Barbara Eckhoff

Um uns herum die Dunkelheit


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benutzen. Man raubte die Kunstgegenstände aus dem nahen Mexiko, brachte sie irgendwie hier nach Paradise in dieses verschlafene Nest. Dort unter dem Decknamen einer Spedition würde man nicht darauf kommen, dass dort Kunstdiebe am Werk waren. Dann brachte man die in Kisten verpackten Gegenstände zum Flughafen und flog sie außer Landes. Mit einer größeren Maschine könnte man bis nach Kolumbien fliegen, mit einer Zwischenlandung könnte man sogar noch weiter fliegen. Er musste rausbekommen, wie sie es genau anstellten. Wie die Waren hier nach Paradise kamen und wohin sie gebracht wurden. Außerdem musste er herausfinden, wer die Leute waren, die diese Kisten wegschafften. Sie würden auf alle Fälle zur Bande gehören. Irgendwo musste es eine Schwachstelle geben. Diese musste er finden. Er fragte sich nur wie.

      Casey schleppte sich wieder ins Bett. Die heiße Tasse Tee, die sie sich gerade gemacht hatte, stellte sie auf ihren Nachtisch. Es ging ihr gar nicht gut. Sie hatte hohes Fieber und war schwach. Sie hätte vorhin nicht in die Firma fahren sollen. Vielleicht wäre Mr. Pembroke auch nochmal gekommen, um die fertigen Papiere abzuholen. Jetzt hatte sie es jedenfalls zu bereuen, dass sie unterwegs gewesen war. Sie zog ihre dicke Decke noch weiter zu sich hoch. Ein Halstuch war um ihren Hals gebunden. Ihr Hals schmerzte und ihr ganzer Körper war schlapp. Diese Grippe war wirklich kräftezehrend. Sie richtete sich auf und wollte einen Schluck von ihrem Tee trinken aber er war noch zu heiß. Ihre Gedanken kreisten wieder um den heutigen Morgen, wie sie Max Pembroke in ihrem Büro gesehen hatte. Wie er in ihrem Aktenschrank gewühlt hatte. Sofort war ihr der Gedanke gekommen, dass er etwas Verbotenes tat. Merkwürdig dachte sie. Warum traute sie ihm so eine Schlechtigkeit zu? Er war immer freundlich zu ihr. Bisher hatte er auch nie durch sein Verhalten ihr gegenüber sie dazu veranlassen können. Vielleicht hing es mit der nächtlichen Beobachtung zusammen, die sie vor einiger Zeit gemacht hatte. Sie wollte jetzt jedenfalls nicht an all diese Sachen denken und versuchte nun noch einmal von ihrem Tee zu trinken. Diesmal konnte sie schon ein paar kleine Schlucke daraus trinken. Erschöpft legte sie sich wieder ins Bett. Sie nahm ein Fieberthermometer und maß ihre Temperatur. Nach einer kleinen Weile zeigte das Thermometer immer noch 39.8 Grad Celsius an. Das Fieber wollte und wollte nicht runter gehen. Sie zog ihre Bettdecke noch einmal bis zu ihrem Hals hoch und drehte sich auf die Seite. Es dauerte nicht lange, da war sie eingeschlafen.

      Es war Samstagnacht und der Himmel war sternenklar. Max konnte von seiner Position aus die Teenager in ihren Autos sehen, die an der Spedition Hooks vorbei rauschten. Sie waren übermütig, das konnte er sich denken. Sie kamen von der einzigen Disco hier in der Nähe. Ein paar Meter weiter würden sie in die Arme von Sheriff Tupper fahren. Er hatte am Ortsrand eine Funkstreife postiert, um die Kids auf Alkohol und Drogen zu überprüfen.

      Nun saß er hier und wartete, dass Mr. Long seine Wachrunde beendet hatte. Er hatte sich flach auf eines der Lagerhallendächer gelegt und schaute über den Rand. Vor ein paar Minuten war Long auf seiner zweiten Wachrunde in die Lagerhalle gegangen. Er hatte das Licht angeschaltet. Max verhielt sich ganz still. Jede Bewegung hätte auf dem Wellblechdach ein Geräusch verursacht. Es schien eine Ewigkeit zu dauern, bis er wieder zum Vorschein kam. Max sah, wie das Licht gelöscht wurde und sich das große Hallentor ins Schloss schob. Er wartete noch einen Augenblick, dann schob er langsam Schritt für Schritt seinen Körper auf dem Wellblech nach hinten. Vorsichtig erreichte er den Fenstersims. Er glitt an der Hallenwand bis zum Fenster hinab und schlich sich durch das Fenster. Auf der anderen Seite blieb er erst einmal stehen. Er griff mit seiner Hand in den dunklen Overall und zog wieder sein Nachtsichtgerät heraus. Es sah aus wie ein Fernglas, doch Max konnte es sich auf den Kopf setzen. Mit diesem Ding sah alles so aus, als würde Licht in der Halle brennen. Er schlich sich in die hinterste Ecke und fing an die erstbeste Kiste aufzumachen. Als er sie aufgemacht hatte, schaute er hinein. Doch es waren nur Papierstapel darin. Er machte sie wieder zu und ging zur nächsten Kiste. Aber auch hier waren nur normale Waren enthalten.

      So ging es noch eine ganze Weile. Er konnte nichts Auffälliges finden. Entschlossen versuchte er es weiter. Diese Kiste war ziemlich groß und es dauerte etwas länger sie aufzumachen. Es lagen nur Stoffballen darin. Doch halt - da war noch etwas, was seine Aufmerksamkeit erregte. Irgendetwas lag noch darunter. Er nahm die Stoffballen hoch und staunte nicht schlecht. Endlich hatte er etwas gefunden. In der Kiste lag zwischen den Stoffballen eine reichlich mit Gold verzierte große Vase. Schnell nahm er aus seinem Overall die kleine Kamera, die er eingepackt hatte und fotografierte die Vase. Danach legte er die Stoffballen wieder darüber und schloss den Deckel der Kiste. Er fotografierte noch das Etikett, worauf angegeben war, dass diese Kiste nach San Francisco ging. Nun hatte ihn das Jagdfieber gepackt. Er machte sich auf die Suche nach weiteren Kisten. Licht drang durch das Fenster ein. Er schaute auf seine Uhr und erschrak. Es musste draußen schon dämmern. Er hatte viel Zeit hier in der Halle verbracht. Er packte schnell seine Sachen und überprüfte noch einmal die Kisten. Alles war wieder so, wie er es vorgefunden hatte. Niemand konnte sehen, dass sich jemand an den Kisten zu schaffen gemacht hatte. Er ging zur Treppe und stieg wieder empor. Durch das Fenster sah er, dass es draußen allmählich hell wurde. Er hatte nun nicht mehr den Schutz der Dunkelheit. Einen Augenblick überlegte er, dann kletterte er aus dem Fenster und huschte die Treppe hinunter. Unten schaute er sich um. Doch alles war still. Langsam Schlich er sich an der Halle entlang und lief dann mit schnellen Schritten hinüber zu dem Gebüsch, wo der Zaun ein Loch hatte. Durch dieses Loch war er in den letzten Tagen schon mehrmals geschlüpft. Auch dieses Mal gelang es ihm, ohne dass irgendjemand ihn gesehen hatte. Er lief hinüber zu seinem geparkten Auto. Gestern Abend hatte er es in dem angrenzenden Waldstück versteckt.

      Er startete den Motor, und während er auf die Landstraße fuhr, kam ein Lächeln über seine Lippen. Endlich hatte er Beweise gesammelt. Er würde nachher die Bilder gleich seinem Chef mailen. Vielleicht bekam er heraus, woher die Gegenstände kamen. Doch als Erstes wollte er sich eine Mütze voll Schlaf gönnen.

      Kapitel 4

      Der Sonntagmorgen begann mit lautem Vogelgezwitscher aus den naheliegenden Bäumen. Es war jetzt schon Herbst. Doch hier unten im Süden blühte noch alles. Noch ein weiterer Grund, warum Casey den Süden mochte. Das ganze Jahr war es schön und nie zu kalt. Wie liebend gerne hätte sie jetzt einen Spaziergang gemacht, doch stattdessen musste sie mit Fieber das Bett hüten. Auch am vierten Tage ihrer Grippe ging es ihr noch nicht besonders. Das Fieber war zwar runter gegangen und man konnte es im Moment nur als erhöhte Temperatur bezeichnen, dennoch fühlte sie sich schlapp und ausgemergelt. Sie stand langsam auf, zog sich ihren Morgenmantel an und ging die Treppe hinunter. Sie wollte sich ein wenig zu essen machen. Sie presste sich in der Küche zwei Orangen aus und machte sich ein kleines Omelett. Während das Omelett in der Pfanne bräunte, betätigte sie die Kaffeemaschine. So dachte sie, fertig ist das Frühstück. Ein Omelett auf Toast mit einer Tasse Kaffee und frischem Orangensaft. Die Vitamine taten ihr bestimmt gut.

      Sie nahm alles und setzte sich ins Wohnzimmer. Auf der Uhr war es neun Uhr zwanzig. Sie nahm sich die Tageszeitung von gestern zur Hand und lass während des Frühstückes. Als sie sich den letzten Bissen in den Mund geschoben hatte, klingelte das Telefon.

      Sie nahm den Hörer vom Telefon und erkannte in der Stimme die sich meldete ihre Mutter.

      „Hey, Mum!“, krächzte sie in das Telefon. Ihr Hals war immer noch nicht besser.

      „Ach du liebe Güte, Kind. Bist du krank?“ schallte es aus dem Hörer.

      „Ja, ich habe mir die Grippe eingefangen“, antwortete Casey, sofort ahnend, was jetzt für eine Litanei über sie einbrechen würde.

      „Warst Du schon beim Arzt, mein Liebes?“

      „Ja gleich am Donnerstag. Er hat mir ein paar Tabletten verschrieben und gesagt ich sollte das Bett hüten.“

      „Das ist gut. Hast Du Temperatur?“

      „Jetzt nur noch 38 Grad Celsius. Es war aber die letzten Tage schlimmer. Wahrscheinlich fangen die Medikamente jetzt an zu wirken.“

      „Ach Casey, soll ich vorbei kommen?“

      „Nein, Mama, das ist nicht nötig. Ich denke, dass es mir vielleicht morgen oder übermorgen schon wieder besser geht. Morgen muss ich auch wieder zum Doktor. Da schaut er sich alles wieder an. Mal sehen, was er dann sagt.“

      „Okay,