Leonie Graf

Das Feuer der Werwölfe


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Q=5 wichtig zum Verständnis der Botschaft war. So wichtig, dass man es nicht verschlüsselt hatte, man jedoch alleine damit nichts anfangen konnte. Dummerweise traf aber genau das auf Mali zu. Sie konnte nichts damit anfangen.

      Stundenlang probierte sie alle Möglichkeiten, die sie kannte, um den Code zu knacken, bis es zu dunkel war, um noch etwas erkennen zu können.

      Erst jetzt spürte sie die Müdigkeit, die während den letzten Stunden in ihr hochgekrochen war. Müdigkeit, ein so normales Gefühl, dass es fast fremd wirkte. Müdigkeit, die sie überrollte, sodass sie es sich so gut es ging auf ihrem Bett gemütlich machte und auf der Stelle einschlief. Mali war so erschöpft, dass sie es nicht einmal mehr schaffte, die Klamotten auszuziehen, geschweige denn sich zuzudecken.

      Ein dünner goldener Streifen zeichnete sich auf dem Fußboden ab. Sein Rand erreichte geradeso den Teppich. Er wurde immer dicker und dicker, bis die aufgehende Sonne das Zimmer komplett in goldenes Licht tauchte. Mali taten alle Knochen weh. Sie hatte nicht gut geschlafen. Der altbekannte Albtraum ist zurückgekehrt. Eine Gänsehaut kroch über ihren Rücken. Ob das Blut von ihrer Mutter war? Angewidert verzog sie das Gesicht. Und die unheimlichen Schatten? Waren das Geister? Aber es gab doch gar keine Geister.

      Mali hievte sich aus dem Bett, ging hinunter in die Küche und begann wie in Zeitlupe auf einem Brot herumzukauen. Die Schatten und das Blut wollten ihr einfach nicht aus dem Kopf gehen. Als sie zu Ende gegessen hatte, fragte Mali sich zum ersten Mal, wie sie jetzt weiter vorgehen sollte. Hierblieben konnte sie auf keinen Fall, das war klar. Die Leute würden sich wundern, wenn sie nur noch Mali antreffen würden. Außerdem, wusste irgendjemand davon, dass Mali und die Papiere hier waren? Hatte der Mann womöglich sogar Komplizen gehabt? Nein, sie musste weg. Das Risiko konnte sie nicht eingehen. Doch wohin? Und was sollte sie alles mitnehmen? Sie holte eine große Tasche aus ihrem Zimmer und begann alles, was ihr nützlich erschien, hineinzustopfen. Die Vorstellung etwas Sinnvolles zu tun, beruhigte sie auf eine sonderbare Weise, sodass sie für ein paar Stunden nicht an ihre Mutter, die Papiere und ihren Albtraum dachte.

      Als ihr gegen Mittag nichts mehr einfiel, was sie noch in die Tasche packen könnte, oder was sie noch vergessen haben könnte, holte sie die Papiere, setzte sich auf das braune Ledersofa im Wohnzimmer und fing wieder an zu überlegen, was sie bedeuten könnten. Langsam fielen ihr wieder die Augen zu. Ihr Kopf schien ihr ungewöhnlich schwer und fiel ihr auf die Brust. Langsam ließ Mali sich auf das weiche Sofa sinken, als sie ein merkwürdiges Scharren hörte. Mit einem Seufzen schlug sie die Augen auf und stand auf. Sie nahm die Papiere vom Couchtisch, faltete sie wieder zusammen und steckte sie in ihre Jackentasche. Dann erhob sie sich und drehte sich um in Richtung Tür und schrie auf. Im Türrahmen stand ein Mann. Und sie sah genau in den Lauf seiner Pistole.

      10.07

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      Kapitel 5

      "Mitkommen", brummte der Mann.

      Als Mali sich nicht bewegte schob er ein "Sofort" hinterher. Mali stand unter Schock. Sie hatte gedacht es wäre vorbei, sie wäre in Sicherheit. Der Mann unter dem Schrank war tot. Sie hatte völlig vergessen, dass er auch nach ihrem Leben getrachtet hatte. Anscheinend hatte er tatsächlich einen Komplizen. Das war gar nicht gut.

      Langsam schien Malis Gehirn wieder anzuspringen. Noch war es jedoch in der Aufwärmphase. Sie versuchte sich daran zu erinnern, wie man sich bewegt, wie man aufsteht, wie man läuft. Die Minuten vergingen und sie hatte sich immer noch nicht mehr als fünf Zentimeter bewegt.

      "Nun mach schon", schrie der Mann. "Ich habe nicht den ganzen Tag Zeit"

      Nur langsam kam Bewegung in Mali. Sie setzte einen Fuß vor den anderen und stolperte in Richtung des Mannes. Als sie ihn erreicht hatte schnellte sein Arm nach vorne. Er nahm sie in den Schwitzkasten und zog sie hinter sich her. Endlich konnte Mali wieder klar denken. Ein Adrenalinstoß durchströmte sie. Die ganze Zeit über hatte sie nur auf Autopilot gearbeitet, doch jetzt schien ihr Gehirn und ihre Reaktionsgeschwindigkeit mit einem Mal wieder da zu sein. Mit einem Ruck riss sie sich los, dreht sich um und rammte ihr Knie in den Schritt des Mannes. Der Mann stöhnte auf und ließ die Pistole fallen. Er krümmte sich am Boden zusammen.

      So schnell sie konnte rannte Mali los. Aus dem Haus hinaus, einmal quer durch den Garten. Mit einem Sprung, den sie sich nie im Leben zugetraut hätte, sprang sie über den Gartenzaun und rannte weiter. Was so ein bisschen Adrenalin bewirken konnte, war immer wieder erstaunlich.

      Im Laufen drehte Mali sich um und sah, dass sich ihr Verfolger derzeit wieder erholt hatte und nun hinter ihr herrannte. Mit einem erstickten Aufschrei rannte sie noch etwas schneller, zwang sich alles zu geben und bog in eine kleine Gasse ab. Mali wunderte sich, dass der Mann nicht schoss. Mit einem Blick zurück erhielt sie Gewissheit über ihre Vermutungen. Der Mann hatte die Pistole, die er fallen gelassen hatte, aus Versehen liegen gelassen. Allerdings würde Malis Vorsprung zu groß werden, wenn er jetzt nochmal zurücklief und sie holen würde. Das schien dem Mann soeben auch bewusst geworden sein, denn er fluchte laut.

      Mali bog in eine weitere Gasse ab. In diesem Bezirk der Stadt kannte sie sich nicht mehr aus. Das hielt sie jedoch nicht davon ab noch etwas schneller zu laufen, als die Schritte des Mannes lauter wurden. Ein Zeichen dafür, dass er aufholte.

      Malis Brust schmerzte und sie hatte das Gefühl keine Luft mehr zu bekommen. Ihre Lunge zog sich immer wieder zusammen, jedoch ohne genügend Sauerstoff einzuatmen. Zum Glück hatte das Seitenstechen, dass sie sonst immer bei Dauerläufen heimsuchte, noch nicht angefangen. Jedoch wusste Mali nicht, ob es besser war Atemnot zu haben. Sie wusste, sie würde dieses Tempo nicht mehr lange durchhalten können und der Mann war sehr schnell. Zu schnell. Das einzige, was sie jetzt noch tun konnte, war ihn abzuschütteln.

      Mali bog noch einmal ab. Ihr Verfolger war dicht hinter ihr, als sie bemerkte, dass sie in eine Sackgasse geraten war.

      "Jetzt habe ich dich, du freche Göre", schrie der Mann.

      Mali sah sich so schnell sie konnte nach einem geeigneten Fluchtweg um. Sie fühlte sich wie ein in die Enge getriebenes Tier. Genau in dem Moment, als ihr klar wurde, dass der Mann binnen weniger Sekunden bei ihr sein würde, entdeckte sie einen schmalen Durchlass zwischen zwei Häusern. So schnell sie konnte, beschleunigte sie ihre Schritte wieder. Dann bog sie in die kleine Gasse zwischen den zwei Häusern ab. Sie war gerade um die Ecke gebogen, als sie plötzlich jemand packte und in einen Hauseingang zog. Sie wollte schreien, doch der Fremde hielt ihr mit der freien Hand den Mund zu. Mali strampelte und trat um sich und musste dabei mehr als einmal das Schienbein des Fremden getroffen haben, doch das schien ihn nicht zu stören. Immer noch hielt er Mali fest und zog sie noch etwas weiter in den Hauseingang, als Malis Verfolger nun auch in die kleine Gasse abbog. Er hatte sie nicht gesehen und Mali drückte sich noch weiter in den Hauseingang hinein. Sie versuchte so gut es ging mit den Schatten zu verschmelzen. Dazu musste sie ihren Rücken ganz dicht an die Brust des Fremden pressen, doch das war ihr in diesem Moment egal. Zu ihrem Glück rannte der Mann, der sie verfolgte, an ihrem Versteck vorbei. Mali atmete erleichtert aus. Sie rechnete damit, dass der Fremde seinen Klammergriff um ihren Brustkorb lösen würde, doch nichts geschah. Der Fremde hielt sie immer noch fest gepackt. Wütend begann Mali wieder zu strampeln, doch gegen die Kraft des Fremden hatte sie keine Chance.

      Erst als ihr Verfolger komplett außer Sichtweite war, er war um eine weitere Ecke gebogen, lockerte der Fremde seinen Griff. Mali nutzte die Gelegenheit und riss sich los. Sie drehte sich so, dass sie dem Fremden direkt ins Gesicht schauen konnte und musste zu ihrer Verblüffung feststellen, dass der Fremde ein Junge, nicht viel älter als sie selbst war.

      "Wer bist du?", fragte sie erstaunt.

      "Das ist jetzt nicht von Bedeutung", meinte der Junge nur.

      Es war wie ein elektrischer Schlag der Mali durchfuhr. Sie zuckte zurück. Die Stimme, dachte sie nur. Es ist genau dieselbe Stimme. Und das Gesicht war auch so ähnlich. Entsetzten spiegelte sich in ihren Augen, als sie den Mörder ihrer