- gewonnen werden und dass entsprechend unterschiedliche Labilisierungsmechanismen und Labilisierungsquellen für das emotional – motivationale Lernen wie “Fehllernen” verantwortlich gemacht werden können (Sexualität / elementares Triebgeschehen, kulturelle Adaptation, soziale Adaptation, instrumentelles und kommunikatives Handeln). Das schlägt sich in sehr unterschiedliche Theorien über die Ursachen psychischer Störungen und in entsprechenden Psychotherapieverfahren nieder.
Zu (B):
Die Labilisierung erweist sich auch hier als das zentrale Wirkmoment jedes Psychotherapieverfahrens. [13] Entsprechend vielfältig sind die angewandten Methoden der bewussten emotional-motivationalen Setzung von Konflikten. So können Gegenstandskonflikte (z.B. Konfrontation mit emotional stark, z.B. aversiv bewerteten Objekten), Instanzenkonflikte (z.B. Simulation konfliktgeladener Sozialstrukturen) und vor allem Kommunikationskonflikte gesetzt werden. Kommunikationskonflikte sind alsinterne Konflikte (Zwiesprache mit der Erinnerung, Übertragungseffekte), Partnerkonflikte (vornehmlich mit dem Therapeuten), Gruppenkonflikte (etwa in Therapiegruppen) und medial vermittelte Konflikte (z.B. in Musik-, Mal-, Bibliotherapie) möglich, wobei diese Formen vielfältig ineinander laufen. Alle solche Konfliktformen sind auch außerhalb des therapeutischen Bezugs wertsetzend und kompetenzverändernd! Eines der entscheidenden Ergebnisse moderner Psychotherapie – Wirkungsforschung scheint uns die Einsicht, dass Psychotherapieverfahren umso wirksamer sind, je stärker die entsprechende Labilisierung greift. [14]
Zu (C) und (D):
Das “Aufbrechen” und neues Zusammenwirken von wertend qualifizierendem Emotionssystem und quantifizierendem Kognitionssystem ist nach der Labilisierung eine weitere Stufe jedes emotional - motivationalen Lernens. Dazu existiert eine umfangreiche Literatur. Unterschiedlichen Annahmen über die “Mechanismen” emotional - motivationalen Lernens sind mit unterschiedlichen Methoden der Psychotherapie verknüpft. Sie lassen sich nicht einmal andeutungsweise aufzählen. Stattdessen sind zwei grundlegende Unterschiede anzusprechen.
Zum einen unterscheiden sich die Annahmen über die zugrundeliegenden psychophysischen Strukturen. Dass wertend qualifizierendes Emotionssystem und quantifizierendes Kognitionssystem existieren und sich funktionell unterscheiden, unterliegt kaum Zweifeln. Wie diese Systeme aber realisiert sind, ist Gegenstand von Forschung und Diskussion. Insbesondere wird gefragt: Sind die unterschiedlichen “Schichtenstrukturen”, die in psychotherapeutischen Theorien, Motivations‑ und Persönlichkeitstheorien postuliert werden (von den unterschiedlichsten “Motivationsfaktoren” und “Bedürfnishierarchien” bis zu den Topologien Freuds und seiner Nachfolger, das Unbewusste eingeschlossen) wirklich “hardwaremäßig” realisiert? Oder stellen sie eher Metaphern unaufschließbarer psychischer Komplexität dar? “Mechanische” Ansätze neigen zur ersteren, selbstorganisative zur letzteren Erklärungsart.
Zum anderen, und damit verbunden, spielt eine entscheidende Rolle, ob psychische Prozesse eher “mechanisch” oder eher selbstorganisativ erklärt werden [15] Es handelt sich in beiden Fällen um kausale Erklärungen - jedoch mit sehr unterschiedlichen Erwartungen an Prozessverlauf und Erklärungsanspruch. [16] Die Annahme von Akausalität würde jede gezielte Therapie schlicht unmöglich machen und keinerlei Kriterium von Wissenschaftlichkeit genügen. [17] Bei der ersten Erklärungsart wird bei definiertem, punktuell labilisierendem Setting und näher zu erforschenden (“intervenierenden”) Variablen des therapierten Individuums ein zumindest statistisch klar beschreibbarer Erfolgs - Output erwartet. Das ist der an behavioristische Erklärungsmuster anknüpfende - und fraglos sehr erfolgreiche - Weg von verhaltenstherapeutischen Ansätzen. Bei der letzten Erklärungsart wird die psychische Komplexität des Individuums, seine Ganzheit - das Selbst - in den Vordergrund gerückt. Die Labilisierung trifft seine ganze psychische Komplexität, oder doch hinreichend komplexe Teilbereiche, um die ausgelösten Prozesse mit dem Instrumentarium der Selbstorganisationstheorie zu beschreiben. Solche Ansätze erweisen sich gerade in letzter Zeit als zunehmend erfolgreich. [18] Das Ergebnis sind im Erfolgsfall intendierte psychische Veränderungen des Selbst, der Persönlichkeit und ihrer nachhaltigen erlebnisbedingten Störungen von Person - Umwelt - Beziehungen mit Krankheitswert.
Nicht nur in der Physik, auch in anderen Disziplinen ist der Theorien - Übergang “vom Sein zum Werden” [19] und mit ihm von einfacheren dynamischen Ursache - Wirkungs- zu komplexen Selbstorganisationsbeziehungen zu registrieren. Die einfachen Ansätze erweisen sich als - besonders effektiv beschreibbare und beherrschbare - Sonderfälle letzterer. Ein ähnliches Einschließungsverhältnis gilt möglicherweise auch zwischen eher behavioristisch - reduktiven und selbstorganisativ - antireduktiven Ansätzen in Psychologie und Psychotherapie. Eine solche Annahme erklärt zum einen, warum beide Ansätze in der Psychotherapie für verschiedene Aufgaben sinnvoll eingesetzt werden können, warum also der Gegensatz von Verhaltenstherapie (und verwandten Psychotherapieformen) und Psychoanalyse (und verwandten klientenzentrierten Psychotherapieformen) nur ein scheinbarer ist. Zum anderen erklärt sie auch, warum einfache dynamische Ansätze eher elementar verwurzelte Werthaltungen zu verändern vermögen, während Selbstorganisationsbeziehungen eher bei Wertänderungen erfolgreich sind, die komplexere Bereiche des Individuums und “höhere” Werte betreffen.
Zu (E) und(G):
Diese Phasen erfassen die interne Wertekommunikation (Therapie) und die externe (außerhalb des therapeutischen Zusammenhangs). Neben den unterschiedlichen Auffassungen über die Ursachen psychischer Störungen, über den Charakter der initialen Labilisierung und über die Prozesse emotional - motivationalen Lernens unterscheiden sich Psychotherapieverfahren auch in ihren Theorien und Methoden der Kommunikation von Emotionen und Motivationen als Wertekommunikation. Jede Theorie einer phylogenetischen, ontogenetischen und aktualgenetischen Entwicklung von Emotionen, insbesondere in psychotherapeutischen Verfahren, ist zugleich eine Theorie der Entwicklung von Wertungs”mechanismen” und –prozessen. [20] Parallelisierung von Emotionen und Wertungen findet sich in vielen Arbeiten über Emotionen und Motivationen wieder. [21] Manche Autoren sprechen direkt von “emotionaler Wertung“. Damit gilt es, die für jedes Psychotherapieverfahren spezifischen Formen, die Emotionsdynamik als spezifische “Strategien zur Änderung emotionaler Bewertungen” zu charakterisieren. Peter Kruse benennt als solche Strategien: Identifikation und Benennung von Emotionen, Lernen, mit eigenen Emotionen umzugehen, Durchbrechen emotionaler Blockaden, Vermitteln neuer emotionaler Erfahrungen, Durcharbeiten motivationaler Strukturen, Verändern sozialer Bezüge; diese Strategien umfassen in der Regel spezifisch gewählte nonverbale und verbale Kommunikationsformen.
Alle diese Funktionen, Formen von Emotionsdynamik und Kommunikationsformen finden sich in der Wertekommunikation nach außen hin wieder: “entemotionalisiert” im indifferenten sozialen Diskurs, emotionalisiert in allen Versuchen politischer, ethischer, ökonomischer, ästhetischer, religiöser u.a. wertorientierter Beeinflussung oder Manipulation.
Zu (F):
Jedes Werten ist mittelbar oder unmittelbar auf eine wertgemäße Handlungsantizipation und Handlung, auf ein künftiges instrumentelles, institutionelles oder kommunikatives Handeln gerichtet. [22] Das gilt auch für emotionale und motivationale Wertung. Im Rahmen der Psychotherapie