Norbert F. Schaaf

Afghanistan Dragon


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unglaubliches Land“, seufzte Skinney, „ich habe bereits Leibschmerzen von all dieser Romantik... Woher kennen Sie eigentlich diesen Banshef?“

      „Wie kommen Sie auf Banshef? Nun, ein glücklicher Zufall. Wie Sie sich vielleicht noch erinnern... Aber nein, Sie waren damals bereits versetzt worden wegen allzu eifrigen Einsatzes im Kampf gegen...“

      „Mister Oates, Sir“, unterbrach Skinney mit sanfter Stimme, „wie oft soll ich Ihnen noch sagen, dass ich Opfer meines Berufes wurde. Ich hatte den schwersten Teil dieser Mission auf mich genommen, die Bekehrung der schwarzen Schafe. Und um die Wölfe zum Grasgenuss zu bekehren, muss man vor allem mit ihnen heulen. Ich aber konnte eben nur dann heulen, wenn ich etwas getrunken hatte.“

      „Und wie war die Geschichte in Corpus Christi, Texas, Euer Merkwürden, als man einen gewissen Nicolas Freeman Skinney in ein Teerfass stecken wollte, weil er im heiligen Eifer seiner Tätigkeit irrtümlicherweise einen falschen Scheck ausgegeben, gutes Geld eingenommen und dann noch ein Schäfchen seiner Gemeinde zu verführen versucht hatte?“

      „Lassen wir das, Oates“, stöhnte Skinney und erhob beschwörend die Hände, um sie, mit einer überraschend schnellen und plötzlichen Bewegung, als geballte Fäuste dem grinsenden Oates unter die Nase zu halten. „Falls Sie sich erinnern wollen, hatten diese Fäuste...“

      „...vor vielen Jahren einmal in New Orleans die Mittelgewichtsklasse für die Südstaaten gewonnen, ich kenne Ihre Akte“, nahm ihm Oates beschwichtigend das Wort aus dem Mund und drückte Skinneys Fäuste herunter. „Zurück zu unserer dringlichsten Aufgabe...“

      „Wollen Sie eine Jeepkolonne gegen die Kamelkarawane ausrüsten?“

      „Quatsch, Skinney, uns wird ein einziger Chinook ausreichen.“

      „Solange es nur über Pässe unterhalb fünftausend Metern geht...“

      „Das wird es, Skinney, das wird es. Und wenn es sein muss, suchen wir ein Zwischenlager und fliegen zweimal...“ Oates lachte flüchtig auf. Ein trockenes, unpersönliches Lachen.

      „Sie haben leicht lachen, Oates“, sagte mit sanftem Augenaufschlag der dickliche Skinney. „Sie kennen sich in diesem Land aus, vertragen die Hitze und die Kälte, verstehen die Sprachen, während ich eigentlich Spezialist bin für Lateinamerika und zudem...“

      „Hätten Sie nicht anlässlich der letzten Nicaraguarevolution versucht, auch für eigene Rechnung zu arbeiten, dann wären Sie nicht hierher abkommandiert worden“, versetzte Oates. „Unsere hiesigen Aktionen hängen von der politischen Konstellation der allernächsten Zeit ab. Und übrigens auch von ein paar grundlegenden Besprechungen.“

      „Alles gut und schön, Bruder Abraham, sorry, Mister Oates, es war nur so, dass man etwas vergessen hat, als man mich herschickte, eine Kleinigkeit nur, doch immerhin etwas, das mich zumindest interessiert.“

      „Und zwar?“

      „Man hat vergessen, mich zu informieren, worum es geht. Mir wurde zwar gesagt, dass ich nähere Weisungen von Ihnen bekommen werde, jedoch...“

      „Ich verstehe durchaus – nun ja, offiziell, sozusagen von ganz oben herab, hat man Agenten tatsächlich nicht zu informieren. Nicht aus Misstrauen, sondern – nun ja, sagen wir, weil dies in den Aufgabenkreis des Hauptagenten der jeweiligen Region gehört, der genau weiß, wie viel er zu sagen und wie viel er zu verschweigen hat. Nach dem Sinn und Zweck zu fragen, ist eigentlich nicht unsere Sache, da wir ja nicht die hohe Politik machen, sondern nur sozusagen als Spezialisten für den Felddienst hergeschickt wurden. Ich kann Ihnen immerhin folgendes sagen: Unsere Tätigkeit hier beruht auf zwei Tatsachen. Tatsache eins: dass gewisse Kreise daran interessiert sind, in diesem Land einen politischen Wechsel zu verhindern, und Faktum Nummer zwei: dass der Wind vom Norden her Ölgeruch mit sich bringt und...“

      „Das können wir doch nicht verhindern“, unterbrach Skinney.

      „Nein, wozu auch? Im Gegenteil. Um was es geht, ist einfach, alles aus dem Weg zu schaffen, was den Wind veranlassen könnte, eine andere Richtung einzuschlagen.“

      „Wie Schah Massoud“, sagte der andere, nachdenklich sich den Kopf kratzend, „da dämmert sich mir einiges auf...“

      „Na, also“, rief Oates aufgeräumt. Er wandte sich zum Gehen, hielt aber in der Tür inne. „Beinahe hätte ich´s vergessen: Haben Sie das Handy des Schweizers?“

      „Klar“, antwortete Skinney, „man hat es ihm am Eingang unauffällig aus der Jackettasche gezogen.“

      „Und?“ fragte Oates mürrisch. „Ist was Interessantes drauf?“

      „Nichts, was der Rede wert wäre. Und der Kerl hat noch nicht ein Foto gemacht, seit er hier angekommen ist.“

      „Was sitzen Sie hier noch rum, Mann, es gibt viel zu tun. Packen Sie´s an...“

      7

      Der Heli UH-1 wurde in Faïzabad aufgetankt, während die beiden Piloten im Restaurant des Airports ihre Steaks aßen. Sie waren von dem für die internationalen Militärmaschinen reservierten Teil des Flugfeldes, ganz am Ende der Piste, mit einem Jeep gekommen. Steve Parker und Kevin Stamp kannten sich in Faïzabad aus. Für gewöhnlich bestellten sie ihr Mittagessen bereits, wenn sie auf halbem Weg zwischen Kabul und diesem letzten Zivilflughafen im Norden waren. Im Turm von Faïzabad saß fast immer neben den einheimischen Lotsen ein US-Amerikaner, der für die Maschinen der Air America zuständig war. Sobald er den Funkspruch von Parker und Stamp bekam, rief er im Restaurant an und teilte dem Koch mit, was die beiden zu speisen wünschten.

      Sie beflogen diese Route seit etwa zwei Jahren. Manchmal kamen sie jede Woche, dann wieder gab es längere Pausen, doch sie blieben nie für mehr als einen Monat aus. Außer ihrem alten UH-1 Iroquois, mit dem Kosename `Teppichklopfer´ bezeichnet, gab es andere Maschinen der Air America, der in Faïzabad zwischenlandende große CH-47D Chinook mit seinem Tandem-Rotorsystem und der UH-60 Black Hawk, doch gelegentlich auch eins der schnellen, feinen Bell 222 `Triple Two´, in denen höhere Offiziere reisten oder spezielle Kommandos, die nur aus wenigen Männern bestanden.

      Die Air America, jene seltsame Fluggesellschaft, die in keinem Register aufgeführt war und deren Maschinen, stumpfgrau gespritzt, ohne Hoheitsabzeichen seit Jahren überall dort in Asien auftauchten, wo die CIA ihre Hand im Spiel hatte, war in Faïzabad wohlbekannt. Hier war das Sprungbrett zu den verschiedenen Verbündeten der CIA, die ihre Stützpunkte in den Bergen hatten, in Afghanistan, aber auch in Tadschikistan oder weiter westlich, in Usbekistan. Die amerikanischen Piloten versorgten sie mit allem, was sie brauchten, mit Waffen und Munition, Reis und Fleischkonserven, mit Funkgeräten und Penicillin. Air America war für jede Art des Lufttransportes verantwortlich in Gegenden, in denen die CIA operierte. Zuweilen beförderte sie das Privatgepäck eines dozd-Generals oder dessen Geliebte, aber auch schweigsame einzelne Männer, die sich monatelang in einer Schule der Agentur in Afghanistan aufgehalten und dort gelernt hatten, wie man Minen legte, wie man die automatische Anlage eines Funkleitgerätes bediente, wie man einen gut bewachten Politiker tötete oder auf welche Weise man ein Gebäude in die Luft sprengte.

      Parker und Stamp flogen seit Beginn des Irakkrieges für die Agentur. Sie hatten Aufgaben im Irak erfüllt, während der US-amerikanische Krieg dort tobte und die sich anschließende Besatzerzeit. Seit geraumer Zeit waren sie zu Mr. Oates kommandiert worden. In den nächsten zwölf Monaten würde ihre Dienstzeit in Übersee beendet sein, und sie würden in die Vereinigten Staaten zurückkehren. Sie hatten die Wahl, auszuscheiden oder weiter im Dienst der Agentur zu verbleiben. Die Chancen waren in den Vereinigten Staaten nicht mehr so gut wie hier. Dort würde sich der Verdienst auf das reduzieren, was die Agentur zahlte. Hier jedoch gab es neben dem, was auf ihre Bankkonten überwiesen wurde, die Möglichkeit zu Geschäften verschiedener Art, von denen ein einziges manchmal so viel einbrachte wie mehrere Jahre Dienstzeit zusammen.

      „Die Armor Boys von Blackwater haben mir wieder ein Angebot gemacht“, erzählte Parker. „Und ganz schön was draufgepackt.“

      „Ich würd´ die Finger von lassen“, versetzte Stamp. „Erstens trägst du bei denen dein Blut permanent