Michael Schwingenschlögl

Märchenstunde


Скачать книгу

lässigen Symbol passen. Ein einfaches, aber einprägendes Symbol, genau wie der Name selbst.

      Trym trank viele Maß Met, um einen Geistesblitz zu empfangen, aber nichts wollte ihm einfallen. Und als er eines Abends einen Spaziergang im Garten seines Hofes tätigte, sah er ihn: Einen Falken, der elegant der roten untergehenden Sonne entgegenflog. Der Falke! Das war sein Symbol und in dem dämmernden Abendlicht erschien ihm der Greifvogel pechschwarz. „Die schwarzen Falken!“, dachte er sich. Außerdem erinnerte ihn der Falke an Khyrius, den Göttervogel, den Feuervogel, der einst mit seinen Flammen die Sonne entzündet hatte und somit für das Licht und die Wärme in dieser Welt verantwortlich war.

      „Warum nicht? Das mächtigste und heiligste Wesen unserer Geschichte ist ein Vogel, warum sollte ich meine nette Truppe nicht nach einem Vogel benennen? Immerhin bin ich ein mächtiger Mann und bald werde ich noch viel mächtiger sein. Vielleicht sogar so mächtig wie Khyrius! Außerdem wollen wir den größten Kaiser aller Zeiten stürzen.“

      Das Symbol dazu lag auf der Hand: Ein schwarzer Falke. Ein cooles Symbol, ein schwarzer Vogel kommt immer gut an. Da jetzt der Name und das Zeichen feststanden, ließ er passende Kleidungsstücke anfertigen. Jede Gruppe braucht eben auch eine einheitliche Kleidung. Eine Fußballmannschaft, die Feuerwehr, die Pfadfinder, der Ku-Klux-Klan, alle haben sie einheitliche Gewänder, die man sofort erkennt. Das brauchten die schwarzen Falken ebenfalls und Trym wurde sofort fündig: Eine grüne Kutte mit einem schwarzen Falken auf der Brust. Damit waren sie viel cooler als die Pfadfinder oder der Ku-Klux-Klan, die es beide aber damals natürlich noch nicht gab.

      Noch bevor sie ernsthaft Pläne schmieden konnten, traf die Nachricht von Quirins Tod ein. Trym war anfangs gar nicht erfreut darüber. Seine Truppe war noch viel zu klein und machtlos, denn viele Leute teilten zwar seine Meinung, aber nur wenige besaßen auch den Mut, sich tatsächlich den schwarzen Falken anzuschließen und sich gegen den Kaiser zu stellen. Die Arme war überall stark präsent und Hochverrat wurde zu jener Zeit mit Vierteilen bestraft, dieses Risiko wollten logischerweise nicht viele auf sich nehmen. Nur musste Trym jetzt handeln, es war eben die perfekte Gelegenheit. Der Freiherr von Siien und Anra wusste natürlich, dass Quintus den Thron beerben wird, und das schmeckte ihm überhaupt nicht. Das gesamte Imperium in den Händen eines Geistesgestörten, das hätte den Untergang für Ithrien bedeutet. Sie mussten schnell tätig werden und den Psychopathen noch vor seiner Krönung aus dem Weg räumen. Denn jeder Tag, an dem Quintus am Thron saß, war ein Tag zu viel. Hastig und ohne jegliche Vorbereitungen oder gar einen Plan, brachen sie in die weitentfernte Kaiserstadt auf. Nur knapp 150 Leute waren sie, viel zu Wenige für einen erfolgreichen Putsch, aber auch viel zu viel, um gemeinsam auf die Reise zu gehen und in späterer Folge in die Stadt einzumarschieren.

      Natürlich, stellt euch das doch einmal vor: 150 bewaffnete Männer und auch Frauen, denn Trym war wie gesagt sehr liberal, in grünen Kutten mit einem schwarzen Falken auf der Brust, ziehen durch die Lande. Dabei handelt es sich sicherlich nicht um den Hansi Hinterseer Wandertag, die müssen doch irgendetwas Böses im Schilde führen. Sofort hätten alle Alarm geschlagen und die Armee hätte ihr kleines Unterfangen in Windeseile zerschlagen. Daher reisten sie getrennt, im Verborgenen, ohne Waffen, nur einen Dolch am Gürtel, wie jeder Mann in Ithrien und vor allem auch ohne ihre schicke grüne Tracht. Mit der groben Keule hätten sie keine Chance gehabt, daher mussten sie die Kaiserstadt als ganz normale Bürger infiltrieren und im richtigen Moment heimlich zuschlagen. Ein Attentat im Stealth-Mode, wie ihr Bengel es sicherlich alle aus den „Assassin’s Creed“ Spielen kennt. Aber ihre Pläne wurden schon an den Toren der Kaiserstadt zunichtegemacht. Als Trym diese betreten wollte, kam der große Rückschlag. Unser Freund war selbstverständlich verkleidet, damit ihn niemand erkennen konnte, immerhin war er ein berühmter Mann, aber die Wache ließ ihn nicht hinein.

      „Die Kaiserstadt ist auf Geheiß des Kaisers in Spe bis auf weiteres abgeriegelt! Tretet sofort zurück!“, sprach einer der Wächter in einem ernsten Ton.

      Trym konnte nicht glauben, was er da hörte.

      „Wieso? Ich muss hinein. Meine Frau gebärt mir einen Jungen, ich muss zu ihr.“, antwortete er.

      „Ich wiederhole mich nur ungern, du jämmerlicher Wicht, niemand darf hinein! Weder Mensch noch Anderling, weder Mann noch Frau! Die Stadt ist abgeriegelt. Tretet auf der Stelle zurück, oder dein Weib darf ihren neuen Wurf gleich auf deine Beerdigung mitnehmen!“, fuhr ihn die Wache an.

      „So versteht mich doch, ich muss hinein!“, drängte Trym weiter.

      „Mein Schwert ist frisch geschliffen, du erbärmlicher Wurm! Es wartet nur darauf, durch dein Fleisch zu schneiden!“, meinte der gutgelaunte Wächter.

      Trym schüttelte seinen Kopf und sagte: „Was ist hier los? Nennt mir doch wenigstens den Grund, warum Ihr niemanden hineinlassen dürft.“

      Der Wachbeamte wurde laut: „Das geht dich nichts an, zurück mit dir!“

      Da müsste Trym jetzt ein wenig auf die Tränendrüse drücken: „Sagt mir den Grund, dann verschwinde ich. Ich lebe in dieser Stadt, meine Frau lebt in ihr und mein Sohn wird auch bald in ihr leben. Wenn sie in Gefahr sind, dann muss ich es wissen.“

      „Sorg dich nicht, du Missgeburt, deiner Familie wird nichts passieren. Es geht um den neuen Kaiser!“, bellte der muskulöse Wachhund.

      „Was ist mit ihm?“, fragte Trym vorsichtig.

      „Er wird morgen gekrönt und es gibt Wesen, die das unterbinden wollen. Mörder aus dem Westen streifen durch die Lande und wollen die Krönung verhindern. Schwarze Vögel, so spricht man. Das Leben vom künftigen Großkaiser ist in Gefahr, daher darf keine Seele diese Stadt bis auf weiteres betreten. Nun habe ich dir aber genug erzählt, du Wurm! Ich werde jetzt mein Schwert zücken und bis 3 zählen, wenn du dann noch immer hier bist, ramme ich es dir in deinen missratenen Kopf! Eins, Zwei…Zweieinhalb, ich meine es ernst! Zweidreiviertel, gleich spritzt mir dein Blut auf meine schöne Rüstung, dabei hat sie mein Weib erst poliert! Zwei Komma sieb…“

      „Schon gut, stecke dein Schwert zurück, ich verschwinde schon.“, zischte Trym.

      Trym war fassungslos. Woher wussten Quintus Männer von ihren Plänen? Im Prinzip gab es nur eine Antwort darauf und die schoss ihm auch sofort durch sein Gehirn: Ein Verräter! Ein verfluchter Verräter musste unter seinen Leuten verweilen. Wer war es bloß? Von nun an musste er verdammt vorsichtig agieren. Er wollte den anderen Mitgliedern seiner Bewegung noch nicht mitteilen, dass sich eine Ratte unter ihnen befand. In der Dämmerung traf er sich mit einigen seiner engsten Verbündeten auf einer Lichtung im Wald, um dort das weitere Vorgehen zu besprechen. Irgendwie mussten sie doch in Stadt gelangen. Unsicherheit plagte ihn, denn er wusste nicht mehr, wem er noch vertrauen konnte. Daher berief er auch nur jene sieben Männer zu dem netten und strenggeheimen Tratsch auf der Waldlichtung, von denen er felsenfest überzeugt war, dass sie keine verräterischen Kanalbewohner waren. Vorerst wollte er dieses Thema auch gar nicht ansprechen und den Unwissenden spielen, denn so erfährt man doch immer am meisten. Ehrlich gesagt war er mit der Situation auch ein bisschen überfordert und wusste nicht genau, wie er nun hier vorgehen sollte.

      „Werden noch Waren in die Stadt gelassen? Vielleicht können wir uns in Fässern oder Mehlsäcken hinein schmuggeln lassen.“, fragte Tyberius, der so etwas wie die rechte Hand von Trym war.

      „Nein, nicht einmal das. An das habe ich nämlich auch schon gedacht.“, antwortete der Freiherr von Siien und Anra.

      „Tunnel! Es gibt bestimmt geheime Tunnel!“, brachte sich ein anderer schwarzer Falke ein.

      „Das ist es! Erkundigt euch, aber unauffällig, denn…wartet! Was ist das?“, Trym fühlte sich plötzlich ziemlich unwohl und blickte hastig um sich.

      Plötzlich kamen ein paar Dutzend bewaffnete Männer aus dem Wald gesprungen und kesselten die Revoluzzer ein. Wehren konnten sie sich nicht viel, denn außer einem Dolch hatten sie keine Waffen bei sich und im Gegensatz zu den Angreifern, trugen sie keine Rüstung. Der Verräter schlug offensichtlich noch ein zweites Mal zu.

      Es kam dennoch zu einem Kampf und obwohl die Falken tapfere Krieger waren, sahen sich schnell ein, dass Wiederstand zwecklos war und