J.D. David

Sternenglanz


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auszusprechen. Als er den Becher vom Mund absetzte war sein Blick härter. Kalt schaute er Wanfried an. „Oder darauf, dass ihr mir erzählt, wieso ihr wirklich so viele Männer durch mein Land führen wollt?“

      Wanfried nickte dem Gastgeber zu und trank einen Schluck des Weines. Er schmeckte süßlich und gut. Erst dann antwortete er. „Das Kaiserreich der Sonne.“

      „Nun kommen wir also zum Kern der Sache.“, sagte Laurenz und stellte den Becher wieder ab. „Kargat ist gefallen, nicht wahr? An meiner Grenze sehe ich noch öfter Soldaten mit den Farben des Reiches, aber aus dem Westteil des Landes hört man vom Wechsel der Macht.“

      Wanfried nickte. „Kargat fiel vor fast zwei Jahren an das Kaiserreich. Härengar, die mächtige Hauptstadt des Königs, wurde überrannt. Im Osten, um Hoheneck, verblieben einige königstreue Rebellen. Aber das Königshaus ist ausgelöscht. Aus alten Zeiten hat die Krone Valoriens ein Anrecht auf den Thron Kargats. Wir haben die Armee des Kaisers aus Valorien zurückgeworfen, seine dunklen Mächte besiegt. Nun werden wir im Namen von Königin Luna auch Kargat befreien.“

      „Und dafür sucht ihr freies Geleit durch die Peltamark, um einen Angriff aus mehreren Himmelsrichtungen einzuleiten.“, schlussfolgerte Arnold und schaute dann zu Lauren und Karel. „Ein guter Plan. Wenn ich genügend Männer hätte, wäre ich ähnlich vorgegangen. Besonders, mit so vielen Reitern.“

      „Und Narthas, du dienst der valorischen Krone?“, fragte Laurenz verwundert. „Ich dachte ihr Urben wäret freie Männer in euren Steppen.“

      „Die Schuld meines Vaters band mich an einen Mann in Valorien. Die Ehre gebot es mir, meine Klinge in seinem Namen zu führen.“, antwortete Narthas.

      „Dein Vater war…?“, fragte Karel, doch wurde schnell von Lokran unterbrochen, dem Sohn Narthas.

      „Ikran Khan, der große Khan der Urben, Herrscher der Steppe.“ Man erkannte, wie die Miene des alten Mannes versteinerte. Der Name schien auch nach so langer Zeit in den anliegenden Ländern der urbischen Steppe noch nachzuklingen. Statt aber den Urben zu antworten sprach er wieder in peltischer Sprache auf Laurenz ein, der aber nach einigen Worten den Kanzler mit einer Handbewegung zum Schweigen brachte.

      „Gut, Ritter Wanfried. Beantworte mir dies: Wieso sollte ich den Zorn des Kaisers riskieren, indem ich Euch und Euren Männern freies Geleit durch die Peltamark gewähre?“, fragte er dann den rethanischen Ritter. Dieser schüttelte den Kopf und schnaubte vor Verbitterung.

      „Euer Gnaden, wenn Ihr diese Frage stellt, kennt Ihr das Kaiserreich nicht oder habt es nicht verstanden.“, sagte er und blickte dann auf, Laurenz direkt in die Augen. „Der Kaiser richtet seinen Zorn nicht auf einzelne Länder. Der Blick des Kaisers liegt auf jedem freien Land dieser Welt. Der kaiserliche Frieden, wie seine Soldaten es nennen, soll in jedes Land getragen werden. Doch dies geschieht mit Eisen und Feuer, mit dunklen Mächten aus ältesten Tagen, denen sich kein Mensch entgegenstellen kann.“, fuhr er fort. Er atmete kurz durch. „Wenn wir den Kampf gegen das Kaiserreich nicht gewinnen, Euer Gnaden, so bin ich mir sicher, dass Ihr der letzte Erzherzog in der Geschichte der Peltamark sein werdet.“

      Laurenz lauschte interessiert, zeigte aber außer einem leichten, verständnisvollen Nicken keine Reaktion. Er lehnte sich zurück und schien zu überlegen. Dann wandte er sich an Arnold.

      „Was meinst du, Seneschall?“, fragte er absichtlich in der gemeinen Sprache, die auch Narthas und Wanfried verstehen konnten.

      „Ich habe das Heer des Urben gesehen.“, antwortete Arnold erst ausweichend. „Es ist furchterregend, aber wir könnten sie aufhalten. Allerdings habe ich auch Geschichten über die Armeen des Kaisers gehört. Sie würden die Peltamark zerquetschen.“

      Laurenz nickte und wandte sich dann an Karel. „Was meinst du, Karel?“

      „Dein Vater war stets in erster Schlachtlinie gegen die Urben.“, begann der alte Mann zu sprechen. „Aber es scheint, dass sich die Zeiten fürwahr wandeln, wenn die Reiter der Steppe bereits unter königlichen Bannern reiten.“ Dann wandte er sich etwas ab und blicke zu einem Wappen der Peltamark, das an der Wand hing. „Wir sind ein kleines Land voller tapferer Leute. Ich würde gerne mehr erfahren, über das Kaiserreich und seine Kräfte, bevor ich eine solche Entscheidung treffe. Allerdings habe ich schon genug, gehört, um die Aussagen des Ritters nicht als falsch abzutun. Außerdem scheinen wir nicht viel Zeit für die Entscheidung zu haben. Wir hatten seit langem keinen Ärger mehr mit Kargat. Wieso also sollten wir einen Konflikt mit Valorien suchen?“

      Laurenz nickte den beiden Männern dankend zu. Er faltete die Hände auf der Brust, zurückgelehnt, und schien zu überlegen. Wanfried wartete in Ruhe, spürte aber, dass Narthas ungeduldig wurde. Das Verhandlungszimmer war eben nicht das natürliche Terrain des Urben. Auch der Freiherr von Tulheim fühlte sich in der Wildnis oder der Schlacht wohler, aber er verstand die Notwendigkeiten solcher Winkelzüge. Schließlich lehnte sich der Erzherzog nach vorne.

      „Also gut.“, sagte er und blickte dann zuerst zu Narthas. „Dein Volk gab uns nie Grund, euch zu vertrauen. Doch dies möchte ich heute ändern. Allerdings könntet ihr mir beweisen, dass Vertrauen gerechtfertigt ist. Das Herzogtum von Herzog Arnold liegt im Nordosten der Peltamark, direkt an der Steppe. Er wird seit einigen Monaten immer wieder von einem kleineren Stamm der Urben heimgesucht. Kümmert euch darum, dann sollt ihr ohne Harm durch die Peltamark reiten, und dabei so gut es geht versorgt werden.“, bot der Erzherzog an. Narthas wollte gerade protestieren, wurde aber von Laurenz unterbrochen. „Außerdem werde ich die Zeit nutzen, mehr über das Kaiserreich in Erfahrung zu bringen und meine Herzöge konsultieren. Wenn wir feststellen, dass das Kaiserreich, wie ihr sagtet, eine Gefahr für die Peltamark darstellt, werde ich meinen Rittern freistellen, im Namen von Adenur an eurer Seite in den Krieg zu ziehen.“

      Narthas verzog noch immer zornig das Gesicht. Er war kein dahergelaufener Söldner, den man einfach irgendwo hinschicken konnte, um ein paar Banditen zu eliminieren. Aber er spürte, dass Wanfried ihn am Arm fasste und zurückzog. Der Ritter schaute den Khan ernst an. Der Rethaner schien zu erkennen, wie viele Möglichkeiten dieses Angebot barg.

      „Wir haben genügend Zeit?“, fragte Wanfried Narthas leise. Narthas atmete etwas ruhiger und nickte dann. „Ja.“

      Dann wandte sich der Ritter an Herzog Karel. „Wie groß ist dieser Urbenstamm?“

      „Vielleicht einhundert Männer. Aber bis ich eine größere Streitmacht gesammelt haben, sind sie stets wieder geflohen.“

      Erneut blickte Wanfried zu Narthas, der schließlich nickte, und sich an Laurenz wandte. „Wir kümmern uns darum. Danach werden wir mit Freuden durch dein Land reiten. Und wenn sich eure metallbekleideten Ritter mit meinen Reitern Schritt halten können, dürfen sie gerne einen Teil des Kampfes haben. In Kargat gibt es genügend Feinde für uns alle.“

      Laurenz lächelte herzlich. „Wunderbar. Dann seid heute Abend meine Gäste und genießt die besten Speisen von Tarvestdamm.“

      Mit einem kräftigen Stich trieb Narthas seinen Säbel in die Brust des am Boden liegenden Mannes und beendete sein Leid. Er blickte in das Gesicht des jungen Urben. Eine Schande eigentlich. Aber sie hatten ihr Ende selbst gewählt. Dann blickte der Khan über das Schlachtfeld.

      Narthas hatte ihnen angeboten, sich zu ergeben, als er mit seinen Reitern den Stamm umzingelt hatte. Doch der Khan der Feinde hatte sich für einen ehrenhaften Tod entschieden. Diesen hatte ihm Narthas gerne geschenkt. Die fast dreihundert Reiter, die er von der Hauptstreitmacht abgezogen hatte, waren dafür mehr als genug gewesen. Wieder einmal hatte er bewiesen, dass die Urben unter Herzog Celan keinesfalls an Kampfkraft und –willen eingebüßt hatten. Stattdessen hatten sie die traditionelle Kampfweise der Urben mit der Stärke der tandorischen Reiterei kombiniert. Der Ausgang war schon vor der Schlacht klar gewesen.

      „Vater. Ungefähr vierzig Mann haben die Waffen niederlegt. Sie sind weitestgehend unverletzt.“, sagte Lokran, als er auf seinen Vater zuging. „Was sollen wir mit ihnen tun?“

      „Sie dürfen mit uns reiten, wenn sie das wollen. Wenn nicht, dann übergebt sie ihren Ahnen.“

      „Sehr