Gerd Grimm

Die gestiefelte Mütze


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auch wenn es noch so gut duftet!

      - Wenn ihr irgendwo eine Erbse liegen seht, lasst sie liegen, es gibt genügend andere Lebensmittel

      - Haltet euch nur so lange wie unbedingt nötig in geschlossenen Räumen auf.

      Das ist alles, was der Rat an Sofortmaßnahmen vorschlagen kann.

      Allerdings hat der Rat beschlossen, längerfristig etwas gegen die Heimtücke der Menschen zu unternehmen.“

      Mit diesen Worten trat er ab und machte einem jüngeren, als ungestüm bekannten, Ratsmitglied Platz.

      „Mitmäusinnen und Mitmäuse“, rief der jüngere mit lauter, hasserfüllter Stimme.

      „Ich frage euch in aller Offenheit und ich erwarte von euch eine ehrliche Antwort. Wollen wir uns das bieten lassen? Wollen wir uns niedermeucheln lassen von denen, die unwürdig sind uns den Käse zu reichen? Ihre primitiven Fallen haben wir lange durchschaut und jeder Säugling weiß heute, wie man an den Käse kommt, ohne dass die Falle zuschnappt.

      Freunde!

      Sie sind mit ihrer Weisheit am Ende, deshalb setzen sie Gift ein.

      Ich frage euch:

      WAS HABEN WIR IHNEN GETAN?“

      Rufe: „Nichts!“

      „Sind nicht wir es, die ihren Müll wegräumen?

      Was macht sie so arrogant? Haben sie eine höhere Daseinsberechtigung als wir? Wer gibt ihnen das Recht tausende und abertausende von uns grausam zu ermorden?“

      Rufe : „NIEMAND!“

      „Freunde - wollt ihr von Menschenhand vergiftet in irgendeinem Loch verenden?“

      „NEIN!“

      „Dann frage ich euch noch einmal: WOLLEN WIR UNS DAS BIETEN LASSEN?“

      „NEIIIIIN“, erscholl es aus der Menge.

      „Freunde -Mitmäusinnen und Mitmäuse, dann erkläre ich euch hiermit, dass wir eine Gegenoffensive starten werden.

      SEID IHR DAMIT EINVERSTANDEN?“

      „JAAAAA!“

      „Wollt ihr sie vernichten?“

      „JAAAAA!“

      „Wollen wir uns ihnen in den Weg werfen, wo immer wir können?“

      „JAAAA!“

      „Dann erkläre ich hiermit feierlich“, er hob die rechte Vorderpfote, „dass wir dem Feind Mensch wacker ins Auge sehen werden und ihn schlagen werden, wann immer es in unseren Kräften steht.“

      Er streckte die Pfote schräg nach vorne und rief:

      „HEIL UNSEREM SIEG!

      HEIL DEM FRIEDEN UND DER FREIHEIT ALLER GESCHÖPFE UNTER DER SONNE!

      UNTERGANG JENEN MENSCHEN, DIE UNS MIT GIFT BOMBARDIEREN!

      DENN WISSET, NICHT ALLE MENSCHEN SIND SCHLECHT.

      HEIL UNS MÄUSEN!

      HEIL!

      HEIL!

      HEIL!“

      Alle versammelten Mäuse hoben die rechten Vorderpfoten, streckten sie schräg nach vorne und brüllten ebenfalls:

      „HEIL UNS MÄUSEN!

      HEIL!

      HEIL!

      HEIL!“

      Das junge, etwas ungestüme Ratsmitglied winkte noch einmal zum Gruß und trat zackig ab.

      Man konnte den frischen Mut förmlich in den Gesichtern sehen.

      Alle Versammelten wirkten fröhlicher und freier, ja fast glücklich. Für den Moment war die Gefahr vergessen. Ein anderer Sprecher trat auf und hatte Mühe, sich Gehör zu verschaffen. Alles plapperte wild durcheinander.

      Endlich wurde es wieder still und er begann zu sprechen.

      „Freunde, es ist schon viel gesagt worden. Wir haben beschlossen gegen die Menschen zu ziehen und uns nicht alles bieten zu lassen.

      Habt ihr euch auch darüber Gedanken gemacht, wie wir das anstellen wollen?

      Hat auch nur einer von euch einen Vorschlag zu machen, wie wir die Menschen dazu bewegen können, kein Gift mehr zu streuen?

      Denn über eines müssen wir uns im Klaren sein.

      Wir können genauso wenig ohne die Menschen leben, wie sie ohne uns.“

      „BUHHHHH“

      Der Sprecher ließ sich von den unflätigen Zwischenrufen einiger aufgebrachter Jungmäuse nicht aus der Ruhe bringen.

      „Ja, es ist wahr. In unserer heutigen modernen Zivilisation können wir es uns nicht erlauben, einen Krieg mit den Menschen anzufangen. Wir brauchen sie und ihre Vorräte, und sie brauchen uns, um ihren Unrat zu beseitigen.“

      „BUUHHH“

      „Seht euch doch an. Seht euch alle genau an. Wie sehen eure Bäuche aus. Sind sie prall und rund, oder habt ihr Hunger?“

      Stille.

      „Ja, ihr habt hundsgemeinen Hunger. Deswegen dürfen wir nicht übereilt an die Sache herangehen. Kampf gegen den Hochmut der Menschen. Alles schön und gut, aber alles zu seiner Zeit. Im Augenblick ist es für uns wichtiger, ihre Fallen zu erkennen und große Vorräte an Lebensmitteln anzulegen. Keine Maus ist mit leerem Magen mutiger als mit vollem. Seid klug und erkennt die Fallen der Menschen.

      Das ist alles, was ich zu sagen habe.“

      Die Mäuse waren nachdenklicher geworden. Aber sie hatten keine Zeit lange über die Worte zu sinnieren, denn schon stand der nächste und letzte Redner auf der Bühne.

      „MÄUSE!“; brüllte er mit scharfer Stimme, so dass viele unwillkürlich den Kopf einzogen.

      „Ihr habt Reden gehört, habt in eurem Übermut einen Beschluss gefasst, und seid dann nachdenklich geworden.

      Mit elf Stimmen gegen eine, die den sofortigen Krieg wollte, hat der Rat folgendes beschlossen.

      Wir wollen die Menschen dazu zwingen, dass sie uns als gleichberechtigte Geschöpfe unter der Sonne ansehen. Dazu brauchen wir Wissen, denn nicht zuletzt heißt es: Wissen ist Macht.

      Wir müssen ihre Wissenschaften erlernen, um neben ihnen bestehen zu können. Erst wenn wir die wichtigsten Gebiete ihrer Lehren gründlich studiert haben, wird es uns möglich sein, einen Krieg mit ihnen zu beginnen.

      Freunde, im Vergleich zu ihnen sind wir schwach. Körperlich zumindest. Doch unser Wille ist stark.

      Der Rat hat beschlossen, fünf Mäuse aus unserer Mitte auszuwählen und sie auf eine weite Reise in ihre wissenschaftlichen Zentren zu schicken.

      Fünf Mäuse für ihre fünf wichtigsten Wissenschaften.

      Eine Maus soll in die Politik gehen, und alle Tricks und Schliche erlernen, die man kennen muss, um sämtliche Mäuse der Region zu einer schlagkräftigen Truppe zusammen zu schließen.

      Eine Maus in die Medizin, um unsere Verwundeten und Kranken zu heilen.

      Eine in die Technik, um ihre wunderbaren Maschinen zu verstehen.

      Eine in die Wirtschaft, um ihren Handel zu begreifen, und eine soll zum Militär gehen, um die Taktik der modernen Kriegsführung zu ergründen, damit wir schon im Voraus wissen, was der Gegner plant.

      Sobald die fünf der Meinung sind, dass sie alles Wesentliche gelernt haben, sollen sie zurückkehren und alle anderen mit ihrem Wissen unterrichten.

      Dann meine Freunde, erst dann sind wir bereit.

      Dann können wir den Kampf beginnen und dann-

      WERDEN WIR AUCH SIEGEN!“