Isabella Kniest

In Your Arms


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sanftes nach Maiglöckchen duftendes Parfum umgibt ihre zierliche Gestalt. Zwei funkelnde Ohrringe zieren ihre niedlichen kleinen Ohren – so unscheinbar und doch ebenso außergewöhnlich – wie sie selbst.

      Sie verabschiedet sich und verlässt den Raum.

      Damit verschwindet der Zauber, wie er gekommen war.

      Weshalb wage ich es nicht, sie anzusprechen? Weshalb fürchte ich mich solchermaßen davor?

      Wenn ich meine Kollegen beobachte, erfüllt es mich nahezu mit Neid, wie leicht und unbefangen diese mit ihr und anderen Frauen sprechen.

      Vielleicht liegt es an der Tatsache, dass diese bereits verheiratet sind. Im Gegensatz zu mir fürchten sie keine Absage, keine Zurückweisung, haben sie ihre Liebe schließlich längst gefunden.

      Somit gehe ich neuerlich leer aus, kann die Frau, für welche ich unendlich viel empfinde, alleine von der kühlen Ferne aus sehnsüchtig-verstohlene Blicke zuwerfen.

      Seufzend und die Gedanken auf die Seite schiebend erhebe ich mich und bringe die Briefe meinem Vorgesetzten.

      Kapitel 1 – Ein Schaltvorgang mit Folgen

      Dicke Schneeflocken.

      Zu Abertausenden wirbelten sie durch die hereinbrechende Januarnacht, bedeckten das Land unter ihrer weißen Pracht und beschränkten meine Sicht auf nur wenige Meter. Der Scheibenwischer arbeitete auf Hochtouren ebenso die rauschende Heizung. Die verlassene lang gezogene, sich durch den dichten Wald schlängelnde Bergstraße mutete mir sekündlich befremdlicher an. Dabei war ich diese Strecke bereits dutzende Male gefahren.

      »In den kommenden Tagen wird sich an der Großwetterlage nichts ändern. Mit Schneefällen, die lokal teils heftig ausfallen können und Nachttemperaturen um die minus sieben Grad müssen wir uns also noch ein wenig länger herumärgern. Und nun …«

      Eine leichte Müdigkeit sich in mir ausbreitend drehte ich das Radio leiser.

      Kein anderes Auto war unterwegs. Ich schien die Einzige zu sein, die ausgerechnet bei diesem Wetterchaos zu ihren Eltern fahren musste. Und dies einzig aufgrund meines Nichterscheinens zu Weihnachten.

      Hätte ich zu Heiligabend vorbeigeschaut, hätte ich mir diese Strapazen heute erspart. Damals waren die Straßen nämlich trocken gewesen. Nicht einmal gefroren hatte es. Und die Sonne war grell am Firmament gestanden – wie zu Sommers Zeiten.

      Ich atmete tief durch.

      Jammern half mir nun auch nicht weiter. Versprochen war versprochen. Außerdem fühlte ich mich heute seelisch ein kleines Bisschen besser, als es im Dezember der Fall gewesen war und ich es aus exakt diesem Grund nicht vermocht hatte, meine Wohnung zu verlassen …

      Es war eigenartig.

      Einst hatte ich Weihnachten geliebt. Das Fest der Familie. Das Fest der Liebe. Eine Zeit, in der Magie in der Luft lag. Eine Zeit des Innehaltens und der Dankbarkeit.

      …

      Die Magie war verflogen, genauso die Wärme und Fröhlichkeit in meinem Herzen …

      Die zusehends lauter werdenden Reifengeräusche, welche eine Verschlechterung der Straßenverhältnisse bekundeten, verscheuchten meine Gedanken.

      Nicht gut … gar nicht gut.

      Wenn es bereits hier dermaßen eisig war, in welchem Zustand befand sich dann die marode Bergstraße zu meinen Eltern?

      Seufzend drosselte ich die Geschwindigkeit auf vierzig Kilometer pro Stunde.

      Weshalb hatten meine Eltern das Haus in der Stadt verkaufen müssen? Skifahren konnten sie schließlich überall gehen. Da mussten sie kein Eigenheim in der hintersten Einöde und auf tausendfünfhundert Metern Seehöhe kaufen.

      Eben mal Strom und fließend Wasser gab es dort. Kanal? Fehlanzeige. Internet? Noch weniger. Erst recht nicht mit Funk.

      Ich gähnte.

      Kommenden Montag fing die Arbeit wieder an. Wenn das Wetter sich aber bis Samstag nicht besserte, musste ich meinen Urlaub höchstwahrscheinlich um eine Woche verlängern.

      Dabei wollte ich dieses Jahr meine Kreuzschifffahrt buchen. Bei meinem Glück würde daraus jedoch ebenso wenig etwas werden, wie aus dem Bestreben, einen anderen Job zu finden …

      Der Schneefall intensivierte sich, nötigte mich, auf dreißig Kilometer pro Stunde zu verlangsamen.

      Wenn das so weiterginge, würde ich frühestens um Mitternacht eintreffen.

      Ich wechselte vom dritten in den zweiten Gang – und das Heck brach aus.

      Sogleich versuchte ich, gegenzulenken. Zu meinem Leidwesen reagierte die Lenkung zuallererst überhaupt nicht und kurz darauf umso heftiger, infolge dessen das Heck in die andere Richtung schlug und ich letztlich vollends die Kontrolle verlor. Der Fiat drehte sich einmal, ein zweites Mal und schließlich ein drittes Mal, ehe er auf der linken Straßenseite im Tiefschnee hängen blieb.

      Leicht benommen blickte ich mich um. Ich war heil geblieben. Mein Wagen schien ebenfalls in Ordnung zu sein. Vielleicht musste ich mit einem kleinen Blechschaden am Kotflügel rechnen … Sobald ich mein Ziel erreicht hätte, würde ich ihn einer genauen Prüfung unterziehen.

      Ich startete den abgestorbenen Motor, legte den Rückwärtsgang ein und setzte vorsichtig zurück.

      Die Räder drehten durch.

      Nein, nein, nein!

      Nur keine Panik!, dachte ich. Erst einmal aussteigen und schauen, wie es draußen aussieht.

      Gesagt, getan.

      Die linke hintere Seite sah soweit gut aus, der Reifen stand auf schneebedecktem Boden.

      Ich umrundete den Wagen und blickte auf die rechte Seite.

      Nein, nein, nein.

      Das vordere Rad hing in der Luft.

      Ich duckte mich, um einen Blick unter das Auto werfen zu können.

      Himmel!

      Der Unterboden saß auf. Deshalb kam ich nicht vom Fleck!

      Ich eilte zurück zur Fahrertür und kontrollierte den linken vorderen Reifen. Ihm fehlte es ebenfalls an Bodenkontakt.

      Mir wurde es kalt – weniger aufgrund der Temperaturen, als vielmehr aufgrund der Situation, in welcher ich mich befand.

      …

      Alleine auf einer gottverlassenen Straße irgendwo im nirgendwo …

      Mit klopfendem Herzen stieg ich wieder ein, schloss die Tür und griff nach meinem Handy.

      Kein Empfang.

      Himmelherrgott …

      Was nun?

      Wann kam hier jemand vorbei? Würde in den nächsten Stunden überhaupt jemand vorbei fahren? Und wenn jemand vorbei fuhr – würde mir derjenige helfen wollen?

      Bekannterweise hatte sich die Hilfsbereitschaft der Menschen in den letzten Jahren nicht eben erhöht …

      …

      Müsste ich womöglich erfrieren?

      Ich blickte mich um.

      Der Schneefall hatte sich abermals verstärkt.

      Meine Hoffnung gegen null sinkend beobachtete ich, wie die dicken flauschigen Flocken sich liebevoll-zart auf die Frontscheibe niederließen. Anfangs verwandelten sie sich sofort in Wasser. Mit der Zeit blieben aber mehr und mehr liegen, und keine zehn Minuten dauerte es, bis ich meiner Sicht vollständig beraubt worden war. Furcht und Machtlosigkeit schlichen sich in meine Glieder.

      Bitte Gott, hilf mir. Bloß ein Auto. Es braucht lediglich ein einziges Auto vorbeizufahren.

      Was ich jedoch noch durch die Seitenscheibe erkannte, fuhr da überhaupt nichts vorbei. Obendrein begann