J.D. David

Sternenglanz


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Folgen erlebt haben. Wir leben lange. Und wir vergessen nicht.“

      Luna bemerkte den traurigen Ton der Freundin. Auf einmal hielt sie inne und drehte sich zur Elfe, schaute sie mit großen Augen an. „Du? Du warst damals in Valorien?“

      Yatane nickte. „Es ist lange her, aber ich konnte nicht vergessen. Aber mach dir keine Sorgen Luna: ich erkenne, was die Zeit mit dem Land gemacht hat. Es gibt einen Grund, wieso die Elfen dir und deinem Volk gegen das Kaiserreich zur Seite standen. Zeiten ändern sich. Ihr Menschen ändert euch. Und du, Luna, Königin der Valoren, hast ein gutes Herz.“

      „Es tut mir leid.“, sagte Luna leise und schaute zu Boden.

      „Das muss es nicht.“, sagte Yatane und deute dann auf die Lichtung. „Komm nun. Ich glaube, da will uns jemand sprechen.“, sagte sie.

      Luna schaute auf und erkannte dann auch auf der Lichtung einen Mann, der auf einem Holzstamm saß. An seiner Seite war ein Wanderstab gelehnt, ansonsten konnte sie nichts erkennen.

      „Wer ist das?“, fragte sie überrascht.

      „Das wirst du gleich sehen.“, sagte Yatane mit einem Zwinkern und ging dann mit Luna die letzten Schritte auf die Lichtung. Sie verneigte sich vor dem Elfen. „Mein Fürst: ich glaube Ihr kennt die Königin von Valorien noch nicht, obwohl sie doch so lange unser Gast in Alydan war.“

      Die Sonne stand gerade am Höchsten Punkt, als sie das Stadttor von Härengar passierten. Gerne hätte sich Yatane die große Stadt angeschaut. Sie war immer neugierig, was die Menschen über die Zeit mit ihren Städten taten, wie sie sich über die Jahrzehnte und Jahrhunderte veränderten. Aber sie war so klug, sich unscheinbar zu verhalten und schaute hauptsächlich auf den Boden, das Gesicht in einer weiten Kapuze verhüllt. An der Seite von Arthur und Luna betraten sie die Stadt mit vielen anderen Reisenden, Bauern, und Kaufleuten, die in das Zentrum der jüngsten kaiserlichen Provinz kamen.

      Der junge kargatianische Hauptmann, Adrian Kilfort, hatte sie mit seinen Männern am Morgen verlassen. Hier in der Stadt war es zu riskant für ihn, entdeckt zu werden. Außerdem waren drei Wanderer weniger auffällig als acht.

      „Dort geht es zum Hafen.“, sagte Yatane und deutete auf eine kleinere Straße, die von der Hauptstraße direkt hinter dem Tor abzweigte.

      „Gut. Dann sollten wir uns dort umschauen. Mit etwas Glück können wir die Nacht schon auf einem Schiff verbringen.“, sagte Arthur. Der Ritter wollte so kurz wie irgend möglich in der Stadt verweilen. Es waren weniger ihre Gesichter, um die er sich Sorgen machte. Hier in Härengar kannte niemand die Königin Valoriens oder einen Ritter des Reiches Valorien. Aber wenn man ihre Schwerter entdeckte, waren sie verdächtig. Wenn man dann Fragen stellte, oder gar Yatane als Elfe erkannte, würde dies wohl das Ende ihrer Reise und ihres Lebens bedeuten.

      Yatane bemerkte, wie Luna langsamer wurde, als sie losgingen. Sie ging näher zur Königin und legte ihren Arm um ihre Schulter. „Alles gut?“, fragte sie leise. Luna nickte kraftlos.

      „Es geht schon. Nur ein kurzer Moment der Schwäche.“, sagte sie offensichtlich dankbar über die zusätzliche Stütze.

      „Wir haben es bald geschafft.“, sagte Yatane aufmunternd und folgte dann dem Ritter, der schon einige Schritte vorweg gegangen waren.

      Im Hafen angekommen lotste sie Arthur zu einigen Lagerhäusern, bei denen sie recht unbemerkt Warten konnten, und dem regen Treiben im Hafen nicht im Weg standen. Trotz des Winters war einiges los. Schiffe wurden be- und entladen. Einige Händler verkauften Waren. Und überall patrouillierten kleine Gruppen kaiserlicher Soldaten oder Stadtwachen von Härengar. Es würde nicht einfach werden.

      Von ihrer Position aus versuchte sich Arthur einen besseren Überblick zu verschaffen und beobachtete die Schiffe und die Menschen im Hafen.

      „Und, schon eine Idee?“, fragte Yatane interessiert, nachdem der Ritter einige Momente beobachtet hatte.

      „Ich habe kein gutes Gefühl.“, murmelte er zurück.

      „Wieso?“, fragte Yatane, die mehr auf Luna, als auf das Treiben um sie herum achtete.

      „Die kaiserlichen Soldaten scheinen die Schiffe zu beschlagnahmen. Sieh dort hinten! Zwei Mannschaften diskutieren mit den Soldaten. Auch sonst wirken einige der Schiffe, auf denen Soldaten sind, viel zu unterschiedlich, um zu einer Flotte zu gehören.“

      Arthur hatte beileibe nichts mit Schiffen zu tun. Ein Ruderboot war in Rethas wohl das höchste der Gefühle. Selbst in Lyth Valor gab es kaum größere Schiffe. Aber er war immer ein guter Beobachter gewesen. Und er hatte den Sinn eines Jägers für die Feinheiten, auf die es ankam.

      „Ich glaube nicht, dass wir hier eine Chance haben, ein Schiff zu finden, das uns nach Valorien bringt.“, stellte er resigniert fest. Gerade wollte er nach weiteren Möglichkeiten suchen, als er spürte, wie er am Arm gepackt und in die kleine Gasse zwischen zwei Lagerhäusern gezogen wurde. Sofort griff er mit der Hand an den Schwertgriff.

      Aus dem Augenwinkel erkannte der Ritter, dass zwei weitere Gestalten auch Yatane und Luna nach hinten gezogen hatten. Nur war die Elfe deutlich schneller als er gewesen und hielt einem der vermeintlichen Angreifer bereits ihr Messer an den Hals.

      „Psst. Seid leise und steck das Ding weg.“, hörte Arthur eine Frauenstimme. Dann schaute er die Frau an, die ihn immer noch am Arm hielt. Sie war jung, vielleicht Anfang zwanzig, hatte dunkelbraune Haare, die zu zwei Zöpfen geflochten und eng an den Kopf gebunden waren, und trug einen leichten Mantel, unter dem Arthur allerdings leichte Lederrüstung vermutete. An ihrem Gürtel erkannte der Ritter einige Messer und Dolche. Doch das Gesicht kam ihm bekannt vor.

      „Ihr drei seid so offensichtlich unscheinbar, ihr ruft ja geradezu, verhaftet zu werden. Also: was wollt ihr hier?“, zischte die Frau.

      Arthur zog die Augen zu Schlitzen, nickte dann aber Yatane zu, die den Druck ihres Messers leicht löste, es aber noch in der Hand hielt.

      „Ich glaube, ich kenne dein Gesicht.“, stellte der Ritter fest.

      „Ach ja?“, sagte die Frau mit einem Grinsen. „Aus Härengar? Oder Tengemünde? Habe ich dir dein Herz gestohlen, alter Mann, oder etwas anderes?“

      „Aus Elorath.“, sagte Arthur leise. Das Gesicht seiner Gegenüber erfror. Sie schaute ihn verwundert, gar schockiert an. Als hätte man sie erwischt. Doch langsam arbeitete es in ihrem Kopf. Erst dann blickte sie von Arthur zu Yatane und schließlich zu Luna, deren Gesicht zwar auch durch eine Kapuze teilweise verdeckt war, das man aber dennoch erkennen konnte.

      „Kö…“, wollte sie schon sagen, hielt sich aber dann selbst den Mund zu. „Verdammt. Du bist ein…“, sagte sie und nickte zu Luna. Dann schaute sie wieder zu Arthur. „Dann bist du…“

      „Ja. Du kamst damals mit Berlan und Taskor zu uns, nicht wahr?“, fragte Arthur. Die Frau nickte.

      „Sinja. Kommt mit. Was auch immer euch hierher gebracht hat: Ihr solltet keine Minute länger hier draußen sein. Das Hafenviertel gehört guten Freunden von mir. Wir werden einen guten Winkel finden, um euch erstmal zu verstecken.“, sagte sie. Arthur merkte noch immer den skeptischen Blick von Yatane.

      „Ich glaube wir können ihr vertrauen.“, sagte der Ritter leise und schaute zu Luna. Die Königin nickte nur. Sie wirkte zu schwach für eine Diskussion. Also fügte sich auch Yatane, steckte das Messer zurück in die Scheide, und folgte dann den drei Gestalten tiefer in die Gasse hinein.

      Yatane saß auf einem Stuhl in einer Ecke, in die das Licht kaum hineinschien und beobachtete. Zum einen Luna, die an der Wand auf einer kleinen Pritsche lag, zugedeckt mit einigen Fellen, und sich ausruhen konnte. Zum anderen Arthur und Sinja, die an einem Tisch saßen, während der Ritter ihre Geschichte erzählte. Oder zumindest das, was unbedingt notwendig war.

      „…wie du also siehst, gibt es eine Chance Kargat vom Kaiserreich zu befreien. Ohne die Mönche, die Härengars Untergang einleiteten. Aber dafür müssen wir so schnell es geht und wohlbehalten zurück nach Valorien. Du und deine Freunde können uns nicht irgendwie helfen?“.