Müdigkeit verlor und neben Oskar in die Kissen sank, glaubte sie zu sehen, wie eine weiß gefiederte Eule die Flügel ausbreitete und völlig lautlos davon flog.
Kapitel 3 - Magalies Entscheidung
Schwarzer Rauch
Die grüne Muschel verharrte schon eine ganze Weile auf dem Grund des Neuen Meeres. Leathan fühlte sich gedemütigt wie nie zuvor.
Brennende Wut.
Die durchsichtige Schale der stacheligen Muschel gab den Blick auf glühende Brocken frei, die in kurzen Intervallen aus dem Meeresboden ausgeworfen wurden.
Die glühende Masse wuchs zu einem Kegel.
Schwarzer dichter Rauch kochte hoch und umgab die Glut, die das Wasser zum Sieden brachte. Winzige durchsichtige Krebse und kleine Fische schwammen ungerührt in dem glühend heißen Wasser.
Lava, rot und heiß wie die Wut des dunklen Fürsten, wälzte sich über den unebenen Meeresboden hinweg. Sacht hob sich die Muschel, machte sich an den langen Aufstieg.
In den kühleren Bereichen erwarteten ihn wieder die Zuschauer, die seine Erniedrigung mit ansahen. Die wandelbaren Chimären, die er nicht vernichten konnte, weil sie aus Nichts bestanden. Sie waren Wesen ohne Festigkeit. Sein tödlicher Blick konnte an diesem Nichts nicht festhalten, ging durch sie hindurch.
Anders die blöde glotzenden Fische, die sich der Muschel näherten. Sein Blick zurück ließ sie erstarren. Ein kurzer Ruck nur ging durch ihre farbigen Leiber, die sich drehten und im nächsten Moment leblos auf der Wasseroberfläche schlingerten.
Leathan wusste genau, was er tat.
Je mehr dieser Wasserbewohner er tötete, desto sicherer konnte er sein, dass die Wassermänner und grünhaarigen Nixen alles tun würden, um ihn wieder loszuwerden. Wenn er vernichtete, was sie zum Leben benötigten, würden sie dafür sorgen, dass die Muschel ihn so schnell wie möglich entließ.
Noch immer stieg sie nur langsam. Leathans Geduld wurde auf eine harte Probe gestellt.
Plötzlich waren sie überall. Sie schoben und zogen, stemmten sich gegen die stachelige Außenwand. Ganz offensichtlich hatte seine Strategie Erfolg gehabt. Die Nixen hatten sich zusammengerottet. Aber es gelang ihnen nicht, die hermetisch geschlossene Muschel zu öffnen.
„Wir brauchen Hilfe.“
Odine ließ ab von ihren vergeblichen Bemühungen.
„Ohne die Hilfe der Fürstin schaffen wir es nicht, Leathan zu vertreiben. Ich verstehe nicht, warum Elsabe nichts von sich hören lässt. Sie hat versprochen uns zu helfen.“
Leathan sah ihre Hilflosigkeit und konnte sich ein sardonisches Grinsen nicht verkneifen. Die Ironie, dass Magalie ihn jetzt aus dieser Lage befreien musste, in die sie und Annabelle ihn gebracht hatten, entging ihm nicht.
Sie würde den Nixen helfen und damit unfreiwillig auch ihm.
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Magalies Zauber
„Ich muss euch stören.“ Elsabe hatte eine ganze Weile gewartet, bevor sie Cybill und Magalie unterbrach. Aber jetzt duldete die Angelegenheit keinen Aufschub mehr. Wie immer hatte das Wohl der Anderswelt Vorrang vor allen anderen Dingen. Elsabe wandte sich an Magalie, die verwirrt zu ihr hochschaute. Sie war in ihre Kindheit abgetaucht, die sie bei ihrem Vater verbracht hatte, ohne zu ahnen, dass Cybill, die sie immer bewundert hatte, ihre Mutter war. Sie war ihr später oft begegnet, aber nie am Hof ihres Vaters und immer nur in ihrer Eigenschaft als Herrscherin der Lichten Welt. „Warum habt ihr mir nie etwas gesagt? Warum hast du mich nie besucht?“
„Dein Vater und ich wollten dich nicht gefährden. Du warst ein wunderbares kleines Mädchen, aber neugierig wie eine Ziege und geschwätzig wie eine Elster. Wenn du mich mit deinem Vater gesehen hättest, wärest du hinter unser Geheimnis gekommen. Und irgendwann hättest du dich verplappert. Glaub mir, es war besser und vor allem sicherer so.“ Magalie sah ein, dass ihre Mutter Recht hatte. Hatte sie nicht das Gleiche mit Faith gemacht? Auch ihre Tochter war ohne Mutter aufgewachsen. Auch sie hatte ihre Tochter beim Vater gelassen, um sie zu schützen. Auch sie hatte Faith im Ungewissen gelassen. Langsam glitt sie in die Gegenwart zurück und nahm Elsabe wahr.
„Ja“?
„Wir müssen reden.“
„Jetzt?“
„Es ist wichtig, es geht um Leathan.“ Magalies Körper spannte sich augenblicklich. Ihre gesamte Aufmerksamkeit wandte sich Elsabe zu. „Ich habe mit Odine gesprochen.“ Die Hexe berichtete, was die Nixen befürchteten.
„Er wird alles Leben töten. Die Nixen nehmen sich nur die Nahrung, die sie benötigen. Leathan allerdings schlägt um sich und tötet zum Vergnügen.
Aber natürlich“, fügte Elsabe hinzu, “tut er das auch, um dich zu veranlassen, ihn zu befreien. Er weiß genau, dass du nicht dulden kannst, was er macht.“
Erwartungsvoll sah sie die Freundin an. Wie würde sich Magalie entscheiden, was konnte sie tun? Leathan freizulassen wäre tollkühn und unverantwortlich. Die grüne Muschel andererseits war auch keine Lösung auf Dauer.
Denn dieses unbeseelte Wesen würde sich irgendwann öffnen und Leathan entlassen. Unberechenbar wie die grüne Hülle, die den dunklen Fürsten jetzt barg, war auch Leathans Reaktion nicht vorhersehbar.
Chaos.
Schon einmal hatte er ihre schöne Welt beinahe zerstört. Sie sah noch die lodernden Flammen, in denen der Palast der alten Herrscher aufging und zerfiel.
Leathans Lust an der Zerstörung, Magalies unbändige Wut, mit der sie Leathan am Ende in die Flucht geschlagen hatte.
Das Zeichen der Macht allerdings hatte er damals gefunden und mitgenommen.
Für den Moment war er geschlagen, aber noch war die Lichte Welt nicht sicher vor seiner Machtgier.
Leathan war intelligent und verfügte, auch ohne das Medaillon, zweifellos immer noch über mehr Magie, als ihnen lieb sein konnte.
Magalie musste eine Entscheidung treffen, sofort.
Sie konnte nicht dem Zufall überlassen, wann der Dunkelalb sein Gefängnis verließ. Wäre er unbeobachtet, wenn die Muschel ihn entließ, könnte er von neuem versuchen, sich der Lichten Welt zu bemächtigen.
Nein, es war höchste Zeit etwas zu unternehmen, jetzt.
Die alte Herrscherin und die Hexe sahen, wie es in Magalie arbeitete. Ganz unbewusst griff sie nach der Kette, die in ihrem Ausschnitt verschwand, ließ sie wieder los, griff wieder danach.
Wie schön sie ist, dachte Robert.
Er stand noch immer da, wo sie ihn verlassen hatte, um ihre Mutter zu begrüßen. „Ich habe unsere Tochter nach Hause gebracht“, hatte sie ihm zugeflüstert, als sie in seinen Armen lag.
„Sie war so verwirrt, das arme Kind. Ich hoffe es geht ihr gut. Sie wird vergessen und an deine Rückkehr glauben.“
Er wusste, dass die Feen die Gabe besaßen, den Geist der Menschen zu verwirren. Verzaubert würden diese paradiesische Gärten wahrnehmen, wo andere nur Müllhalden sahen. Sie würden Hitze spüren bei klirrender Kälte, Regen auf der Haut in der Wüste. So würde Faith’ Angst um ihn der Zuversicht weichen, ihn wiederzusehen.
Der Wille der Feen.
„So ist es am besten für sie.“
Robert war da nicht so sicher.
Er widersprach Magalie nicht, weil er wusste, dass seine Tochter ihn bald wiedersehen und sich dann ihr Gefühl mit der Wirklichkeit decken würde.
Magalie sah ihm an, dass das, was sie getan hatte, nicht seine uneingeschränkte Zustimmung fand. Sie lächelte zärtlich, hob ihr Gesicht, um ihm in die Augen zu sehen.
„Liebster, ich weiß, was du denkst. Du glaubst nicht,