Tessa Koch

Wounded World


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aus meinem Gürtel und werfe ihn Lexi zu. „Du hast noch nie einen getötet?“ Sie blickt mich mit geweiteten Augen an, schüttelt dann den Kopf. „Das wird sich heute ändern. Du musst auf den Schädel einschlagen und das Gehirn zerstören. Nur so sterben sie.“

      „Ich – ich glaube nicht, dass ich das -“

      „Du musst, Lexi. Andernfalls werden wir hier nicht lebend rauskommen.“ Ich sehe sie ernst an. „Es ist beängstigend, ich weiß. Bevor das alles hier passiert ist, habe ich studiert und nebenbei bei Starbucks gearbeitet. Ich wusste auch nicht, ob ich das kann. Aber es geht um unser Überleben.“

      Sie schluckt schwer, dann nickt sie wieder. „Okay, Hauptsache wir kommen hier weg.“

      „Gut.“ Liam ist bereits bei der Tür, er hält die kurze Sichel fest umfasst. „Marsha, Sie müssen Bender auf den Arm nehmen, wir können nicht riskieren, dass er wegläuft. Ich werde vorgehen, Sie folgen mir. Lexi, du bleibst dich hinter ihr. Eve –“ Er sieht mich an, ich sehe die Sorge in seinem Blick „– du bildest die Nachhut.“

      „Wir schaffen es, Liam“, sage ich, lächle, um den Ausdruck in seinen Augen zu vertreiben.

      Er streckt seine Hand aus, streicht mir sanft über die Wange. „Sei vorsichtig, Kleines.“

      „Du auch.“

      Wir sehen uns kurz in die Augen. „Okay“, sagt er dann, blickt zu den anderen. „Alle bereit?“

      „Nein“, sagt Lexi hoch. Der Hammer in ihren Händen zittert.

      Ich lege ihr eine Hand auf die Schulter. „Ich bin direkt hinter dir, wenn dir einer zu nahe kommt, haue einfach zu. Du schaffst das.“ Sie nickt, die Augen angstvoll geweitet.

      Liam zieht die Tür auf, tritt nach draußen in den Flur und geht geduckt auf die Treppe zu. Marsha folgt ihm, sie hat Bender auf dem Arm. Lexi und sie ducken sich ebenfalls, sie folgen Liams Beispiel. Ich folge den Vieren, die Harke fest in der rechten Hand, die linke auf den Griff meiner Glock gelegt. Wir schleichen die Treppe herunter, die Parasiten schlagen gegen die Tür, kratzen gegen die Scheiben. Liam legt einen Finger an seine Lippen, bedeutet uns so leise wie möglich zu sein, als er an der Haustür vorbei auf das Wohnzimmer zu geht. Marsha ist gerade an der Haustür vorbei, Lexi will ihr folgen, als die Tür mit einem Ächzen nachgibt. Sofort kommen die Parasiten herein, blicken uns mit ihren milchigen Augen an.

      Ich packe Lexi an der Schulter und ziehe sie zurück auf die Stufen, weg von der Tür. „Liam, bring Marsha zum Transporter, wir treffen uns dort!“, rufe ich ihm zu, weiche die Stufen weiter hinauf.

      Er wirft einen Blick zu der Tür, den eindringenden Parasiten. Ich weiß, dass er mich nicht zurücklassen will, doch er weiß auch, dass ich recht habe. „Wehe, wir treffen uns dort nicht!“, ruft er zurück, dann fasst er Marsha am Arm und läuft mit ihr und Bender weiter in das Wohnzimmer.

      Kurz sehe ich ihm nach, dann eile ich die Stufen hinauf. „Komm Lexi!“, rufe ich, als ich mich umwende und sie noch immer auf der Treppe stehen sehe. Doch sie ist wie erstarrt, den Hammer in ihrer zitternden Hand erhoben. Die Parasiten kommen auf sie zu, immer mehr strömen durch die kaputte Tür herein.

      Blitzschnell zücke ich meine Waffe, schieße den Lexi nächsten Untoten in den Kopf. Sein Gehirn spritzt den Parasiten hinter ihm ins Gesicht, er sackt auf den Stufen zusammen. Ich laufe wieder runter, packe sie fest am Arm und ziehe sie hinter mir her nach oben. Grob stoße ich sie in den uns nächsten Raum und ziehe die Tür hinter uns zu. Ich sehe mich um, wir sind in einem geschmackvoll eingerichteten Gästezimmer. Mein Blick fällt auf einen Stuhl, auf dem Klamotten liegen. Ich werfe sie achtlos auf den Boden, nehme dann den Stuhl und klemme ihn unter die Klinke.

      Im nächsten Moment schlagen Dutzende Hände gegen das Holz, Stöhnen und Ächzen klingt zu uns durch. „Oh mein Gott.“ Lexi zittert am ganzen Körper, ich sehe die Tränen auf ihrem Gesicht. „Wir werden sterben, wir werden sterben …“

      „Lexi, reiß dich zusammen, wir kommen hier schon irgendwie raus.“ Ich gehe zum Fenster und schiebe es nach oben. Dann hänge ich mich raus und schaue mich um. Es geht gute fünf Meter hinab, unter uns ist die Terrasse. Ich ziehe mich zurück, gehe wieder zu den Klamotten, sammele sie ein und schmeiße sie dann aus dem Fenster. „Du musst mir helfen, wir müssen alles Weiche rauswerfen.“

      „Wi- wieso?“ Sie zittert noch immer.

      „Wir werden springen müssen, wenn wir hier lebend raus wollen.“ Ich packe das Bettzeug und werfe es aus dem Fenster, sehe dann Lexi an. Ich mache mich für eine Diskussion bereit, dass sie versuchen wird, es mir auszureden. Doch stattdessen blickt sie mich nur kurz an, dann reißt sie die Türen des kleinen Schrankes auf und wirft mir weitere Klamotten zu. Sie landen ebenfalls auf der Terrasse, als der Schrank leer ist, sehe ich mich zu Lexi um. „Bist du bereit?“

      „Nein, aber wir haben keine andere Wahl.“ Sie kommt zu mir, blickt zögerlich nach unten.

      Die Tür hinter uns ächzt unter dem Gewicht der Parasiten, die sich gegen sie werfen. Ich schaue über die Schulter, in dem Moment, in dem der Stuhl nachgibt. „Hier.“ Ich fasse in meine Tasche, ziehe den Schlüssel des Transporters hervor. „Der Autoschlüssel, wehe du bringst ihn nicht zu Liam. Geh jetzt!“ Die Tür springt auf, ich wirbele herum und schieße dem ersten Parasiten, der in den Raum kommt, in den Kopf.

      Ich höre Lexis leises Ächzen, als sie auf den Klamotten und dem Bettzeug landet. „Eve!“, ruft sie zu mir hoch. „Komm, schnell!“ Wieder schieße ich einem Parasiten in den Kopf, drehe mich dann zum Fenster um. Ich klettere auf den Sims, blicke ein letztes Mal über die Schulter. Immer mehr Parasiten kommen in dem Raum, der mir nächste nur noch eine Handbreit entfernt, seine Hände gierig nach mir ausgestreckt.

      Ich springe.

      Hart komme ich auf dem Boden auf, ächze ebenfalls, als mir Lexi auf die Beine hilft. Wir laufen zum Zaun, ich etwas hinter ihr. Sie schwingt sich über den Zaun und ich folge ihr eilig. Wieder blicke ich über die Schulter, sehe die Parasiten uns durch den Garten folgen. Die halbe Stadt muss bereits verwandelt worden sein und uns nun folgen, binnen weniger Sekunden haben sie den Zaun niedergerissen. Kurz bleibe ich stehen, schieße auf zwei Untote, die nur wenige Meter hinter uns sind. Dann folge ich Lexi durch den Wald, sie läuft mehrere Meter vor mir.

      Wir laufen auf die Straße, sehen den Transporter zu unserer Rechten, Liam und Marsha warten bereits dort. „Lexi, die Schlüssel!“ Sie hält ihre Hand hoch, ich sehe sie an ihrem Mittelfinger baumeln. Sie reicht sie mir. „Liam!“, rufe ich und werfe sie ihm zu. Er fängt sie auf, entriegelt den Transporter. Marsha steigt hinten ein, wenige Minuten später sind wir bei ihnen und Lexi springt in das Auto. Ich schlage die Hintertüren zu, renne auf die Beifahrerseite und steige dort ein.

      Liam sitzt bereits hinterm Steuer, der Motor läuft. Als ich meine Tür zu ziehe, drückt er auf das Gaspedal und wir fahren mit quietschenden Reifen los. „Heilige Scheiße“, sagt er, die Augen auf den Rückspiegel geheftet. „Sind alle okay?“

      „Ja“, keuche ich, noch erschöpft vom Laufen. „Bei euch auch?“ Ich drehe mich zu Marsha, Lexi und Bender um.

      „Ja.“ Lexis Augen sind noch immer geweitet. „Weswegen – weswegen haben sie uns auf einmal angegriffen?“

      Mein Blick fällt auf den Hund. „Das Gebell wird sie angelockt haben, sie reagieren sehr empfindlich auf Lärm. Sobald sie merken, dass sich ein Mensch in ihrer Nähe befindet, greifen sie immer an. Die Kunst besteht darin, sie nicht auf sich aufmerksam zu machen.“

      „Es zählt nur, dass wir es alle geschafft haben.“ Marsha beugt sich nach vorne, fasst meine Hand. „Danke.“

      Ich erwidere ihren Händedruck und muss ihr Lächeln sofort erwidern. „Gern geschehen.“

      „Ich kann mich auch nur bedanken.“ Lexi reicht mir beinahe schüchtern den Hammer zurück. „Du hast mir das Leben gerettet, Eve.“

      Liams Blick fällt auf mein Gesicht. „Wie seid ihr da raus gekommen?“

      „Gesprungen.“