Werner Sauter

Kompetenzentwicklung im Netz


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Etablierung eines Rollensystems ebenso offensichtlich, wie bei der Herstellung einer entsprechenden „Hackordnung“. Vor allem bei soziometrischen Darstellungen der Gruppenstruktur und ihres emotionalen Beziehungsgeflechts wird es offen gelegt. Kontakt- und Distanzhaltung zu Kommunikationspartnern stellen Indizien für eine nonverbale Wertkommunikation dar. Generell sind alle Lernprozesse in Gruppen vom Wandel emotional – motivationaler Faktoren wie Identifikation, Aktivierung, Belohnung und Erfolgserwartung begleitet, wie es Banduras Theorie des sozialen Lernens abbildet. [5] Auf je eigene Weise thematisieren Eugene Gendlins „Focusing“ [6] , Fritz Perls „Gestalttherapie“ [7] sowie Ruth Cohns Modell der „Themenzentrierten Interaktion“ das emotional-motivationale Umlernen und damit grundlegende Aspekte der Kompetenzentwicklung. [8]

      (γ) In der beendigenden Abschlussphase, in welcher Fähigkeit, Wille und Bereitschaft, alte Wert- und Persönlichkeitsstrukturen zu verändern, voll ausgeprägt sind und die Gruppe neue Handlungs- und Arbeitsmöglichkeiten erreicht hat, löst sich die starke emotionale Beteiligung ein wenig auf. Zugleich haben sich Formen des Zusammenarbeitens herausgebildet, die oft weiter existieren, selbst wenn sich die Gruppe formell aufgelöst hat. Wichtig ist hierbei der Übergang in neue Alltagssituationen, in denen die neu erworbenen Werte und Kompetenzen positiv bekräftigt und damit weiter stabilisiert werden. Der Transfer aus der Gruppen- in die Alltagssituation ist entscheidend dafür, ob die interiorisierten Werte bestehen bleiben oder anderen, wirkungsmächtigeren Platz machen.

      2.2.8 Wertaneignung im Vergleich

      Nach den aus den Bereichen Emotions- und Motivationspsychologie, Psychotherapie und Gruppendynamik stammenden Einsichten lassen sich Interiorisations- und Exteriorisationsprozesse von Werten sehr konsistent modellieren. Wir betrachten dazu noch einmal die Phasen von Lacoursiere und verkürzen diese in Bezug auf das Interiorisations-/Exteriorisationsproblem.

Folie12

      Abb. 12 Interiorisations- und Exteriorisationsprozesse von Werten nach Lacoursiere

       Orientierungsphase 1: Ausgangspunkt jedes Wertaneignungsprozesses ist eine in dieser Phase wahrgenommene, aus äußeren sachlichen und sozialen Bedingungen resultierende, nicht restlos kognitiv auflösbare Entscheidungssituation. Derartige Entscheidungssituationen kann man als Konflikte bezeichnen. Die überhaupt möglichen Konflikte lassen sich klassifizieren als:

      1) Gegenstandskonflikte, beim Handeln an oder mit geistigen Anforderungen, mit Problemlösen oder materiellen Gegenständen, u.a.in Arbeitsprozessen,

      2) Partnerkonflikte mit einzelnen Partnern, ob Ehepartner, Freunde, Kinder oder Kollegen.

      3) Gruppenkonflikte in oder mit privaten Gruppen oder in Arbeitsteams sowie informellen Gruppen.

      4) Sozialkonflikte in oder mit größeren, sozial strukturierten Menschengruppen wie Vereinen, Parteien oder der Öffentlichkeit.

       Orientierungsphase 2: Konflikte und Probleme werden tiefer gehend als Widersprüche in eigenen Wahrnehmungen, Urteilsbildungen, im Lernen, Kommunizieren, Denken, Problemlösen wahrgenommen und erfordern letztlich zu ihrer Lösung ein Handeln auf physischer, psychisch-geistiger und kommunikativer Ebene.

       Unzufriedenheitsphase: Diese Widersprüche führen zu psychischer Labilisierung und Instabilität des inneren Zustands durch Ungewißheit [1] , zu kognitiver Dissonanz [2] und zu einem inneren Widerspruch [3] .. Es ist generell darauf hinzuweisen, dass emotional – motivationale „Umlernprozesse“ eher selten mit Zufriedenheits- oder Glücksgefühlen gekoppelt sind. Echtes Lernen, wirkliche Kompetenzentwicklungen sind aufgrund der notwendigen Dissonanzen bzw. Labilisierungen in der Regel mit Gefühlen von Unzufriedenheit, zuweilen auch Angst verbunden. Eine Abmilderung der Konflikte würde die Tiefe der emotionalen Wertinteriorisation verringern und ist deshalb stets neu zu überdenken.

       Lösungsphase 1 Durch Konflikte werden vorhandene Emotionen und Motivationen aktiviert oder entstehen neu . Emotionen und Motivationen sind Wertungen des konkreten Individuums - unabhängig davon, ob sie in Sprachform (als inneres Sprechen oder als Äußerung) umgesetzt sind oder nicht. Emotionen und Motivationen können gespeichert werden. Forschungen zum Verhältnis von Emotion und Gedächtnis stellen eine Frontlinie gegenwärtiger Forschungen dar. Es ist ziemlich klar, dass kognitive Inhalte stets mit emotionalen “Gewichten” versehen abgespeichert werden und dass mit dem Aufruf bestimmter Kognitionen auch der zugehörige emotional - motivationale Wertungsgehalt aufgerufen wird.

       Lösungsphase 2 Die Änderung oder Entstehung neuer emotional - motivationaler Wertungen, erfolgt in der Regel als selbstorganisativer Prozess, angestoßen durch die Aktivierung infolge praktisch auftretender oder intendierter, etwa in pädagogischen oder in therapeutischen Prozessen, gesetzter Konflikte.

       Produktivphase Probeweise adaptierte oder kreativ neu entstandene Wertungen werden im kommunikativen und physischen Handeln wirksam. Die Kommunikation von Werten, wie sie im kommunikativen Handeln vor sich geht, ist ihrerseits Gegenstand breiter psychologischer, aber auch kommunikationstheoretischer und literaturwissenschaftlicher Erörterungen.

       Beendigungsphase Die Resultate beider Prozesse, des kommunikativen wie des physischen Handelns, können ihrerseits wieder vom Individuum bewertet werden, rufen entweder neue Konflikte hervor oder werden als Lösung der ursprünglichen Konfliktsituation erlebt. Im ersten Fall existiert dann wiederum die Ausgangssituation mit geänderten kognitiven und wertenden Bedingungen, im zweiten Fall werden die adaptierten oder neu entstandenen Werte als - vorläufig - adäquat gespeichert.

      In unserer Sicht sind die am individuellen Wertwandel beteiligten psychischen Prozesse auf drei große, durch die allgemeine Psychologie tiefgründig bearbeitete Felder konzentriert:

       Konfliktsetzung, ‑wahrnehmung und –bearbeitung,

       Entstehung, Speicherung und Veränderung von Emotionen und Motivationen,

       Nichtverbale und verbale Kommunikation von Werten, eingeschlossen Emotionen und

       Motivationen als Werte des konkreten Individuums.

      Aus unserer Zusammenfassung ergeben sich für jedes Verfahren, das