Dominik Michalke

Arym Var


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empfing demnach Signale, die irgendwo in hundert Kilometern Radius um die Station ausgingen.

      Kargan hatte in seiner bisherigen Zeit auf Andragon Outrange 15 noch nie einen Mucks aus den Lautsprechern des TKRs gehört. Warum auch, dachte er sich. Es war absolut nichts um die Station herum, das ein Kom-Signal erzeugen konnte, wie auch die Oberflächen- und Geologieabteilung bestätigt hatte. Und Grummhyänen konnten nicht funken ...

      Das Geräusch, das er nun aufgrund der Entfernung zu den Lautsprechern nur sehr leise vernahm, machte ihn stutzig. Er wartete am Fuß der Leiter.

      Aber es kam nichts mehr.

      Hatte er sich nur verhört? Wahrscheinlich war es bloß ein Zyanidskorpion, der mit seinem Stachel gegen die Flarretglasscheibe kratzte und ihn ärgern wollte, dachte Kargan grimmig.

      Er wartete noch einige weitere Infidelis-Sekunden und ging dann zur Treppe in Richtung Werlands Büro.

      »Machen sie sich keinen Kopf«, murmelte Werland, nachdem Kargan ihn auf den Generator angesprochen hatte. Werland schien mit seinen Gedanken vielmehr bei dem Außeneinsatz zu sein. Er war über seinen Schreibtisch gebeugt und hatte seine Lesebrille aufgesetzt. Vor ihm lagen ein Script-Pad und einige Zettel, die er mit Falten auf der Stirn zu studieren schien.

      Kargan versuchte, seine Vermutung zu bekräftigen. »Sir, bei allem Respekt ... Ich denke nicht, dass die Situation erlaubt, einen derartigen Vorfall als irrelevant zu handhaben.«

      Werland sah auf. »Konkretisieren sie das.«

      »Ich spreche von Sabotage. Ich denke ... ich weiß, dass der Kabelstrang ...«

      Werland unterbrach ihn mit einem leicht gereizten Tonfall. »Saturon, ich verstehe nicht wo das Problem liegt. Soweit mir von Winston mitgeteilt wurde, handelt es sich unter gegebenen Umständen um einen schlichten Defekt im Generator. Er wurde repariert und der Generator funktioniert wieder. Wo liegt nun das Problem?«

      »Wie ich ihnen erklären wollte, kann so etwas nicht selbstständig durch den Defekt einer Maschine entstehen. Einen derartigen Schnitt kann man nur durch eigenhändigen Eingriff hervorrufen. Was ich damit sagen will ist: Ich will sie warnen, speziell auch bezüglich des Außeneinsatzes. Wir müssen damit rechnen, jemanden unter uns zu haben, der gegen uns arbeitet. Oder vielleicht sogar jemanden, der von außerhalb der Station ...«

      »Ich bitte sie, Saturon!« Werland ließ ein abergläubisches Lächeln aufblitzen. »Hören sie, was sie da sagen? Bitte zügeln sie ihren Verfolgungswahn.« Er beugte sich nach vorne und stützte sich mit den Ellenbogen auf den Schreibtisch. »Hören sie, Saturon. Der Einsatz hat oberste Priorität. Wir finden vielleicht etwas, das allen Andragon-Kantonen ein Gewinn ist! Wir haben jetzt keine Zeit uns über Nebensächlichkeiten wie einen defekten Generator zu sorgen. Die Energiemuster sind alles, was im Moment von Bedeutung ist!« Ein Leuchten ging von Werlands Augen aus, wie er es bereits im Besprechungsraum hatte aufblitzen lassen. Kargan fragte sich, ob das Leuchten ein Zeichen dafür war, dass etwas Unerforschtes entdeckt werden könnte, oder eher ein Zeichen dafür, dass Werland sich bereits im Geld und Ansehen schwimmen sah.

      »Ich wollte sie nur darauf hinweisen ... sie warnen«, sagte Kargan.

      Werland schürzte die Lippen. »Nun. Wenn ihnen so viel daran liegt, dann nutzen sie die Zeit unserer Abwesenheit, um der Sache genauer nachzugehen.

      Ja, das ist eine gute Idee.« Er lächelte, nahezu in Selbstverliebtheit. »Ich zähle auf sie Saturon! Wegtreten.« Er blickte wieder auf seine Zettel, die auf dem Schreibtisch lagen.

      Wir sind hier nicht beim Militär, Idiot, dachte Kargan wütend, drehte sich wortlos um und verschwand aus Werlands Büro.

      Zurück an seinem Arbeitsplatz justierte Kargan den Terra-Kom-Receiver.

      Er schraubte die Sensibilität des Empfängers nach oben und aktivierte einen Standard-Filter gegen Interferenzen.

      Es war nichts zu hören.

      Schließlich widmete sich Kargan wieder seiner gewohnten Arbeit.

      Als es 1040 Infidelis-Zeit war, entschied er sich zu den anderen zu gehen, um der Abreise des Außenteams beizuwohnen.

      Er kletterte die Leiter aus seinem Kom-Turm hinunter ins erste Stockwerk von Andragon Outrange und folgte dem Gang wie gewohnt zur Treppe ins Erdgeschoss. Dort konnte er bereits sehen, dass die große Schleuse, die den Haupteingang der Station bildete, offen stand. Einige Mitglieder des sechsköpfigen Außenteams gingen zügig aus der Schleuse ins Freie und setzten einige silberne rechteckige Behälter mit Ausrüstung ab. ‚Die Brille‘, die in Kargans Lachmuskulatur ein leichtes Zucken hervorrief, hastete gerade hektisch in die Station herein, an ihm vorbei und in Richtung Werlands Büro.

      Kargan bemerkte Anjiara, die Ärztin und Barg-Sa Gerents, die am Rand außerhalb der Station standen und sich mit Mario Winston unterhielten. Mario hatte einen dünnen Expeditionsanzug an und hielt eine Art Fernbedienung in seiner rechten Hand.

      Hinter ihnen war einer der fünf Meter hohen Betonblöcke zu sehen, die die Station umgaben. Er versperrte die Sicht auf die Rotsandwüste, schützte jedoch offensichtlich gegen den Wüstenwind. Der Wind setzte den blonden langen Haaren der Ärztin dennoch leicht zu und ließ sie um ihren Kopf wehen.

      Ihr Gesichtsausdruck ließ erkennen, dass sie im Grunde lieber in der Station anstatt davor stehen wollte.

      Kargan gesellte sich zu ihnen und nickte der Runde zu. Während die Ärztin ihn nur interessiert musterte und Anjiara ihm ein leichtes Lächeln schenkte, grunzte Barg-Sa Gerents belustigt auf. »Na so was. Unser kleiner Kargan ist auch hier um ‚winke, winke‘ zu machen! Dann pass jetzt mal auf. Mario, nun lass mal dein Haustierchen blicken!«

      Mario nickte grinsend und wandte sich an die anderen des Außenteams, die um den Berg an Ausrüstung standen oder hektisch herumschwirrten. »Also Leute, Vorsicht! Jetzt bleibt vom Rand da weg.« Er deutete an eine Stelle am Rand der Station, an der Kargan nun den Umriss einer breiten Schleuse erkennen konnte. Einige, darunter ‚Die Brille‘ und Katuzaki, drehten sich in die angesprochene Richtung und bewegten sich unsicher rückwärts davon fort.

      Mario aktivierte einen Knopf auf seiner Fernbedienung. Daraufhin schoss die Schleuse mit einem lauten Zischen auf und ein knarrendes Geräusch ertönte.

      Ein nebliger Dunst entwich aus der Schleuse und ein Vehikel, das etwa vier Meter hoch war, polterte daraus hervor.

      Kargan hatte so etwas noch nie gesehen, aber es musste sich um einen Crawler handeln.

      Das längliche schwarze Stahlgerüst erinnerte an den Körper eines Panzers.

      Anstelle von Reifen befanden sich daran auf jeder Seite drei dunkelgraue Stahlräder, die an ihren Extrema zu Schaufelformen gegossen waren. Am vorderen Teil zeichnete sich ein aufklappbares Fragment ab, unter dem Kargan das Cockpit vermutete. Die schaufelartigen Räder gruben sich in den Wüstenboden und schleuderten meterweit Sand und Staub in alle Richtungen, so dass die anderen des Außenteams ihre Hände zum Schutz nehmen mussten. Kurz vor einem der Betonblöcke kam das Gefährt zum Stehen.

      »Darf ich vorstellen: Das ist Crawley, der Crawler. Originell, nicht?« Mario lachte lauthals. Barg-Sa fiel grunzend mit ein. Auch Kargan konnte sich ein fasziniertes und spitzbübisches Grinsen nicht unterdrücken. Lediglich die beiden Frauen schienen wenig imponiert zu sein und hielten sich mit mürrischen Blicken die Hände vor das Gesicht, um den aufgewirbelten Staub abzuwehren.

      Mario betätigte einen weiteren Knopf auf der Fernbedienung, worauf sich Klappen auf beiden Seiten des Gefährts mit einem lauten, metallischen Geräusch öffneten.

      »Und ... Alle Mann einladen!« brüllte Mario, dessen Grinsen mehr an das eines Jungen unter dem Weihnachtsbaum erinnerte.

      Zögernd sahen die anderen Außenteammitglieder von Mario zum Crawler und vom Crawler wieder zu Mario, der immer noch strahlend und mit den Armen in die Hüften gestemmt dastand. Dann machten sie sich daran, die Ausrüstung einzuladen.

      Um Punkt 1049 Infidelis-Zeit erschien Werland und überprüfte die Ausrüstung auf Vollständigkeit sowie die Anwesenheit