Christine Schöpf

Mein Leben mit dir hat bereits begonnen


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an Nellys Tisch und versperrte ihm für einen Augenblick den Blick. Dennoch sah er, dass Nelly schnellen Schrittes Richtung WC ging. Er schob Jaqueline von sich, die bereits die ersten Frauen begrüßte und ging Nelly hinterher. Er zögerte kurz, ob er das Damen-WC betreten sollte, entschied sich aber Nelly zu folgen.

      Im Vorraum bei den Waschbecken standen 2 Freundinnen seiner Kameradschaft und machten sich vor den Spiegeln zurecht.

      „He Ron- falsche Tür, oder haben wir da was verpasst?!“, die beiden Frauen lachten.

      „Raus!“ knurrte Ron die zwei an und ohne noch etwas zu sagen griffen die beiden schnell ihre Taschen und liefen raus.

      „Nelly“, rief Ron. Keine Antwort.

      „Nelly, ich weiß, dass du hier drin bist. Sag was, bevor ich hier jede Tür auftrete“, und um seinen Worten Nachdruck zu verleihen, schlug er gegen die erste Türe, die sich knallend gegen die Wand öffnete.

      Plötzlich hörte er, dass jemand sich in der neben Kabine übergab.

      „Ach shit, was machst du da drin?“, Aarons Stimme wurde weicher.

      „Nach was hört sich das denn an?“ hörte er eine schwache Stimme aus der Kabine.

      „Okay, Kleines -mach die Tür auf… “, aber bevor er den Satz beenden konnte, flog die Vorraumtür auf und Hanna stand im Rahmen.

      “Raus -sofort“, schrie Hanna ihn an.

      “Hallo Han,“ Aarons Stimme klang übertrieben süßlich: „Ich kann deiner freundlichen Bitte leider erst Folge leisten, wenn mir hier jemand erklärt hat, was hier los ist und warum Nelly mit dem Kopf über dem Klo hängt.“

      Aarons Stimme wurde bei jedem Wort aggressiver und nun stand er, mit verschränkten Arme vor seinem Brustkorb, vor Hanna.

      „Auch wenn ich der Meinung bin, dass dich das einen Scheiß angeht…“, fauchte Hanna und drehte sich dann aber zu einem Mädchen um, dass gerade an ihr vorbei aufs Klo wollte:

      „Hey, wie heißt du?“ fragte Hanna ziemlich schroff.

      Das Mädchen sah verwirrt abwechselnd Ron und Hanna an.

      „Dana…Warum?“

      „Pass auf Dana“, kommandierte Hanna, „Du gehst jetzt pissen und danach hilfst du meiner Freundin Nelly, die das Essen nicht vertragen hat und sich gerade auf dem Klo auskotzt.“ Dabei schaute Hanna Aaron giftig an, „Danach bringst du sie wieder in den Clubraum an ihren Tisch -hast du das verstanden?“

      Nelly konnte die Antwort nicht hören, wahrscheinlich konnte die Ärmste gerade nur noch nicken.

      „Und du mein Freund kommst jetzt mit, ich denke wir sollten uns mal unterhalten!“

      Aaron klopfte vorschichtig an Nellys Klotür: „Ist das okay für dich, Kleines?“

      Aarons Stimme klang so liebevoll, dass Nelly, obwohl es ihr so schlecht ging, eine Gänsehaut auf ihrem Körper spürte.

      „Ja, alles okay. Wir sehen uns später.“

      Nelly hörte wie die Tür zugeknallt wurde.

      „Ähm, hallo… Ich heiße Dana –ich soll mich um dich kümmern. Alles klar bei dir?“

      „Es geht, nicht richtig gut. Du kannst aber ganz in Ruhe erst Mal aufs Klo gehen, ich komme hier noch nicht weg“, sprach Nelly und musste wieder würgen.

      Vielleicht war das Essen doch etwas zu mächtig gewesen, dachte Nelly, aber im gleichen Augenblick fiel ihr wieder das Bild von Aaron mit dem hübschen jungen Mädchen ein und wie sie sich an ihn geschmiegt hatte. Bestimmt war das seine Freundin. Nelly traten die Tränen in die Augen und sie musste erneut würgen. Wie blöd war sie eigentlich, warum hatte sie nur angenommen, dass so ein Mann keine Freundin hätte?!?

      Neben ihr ging die Toilettenspülung und sie hörte wie die Nebentür entriegelt wurde und das Mädchen sich danach die Hände wusch.

      Bei Nelly drehte sich alles und sie legte ihren Kopf auf ihrem Arm ab, der auf der Klobrille lag. Nelly hatte zwar Klopapier unter ihrem Arm gelegt, trotzdem ekelte sie sich davor und der Geruch aus der Kloschüssel machte es nicht besser.

      „Kann ich reinkommen?“ frage Dana.

      „Besser nicht, ich glaube, das ist hier kein schöner Anblick“, antwortete Nelly schwach.

      „Wenn ich mich aber nicht gut um dich kümmere, reist mir Hanna den Kopf ab.“

      „Das wird sie schon nicht“, entgegnete Nelly kraftlos.

      „Oh, da kennst du Hanna aber nicht. Ich habe Geschichten von ihr gehört über dies das. Alter, da wird dir echt übel.“ Dana kicherte, wahrscheinlich fiel ihr gerade ein, wie übel es Nelly bereits gehen musste.

      „Und einmal war ich dabei, da hat sie einem Mädchen von hinten in die Haare gegriffen und sie mit der Stirn auf die Theke geschlagen, bis der das Blut über das komplette Gesicht spritzte. Scheiße war das heftig!!! Keiner von uns hat sich getraut dazwischen zugehen und die hätte die Tod gemacht, wenn Kalle nicht dazwischen gegangen wäre.

      Und weißt du, warum die das gemacht hat? Haste keine Ahnung?“, fragte Dana.

      Nelly brummte nur und fing wieder an zu würgen. Sie hoffte, das dies nur eine rein rhetorische Frage war.

      „Die hat die fast totgemacht, weil -und jetzt halt dich fest- Alter- weil die ihr Bier zur Seite gestellt hatte. Zieh dir das rein, weil die ihr Bier weggestellt hat! Siehste selbst, oder? Also wenn Hanna sagt, dass ich auf dich aufpassen soll, dann tu ich das. Sie hat gesagt, du bist ihre Freundin- und das weiß jeder hier, das ist mehr wert als ein blödes Bier. Oder was meinst du?“

      Dana klopfte an der Tür.

      „Ja, ich gehe davon aus, dass ich ihr mehr Wert bin als ein Glas Bier.“

      Nelly erschöpfte das Reden, sie konnte zwar nicht glauben, was das Mädchen vor ihrer Tür über Hanna sagte, aber sie wollte jetzt auch nicht mit ihr diskutieren.

      „Ich habe ein nasses Tuch für dich aus den Papierhandtüchern gemacht, willste die haben? Ich gebe sie dir unter der Tür durch.“

      Nelly hörte wie Dana sich an ihrer Tür hinuntergleiten lies und ihr die feuchten Tücher unter der Tür reichte.

      Nelly nahm sie und legte sie auf ihre Stirn. Ja, dachte sie, das tut echt gut.

      „Ich habe mich jetzt vor deine Tür gesetzt. Wenn Hanna fragt, ich habe dich gefragt, ob ich reinkommen soll. Hab ich gefragt, oder?“

      „Ja, du hast dich angeboten, und ich habe dankend abgelehnt. Ich brauche noch ein bisschen Zeit.“

      „Okay, ich warte hier und wenn was ist, sagste Bescheid.“

      Nelly hörte wie Dana in ihrer Tasche kramte und danach das Tippen von ihren Fingern auf dem Handy. Nelly schloss ihre Augen und hoffte, dass die Übelkeit bald erträglicher wurde.

      „Hast du den Verstand verloren, oder was wird das hier zwischen Dir und Nelly?“

      Hanna war mit Ron vor die Tür gegangen und viele aus dem Club hatten ihnen neugierig hinterher geschaut.

      Augenscheinlich hatte es sich bereits wie ein Lauffeuer herumgesprochen, das Ron auf dem Damen-WC gewesen war und Hanna ihn da jetzt rausgeholt hatte.

      Aaron schaute Hanna zornig an und man konnte nicht nur seiner Stimme anhören, wie bemüht er war, ihr nicht den Hals umzudrehen. Die Ader auf Rons Stirn schwoll immer an, wenn er sauer war, und die Ader war jetzt gerade zum platzen angeschwollen.

      „Was zum Teufel willst du von mir? Was das mit Nelly und mir ist, willst du wissen?! Ich weiß es selber nicht und solange ich es nicht weiß, werde ich nicht mit dir oder sonst wem darüber sprechen. Und du solltest auch kein Wort darüber verlieren. Ist das angekommen?!“

      Hanna blickte Ron an, so hatte sie ihn ihr gegenüber noch nie erlebt. Was war hier nur los?