Bastian Litsek

Das Geschenk der Psychothriller-Parodie


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aus dem Mundwinkel lief. Aus dem Augenwinkel sah er, dass der dicke Mann wieder am Laptop zugange war.

      „Wer sind Sie?“, fragte Merlan.

      Der Mann legte ihm eine Hand auf die Schulter und kam näher. „Ich bin dein Erschaffer“, sagte er mit funkelnden Augen. „Ich bin der Autor dieses Werkes.“

      „Mein Erschaffer?“, fragte Merlan verdutzt. „Werk?“

      „Ist nicht so wichtig“, sagte Litsek, „komm, setz dich zu uns. Mein Agent hier wollte dich persönlich kennenlernen.“

      Die beiden nahmen Platz. Der Agent reichte Merlan die Hand.

      „Vorsicht“, sagte Litsek, „wenn du ihm die Hand reichst, will er 10 Prozent von allem, was du als Nächstes anfasst.“

      Der Agent verzog das Gesicht. „Sehr witzig.“

      „Oh das war es nicht“, gab Litsek zurück und nahm einen Schluck von seinem Wein, den er aus einem Pappbecher trank.

      „Mein Name“, stellte sich der Agent vor, „ist Achteck Fuldas Orion.“

      Bastian Litsek hustete das Wort „Anagramm!“, dazwischen.

      „Gesundheit“, sagte der Agent. „Merlan“, fuhr er fort, „wir treffen uns heute, um ein wenig zu plauschen. Über dies und das, hier und dort, jenes und solches. Du verstehst schon?“

      Merlan nick-schüttelte den Kopf. Häh?, blinkte es in seinem Kopf immer wieder auf.

      „Ich wollte fragen, bist du zufrieden mit deiner bisherigen Geschichte?“

      „Natürlich ist er das“, ging Litsek dazwischen.

      „Dich habe ich nicht gefragt, Bastian.“

      Der Autor hob gestikulierend die Hände, als wolle er sagen, schon gut, ich bin ruhig.

      „Nun ja. Es ist ein wenig schwierig, sich mit den ganzen Rückblenden zurechtzufinden“, erklärte Merlan.

      „Das glaube ich dir sofort“, bestätigte ihn der Agent.

      „Und wissen Sie, wir sind gerade in einer Rückblende, während mein erzählendes Ich im Gefängnis sitzt für eine Tat, von der der Leser nur vermuten kann, was es war.“

      Litsek hatte die Arme verschränkt und murmelte hochnäsig dazwischen: „Es ist offensichtlich das tote Kind. Pah! Was sollte es denn sonst sein.“

      „Bastian!“, mahnte Orion liebevoll, aber streng.

      „Und wissen Sie, ich hätte die Geschichte lieber in der Gegenwart erzählt, den Gefängniskram weglassen und die Logiklöcher etwas kleiner gehalten.“

      „Was für Logiklöcher denn?“, fragte der Autor.

      „Na, ich überfalle das Restaurant und zack in der nächsten Szene war ich schon zwei Jahre mit meiner Angreiferin zusammen? Und arbeite im selben Restaurant?“

      „Und?“, platzte es aus Litsek unverständnisvoll heraus.

      „Das ergibt keinen Sinn“, sagte Merlan. „Warum sitze ich nicht für den Überfall im Gefängnis?“

      „Dann hätte ich dich ja nicht für den Kindesmord in den Knast gehen lassen.“

      „Habe ich das Kind wirklich ermordet?“, fragte Merlan und schaute zwischen Agent und Autor hin und her. Achteck Fuldas schaute zu seinem Klienten Litsek.

      „Warum sind wir hier?“, fragte Merlan.

      „Weil dieses Kapitel im Original recht lahmarschig und doof war. Daher habe ich gedacht, ich hebe das Niveau etwas an und bringe mich samt meines vorzüglichen Agenten ins Spiel.“

      „Danke, mein Lieber“, sagte der und legte sich die Hand auf die Brust. „Wollen wir fortfahren?“

      „Aber sicher, mein Freund, hier sind meine Ideen für weitere Projekte.“

      „Wie bitte?“, sagte Merlan entsetzt. „Ich will Antworten!“

      „Liebes“, sagte Bastian tuntig, „du spielst hier nicht die erste Flöte.“

      „Ach nein? Ich bin der Hauptcharakter!“

      „Bist du dir da sicher?“, fragte der Agent und schaute Merlan fragend an.

      „Moment, ich habe eine Idee“, sagte der Autor und tippte etwas in den Laptop.

      Merlans Kopf wurde schwer, so schwer, dass er ihm in den Nacken fiel. Wie er ihn wieder nach vorne richtete, sah er zwei Männer, die er in seinem Leben noch nie gesehen hatte. Er würde gleich einer Konversation beiwohnen, an die er sich später nicht erinnern würde. Er hielt während des gesamten Gesprächs die Klappe und brachte nur einmal frische Getränke an den Tisch, damit der Agent und der Autor nicht durstig sein mussten.

      Litsek hörte auf zu tippen, er drehte den Laptop zu seinem Agenten um, damit der lesen konnte, was er gerade geschrieben hatte.

      „… beiwohnen … Klappe …“, murmelte der beim Lesen.

      „Ich hasse es, wenn du das tust“, sagte Litsek genervt.

      „… Getränke …“, der Agent schaute auf, die Hände an der Tastatur des Laptops. „Etwas zu trinken wäre wunderbar, Merlan“, sagte er an den Trickbetrüger gewandt, der außerdem ein Gefängnisinsasse war sowie ein potenzieller Kindermörder, mit Sicherheit aber ein vergesslicher Unsympath, nur ein Werkzeug seines Herrn und Meis…

      Litsek entriss seinem Agenten den Laptop. „Gibt das her, du Klotaucher“, sagte er und grinste.

      „Ich kann einfach nicht widerstehen, mich zu verewigen. Also Basti, was gibt es, was hast du dir überlegt? Amazon hat angefragt zwecks Ideen für eine Serie. Zehn Folgen, kleines Budget.“

      „Hier ist Idee Nummer eins.“

      Merlan stand vom Tisch auf und ging hinter die Theke an die Bar, um ein paar Getränke zu holen.

      „Das Ganze spielt in Amerika. Die Indianer erobern das Land zurück, verbünden sich mit den Afroamerikanern und etablieren eine völlig neue Kultur. Die Weißbrote werden gejagt wie Wildvieh. Die erste Staffel beschäftigt sich mit dem Aufstieg der neuen Kultur. Schlachten, Widerstand und viel Drama. Der Untergang des weißen Mannes in den USA.“

      „Klingt nett, aber woher sollen plötzlich die ganzen Indianer kommen? Es gibt doch kaum mehr welche.“

      „Die haben doch die ganzen Kasinos dort drüben. Das ganze Geld haben sie genutzt, um heimlich eine gigantische Klon-Armee zu schaffen.“

      „Klone? Klingt eher wie Science-Fiction.

      „Na ein bisschen ist es das auch.“

      „So wie The Man in the High Castle?“

      „Quasi, man könnte es damit bewerben. Und die Idee ist frisch, nicht ausgelutscht. Hast du so was schon mal gehört?“

      „Nicht wirklich … Was hast du sonst noch?“

      „Ein Mann wird eingefroren, wacht wieder auf und befindet sich auf einem Planeten, der von Amazonen beherrscht wird. Er glaubt, er ist noch auf der Erde, doch am Ende stellt sich heraus, er wurde von seiner Familie an ein paar Aliens verkauft, die ihn in ein Videospiel gesperrt haben.“

      „Äh“, machte Achteck Fuldas, „vielleicht ein wenig zu abgedreht …“

      „O.K., ich kann auch sachte …“

      Merlan kam wieder, stellte dem Agenten einen Kaffee hin und dem Autor