsverweser und regiert das Königreich bis zu meiner Krönung. Die Anrede eines Ritters ist keine Besondere, sondern richtet sich immer nach dessen Titel. Wenn er weder Freiherr, Graf oder Herzog ist wird er einfach mit „Ritter“ tituliert. Ich denke, das sind die wichtigsten Sachen, die du erstmal wissen musst.“

      „Gut, das kann ich mir merken. Muss ich auch irgendwelche Wappen wissen?“, fragte sie dann noch Finn.

      „Nein, meines und das von Valorien solltest du erkennen, weitere sind aber eigentlich nicht nötig.“, hörte sie die Stimme von Geron, als dieser gerade wieder ins Zimmer kam. Sofort sprangen Lora und Finn auf und standen ordentlich gerade vor ihrem Herrn.

      „Die werde ich erkennen, Wohlgeboren.“, sagte Lora, stolz darüber, die korrekte Anrede ihres Herrn zu kennen. Dieser lächelte freundlich.

      „Sehr gut, Eleonora, nur musst du mich wenn wir nur zu dritt sind nicht beim Titel nennen. Dann kannst du mich ohne Probleme Geron nennen. Macht euch jetzt fertig, Priovan, du bleibst als Knappe gekleidet. Uns wird jetzt erstmal der Herzog empfangen, also hauptsächlich wird er mich empfangen. Erst danach wird es eine königliche Audienz geben, in der du dann als König auftrittst. Eleonora, solange Priovan als Knappe wahrgenommen wird, wirst du dich neben ihm halten, wenn er dann König ist, wirst du dich hinter mir halten. Priovan, du nimmst dein Schwert mit, das solltest du als Knappe tragen. Jetzt müssen wir los.“ Geron wartete noch kurz, bis sich Finn sein Schwert umgeschnallt hatte und dann gingen die drei nach unten.

      Der Kleinere der beiden Audienzsäle war prachtvoll geschmückt. An den Wänden hingen die verschiedenen Wappen, die es im Herzogtum Fendron gab. Über dem großen Thron, der am Kopf einer langen Tafel stand, war das Wappen des Herzogs zu sehen, daneben prangten die Wappen von Dämmertan und Valorien. Neben dem Herzog saßen seine beiden Söhne, Berlan und Ludwig, neben letzterem saß eine junge Dame, die wohl kurz vor der Erreichung des zwanzigsten Lebensjahres stand. Sie trug ein hellblaues Kleid, das ausgezeichnet mit ihren glatten hellblonden Haaren und grünen Augen harmonierte. Ansonsten war sie zierlich, aber durchaus als sehr schön zu bezeichnen. Herzog Richard selbst war mittlerweile ein alter Mann. Schon bei der Schlacht am Eisentor war er in die Jahre gekommen, seitdem waren fast zehn Jahre vergangen. Seine Haare waren komplett grau, ebenso wie sein Kinnbart. Falten zeichneten sein Gesicht, trotzdem waren seine blauen Augen klar und durchstechend, wie die eines jungen Mannes. Als der Herr von Dämmertan von einem Diener geführt den Saal betrat, stand Richard auf. Er nahm einen Stock, der an seinen Thron angelehnt war. Die anderen Personen erhoben sich ebenso. Berlan stütze seinen Vater am rechten Arm, in der linken Hand hielt er seinen Stock, und der Herzog ging mit einem herzlichen Lächeln auf Geron zu. Jetzt erkannte man das Schwert an der Seite des Herzogs. Es erinnerte an Gerons Schwert, und dennoch sah es völlig anders aus. Die Scheide war aus Gold oder zumindest vergoldet und hatte tiefblaue Saphire eingearbeitet, auch im Knauf war wie bei Gerons Schwert ein solcher Stein. Richard reichte Geron die Hand zum Gruß.

      „Ich grüße dich, alter Freund, und ich bin wirklich froh dich mal wieder bei mir zu Hause willkommen heißen zu können. Mein Sohn Berlan berichtete mir bereits, dass deine Reise gut war. Ich hoffe auch sonst, dass dir hier in Tjemin alle Annehmlichkeiten zu Gute kommen, die du dir wünschst.“

      „Vielen Dank, Euer Gnaden. Auch ich bin froh wieder in Fendron zu sein. Darf ich Euch meinen Knappen vorstellen, Priovan, und eine weitere Gefolgsfrau, ihr Name ist Eleonora.“

      Richard nickte den beiden Kindern begrüßend zu. „Es freut mich, eure Bekanntschaft zu machen. Meine Söhne Berlan und Ludwig sind dir ja bekannt. Forgat