Michael Schwingenschlögl

Märchenstunde


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wir kommen in friedlicher Absicht, oder denkst du etwa, dass wir mit 12 Mann viel ausrichten können?“

      Gerfried traute ihnen noch nicht und musste immer wieder auf die pechschwarzen Rösser blicken, so starke Pferde kannte er gar nicht. Woher kamen diese vierbeinigen Maschinen und ihre Reiter her? Der Schmied brauchte einen Moment, dann antwortete er: „Naja unser Dorf ist nicht groß und die besten Krieger sind wir ehrlich gesagt auch nicht. Wer seid ihr eigentlich und was wollt ihr?“

      „Dürfen wir nähertreten? Dann müssen wir nicht so schreien und können uns ganz normal unterhalten. Sehet her, wir lassen unsere Schwerter bei den Pferden, nur wir drei werden zu euch kommen, die restlichen neun Männer verbleiben am Ross!“, hallte es von den Gestalten herüber.

      Unsicher und mit viel Zögern auf den Lippen, willigte Gerfried schließlich ein.

      Die drei Männer bewegten sich auf unsere Freunde aus Nebelscheid zu und flößten ihnen alleine mit ihrer Erscheinung gehörig Angst und Respekt ein. Menschen, aber gut einen Kopf größer als die Nebelscheider, sehr kräftig mit strengem Blick und in schwarze Kleider gehüllt. Anscheinend kannten sie keine Farben, alles an ihnen war schwarz. Ganz so sicher waren sich die tapferen Bewohner aus Nebelscheid nicht mehr, ob die Kerle nicht doch etwas Böses im Schilde führten.

      „Wo befindet sich der nächste Mann, der etwas zu sagen hat? Ein Fürst zum Beispiel.“, sprach der vorderste der drei Männer zu Gerfried.

      „In Rubinsheim, das ist aber viele Meilen von hier entfernt. Wenn ihr die ganze Nacht durchreitet, könnt ihr es vielleicht zur morgigen Mittagssonne erreichen.“, antwortete der zittrige Schmied vorsichtig und ergänzte: „Was wollt ihr von ihm?“

      „Ich danke Euch für diese Auskunft. Was wir wollen? Keine Sorge, unsere Absichten sind friedlich und werden euch allen einen Vorteil bringen. Wir wollen Handel. Der Winter dauert schon sehr lange, dort wo wir leben noch länger als hier bei euch. Wir sind ein großes Volk und unsere Nahrungsmittel gehen dem Ende zu, Hunger macht sich breit. Fleisch, Getreide, Gemüse und Früchte, das wollen wir hauptsächlich. Selbstverständlich werdet ihr auch gut dafür entlohnt werden. Unser Land ist reich an Schätzen, unglaublich reich, viel reicher, als ihr euch jemals erträumen könnt. Aber all das Gold, die Erze und die Edelsteine können wir nicht essen, daher suchen wir bei euch Hilfe. Die Winter bei uns sind lang und rau, Ackerbau ist nur gering und an wenigen Orten möglich und viele Viecher überstehen die eisigen Monate nicht.“

      Nun wussten Gerfried und seine Kumpanen Bescheid und brauchten sich nicht mehr zu fürchten. Endlich der Furcht entledigt, antwortete der nette Schmied: „Wir sind nur ein kleines Dorf, wir werden euren Hunger nicht stillen können, wir kommen ja selbst gerade so durch den Winter. Aber reitet wie gesagt nach Rubinsheim, der Fürst kann euch sicher weiterhelfen, allerdings muss auch der Kaiser damit einverstanden sein. Ich denke aber, dass unser Kaiser immer an einem guten Handel interessiert ist, vor allem wenn der Preis stimmt. Wo liegt denn euer Land überhaupt? Kommt ihr aus den Bergen?“

      Auf die letzten beiden Fragen gaben die drei Männer keine Antwort, es wirkte sogar so, als ob sie Gerfried damit ein wenig verärgert hatte. Ein ungutes Schweigen lag plötzlich zwischen dem Schmied und den fremden Gestalten in den schwarzen Kleidern. Einer von den unbekannten Reitern hob seinen Kopf und sah unseren Freund aus Nebelscheid mit großen, ernsten Augen an. Gerfried wurde ganz unwohl dabei, war seine Frage etwa nicht angebracht? Dann hob einer der Männer seine Hand und bewegte sie langsam auf Gerfried zu, dieser zuckte dabei ein wenig und er wurde immer ängstlicher.

      Seine Furcht war aber unbegründet, denn der mysteriöse Mann klopfte ihm nur leicht auf die Schulter und sprach in einem kalten Ton: „Vielen Dank.“

      Mehr nicht, dann drehten sie sich um, gingen zur ihren Rössern zurück und ritten der stockdunklen Nacht entgegen.

      „Seltsame Leute, hoffentlich haben wir keinen Blödsinn getan, hoffentlich tun sie unserem Fürsten nichts. Ganz koscher kamen mir die irgendwie nicht vor.“, war Martin sichtlich besorgt.

      Doch all die Sorgen waren unbegründet. Die Männer waren tatsächlich an einem Handel interessiert und als Kaiser Hieronymus von den Summen hörte, die die rätselhaften Reiter anboten, willigte er ohne zu zögern ein und bald wurde dieses unbekannte Land der wichtigste Handelspartner von Ithrien. Doch eine Sache änderte sich nie, in all der Zeit. Niemand wusste einen Namen, weder von dem Land noch von ihrem König und auch von keinem anderen Menschen, der von dort kam. Niemand war jemals dort, niemand wusste irgendetwas über dieses Volk, nicht einmal Hieronymus. Nur eins schien klar: Sie mussten in dem namenlosen Gebirge leben. Viele tausend Pfund Getreide, Gemüse, Fleisch und Früchte benötigten sie in den Wintermonaten, im Sommer etwas weniger. Kein Problem für Ithrien, denn dort gab es das alles in Hülle und Fülle. Vor allem in der Mitte des Landes, dort war die Landschaft flach, das Klima warm und die Böden fruchtbar. Das namenlose Land zahlte selbstverständlich auch verdammt gut, Gold, Erze, manchmal sogar prachtvolle Edelsteine, da wurden selbst die lieben Zwerglein eifersüchtig. Die ithrieschen Karren durften all die Lebensmittel aber nie in das Gebirge bringen. Der Austausch fand meist zig Meilen davor, in der kargen Öde statt, ab und zu auch in Ithrien selbst.

      „Der namenlose König erlaube nicht, dass man sein Gebirge betrete“, so hieß es. Und das störte auch keinen, denn so waren die Wege kürzer.

      Ihr könnt euch sicherlich vorstellen, dass bei so einem mysteriösen Handelspartner bald alle möglichen Gerüchte die Runde machten und manch einer traute dem Volk aus den Bergen nicht.

      „Ach, sie zahlen gut und das seit Jahren, sieh dir doch an, was wir mit ihrem Gold für einen Aufschwung bekommen haben! Sie haben eben Hunger, die Berge dort sind hoch, viel höher als bei uns und bitterkalt ist es dort sicher auch, die können dort kaum Erbsen, Hafer und Roggen anbauen. Wir haben genug davon und ein bisschen Gold schadet nie. Langjährige Partner, über die ich kein schlechtes Wort verlieren vermag.“, sprach Kaiser Hieronymus zur seiner rechten Hand, Yaldralad, ein elfischer Magier, der Hofmagier des Kaisers und mittlerweile auch sein bester Freund.

      „Du kannst kein schlechtes Wort über sie verlieren, weil du nichts über sie weißt. Was wissen wir von ihnen? Nichts! Sie brauchen Nahrung, viel Nahrung und zahlen gut. Und sonst? Wir wissen nicht einmal einen Namen. Wie viele sind es überhaupt? Wie groß ist ihr Reich? Wer ist dessen König? Ist er friedlich oder so ein bösartiger Quirin? Was sind seine Absichten?“, antwortete Yaldralad ein wenig besorgt.

      „Als du dir vor zwei Wochen eine neue Kutsche gekauft hast, hast du aber nicht danach gefragt von wem das Geld dafür stammte, oder Yaldralad? Die Kutsche haben sie dir finanziert und auch die kleinen Smaragde an deren Felgen. Innenausstattung aus feinstem Ziegenleder, wie du mir erzählt hast. Und deine Frau? Hast du ihr nicht eine Saphirkette zu ihrem Geburtstag geschenkt? Woher stammte wohl das Geld dafür?“, meinte Hieronymus.

      „Der Saphir ist nicht echt, die feine Dame verliert doch immer alles! Glaubst du etwa, ich reise extra zu den Zwergen, lass einen Haufen Nobel bei ihnen, nur damit die werte Frau Gemahlin ihren Glitzerstein in ihrem Rausch, den sie bei ihrem nächsten Damenkränzchen haben wird, verliert?

      Ich meine nur, dass wir vorsichtig sein und nicht einfach blindlings jedem trauen sollten. Hast du die Menschen von dort schon einmal gesehen? Sieh sie dir doch an, das sind keine normalen Menschen, das sind Krieger. Krieger, die große Schlachten geschlagen haben, tapfer und mit stählerner Härte, ihre Augen erzählen das.“, war Yaldralad weiterhin misstrauisch.

      Kaiser Hieronymus schüttelte nur den Kopf und meinte: „Sie zahlen gut, Yaldralad, sie zahlen gut. Wer gut zahlt, kann kein schlechter Mensch sein.“

      Und Hieronymus sollte recht behalten. In all den vielen Jahren, die vergingen, gab es kein einziges Problem mit dem namenlosen Volk. Mysteriös blieben sie allerdings immer.

      Von alten Männern und der Kaiserstadt

      So liebe Freunde, wer jetzt einmal eine rauchen will, soll das jetzt tun, denn unsere Vorgeschichte ist im Prinzip hiermit endlich zu Ende. Wie gesagt, es war im Prinzip keine Vorgeschichte, sie ist ein Teil einer großen Geschichte. Nehmt euch ruhig die Auszeit und