System zu skizzieren, das folgende Subsysteme enthält“:
Das Bewertungssystem (appraisal system),
das Handlungssystem (motor system),
das System der Körperregulation (body regulation system) und
das Gefühlssystem (feeling system). [15]
In dieser Sichtweise umfasst Emotion natürlich mehr, als die interne Bewertung von Sinneseindrücken auf der Ebene des hedonalgischen Potenzials. Es beschreibt letztlich die Eingliederung jener Emotionen im engeren Sinne in den Gesamtprozess des davon ausgehenden Handelns, der entsprechenden Körperreaktionen und der umfassenderen motivationalen, reflexiven Bewertungen. Entscheidend aber ist, dass Kognitionen nicht als „kalte Kognitionen“ aufgenommen werden, sondern aufgrund früher interiorisierter Ausdrucks- und Körperreaktionen gefühlsmäßig „markiert“ und so abgespeichert werden. Das knüpft an die Theorie von Antonio Damasio an, der postuliert, dass alle Erfahrungen des Menschen im Laufe seines Aufwachsens in einem emotionalen Erfahrungsgedächtnis gespeichert sind. Kognitionen, insbesondere nicht algorithmisch abzuarbeitende, dissonante, werden über ein körperliches Signalsystem markiert, das Damasio als „somatische Marker“ beschreibt. Bei der Vorstellung verschiedener Handlungsalternativen geben die somatischen Marker eine durch bisherige Erfahrungen bestimmte Rückmeldung, die dem im Entscheidungsprozess befindlichen Menschen helfen, zunächst alle emotional nicht tragbaren Handlungsmöglichkeiten aus zu schließen. Diese Marker sind stets mit dem entwicklungsgeschichtlich ältesten Bewertungssystem, repräsentiert durch das hedonalgische Potenzial, verbunden, aber nicht darauf zu reduzieren. Sie sind ein körpereigenes System zur Bewertung von Vorhersagen. [16] Sehr schön lässt sich mit dem Holodynski – Friedlmeier – Modell erklären, wieso mit Aufkommen symbolischer Kommunikation, von der Gestik bis zur Lautsprache, Ausdrucksreaktionen in symbolische Zeichen transformiert werden. Das führt bereits zum Verhältnis von Emotionen, Motivationen und Kommunikation.
Zu (e) und (g): Das allgemeinpsychologisches Thema ist hier das Verhältnis von Emotionen, Motivationen und Kommunikation.
Wie werden Emotionen und Motivationen kommuniziert und inwiefern werden sie anders als Wissen im engeren Sinne kommuniziert? Wir gehen hier nur kurz darauf ein und widmen der generellen Wertkommunikation einen gesonderten Abschnitt. Denn unsere Absicht geht ja gerade dahin, mit Hilfe neuer, netzbasierter Kommunikationsmittel Werte so weiterzugeben, dass sie emotional verankert und interiorisiert werden. Dazu müssen wir insbesondere die unterschiedlichen Funktionen sprachlicher und anderer kommunikativer Entäußerungen charakterisieren und ergründen, wo es tatsächlich nur um die Vermittlung von Sachverhalten geht, wo Werte des Kommunizierenden selbst, dann seines Kommunikationspartners oder seiner Kommunikationspartnerin, und schließlich Werte künftiger Ziele, die durch eigenes oder gemeinsames Handeln angestrebt werden könnten, im Spiele sind. Um das genauer zu umreißen und vor allem, um dann die verschiedenen Formen symbolischer Wertkommunikation zu charakterisieren werden wir auf das Kommunikationsmodell von Schulz von Thun zurückgreifen.
Zu (f): Das allgemeinpsychologische Thema ist hier das Verhältnis von Emotion, Motivation, Willen sowie Handlungsantizipation und Handlung. [17]
Emotional verankerte Werte können, müssen aber nicht in Motive, also Beweg-Gründe umgesetzt werden. Hier werden eigene psychische Mechanismen wirksam auf die wir zumindest hinweisen wollen. Auch das zeigt sich in dem Holodynski – Friedlmeier – Modell sehr anschaulich. Die emotionale Handlungsregulation erscheint dort als eine Ebene, die eingebettet ist in die Verhaltens-, die Willens- und die Reflexionsebene der Emotionen. Diese Systemebenen werden nicht physiologisch belegt, geben jedoch zumindest ein Bild der äußerst komplexen Zusammenhänge, die unserer stark vereinfachenden Beschreibung zugrunde liegen.
Zu (g): Das allgemeinpsychologische Thema ist hier die Interiorisation kulturell - politisch entstandener Regeln, Werte und Normen zu individuellen Emotionen und Motivationen vieler Einzelner, zu sozial relevantem Handeln gebündelt.
Dies können wir im engen Rahmen unseres Anliegens, Kompetenzentwicklung im Netz zu verstehen und zu nutzen, natürlich nicht ausführen. Von Anfang an – und heute verstärkt – werden intra- und interpersonale Aspekte von Emotionen und Motivationen diskutiert. [18] Sozial organisierende Werte dienen – im Sinne moralanalogen oder politikanalogen Verhaltens (Führungskämpfe) – schon bei vielen Säugetierarten als hoch überlebenswichtig. Das sind sie aber nur, wenn sie im einzelnen Exemplar der Art derart verankert sind, dass dessen Verhalten dadurch gesteuert wird. Es steht außer Frage, dass es sich dabei um emotional-motivationale Verankerungen handelt. Mit der Entwicklung von Sprache und Kultur, Kunst und Politik beim Menschen wird die mögliche Vielfalt extrem erweitert. Bestehen bleibt allerdings, dass alle Werte nur dann sozial wirksam werden, wenn sie für einzelne Individuen emotional – motivational verankert und damit handlungsentscheidend sind. Allerdings entstehen nun viele Werte, die nicht nur nicht überlebenswichtig sind, sondern die, im Extremfall, zum Untergang allen Lebens führen könnten. Dennoch stimmen wir im Grunde mit Luc Ciompi überein, dass selbst weltpolitische Entscheidungen immer emotional begründet sind und emotionaler Interiorisation zumindest handlungsbestimmender Individuen und Gruppen bedürfen, um sozial wirksam zu werden.
[1] wir folgen in der Bezeichnung der Phasen hier und im weiteren der grundlegenden Arbeit von Lacoursiere,R.(1980)
[2] Festinger, L. (1957), 1957
[3] Berlyne, D.E. (1974); Simonov, P.(1986)
[4] Die Stufen (a) bis (g) sind ausführlicher dargestellt in: Erpenbeck, J., Weinberg, J. (1993), S. 142 ff
[5] Heyse, V., Erpenbeck, J. (2004)
[6] vgl. dazu Berlyne, D.E. (1974; Klein, M., Riviere, J. (1983); Horney, K. (1984); Peschanel, F.D.(1993); Greenberg, L.R., Rice, L.N., Elliott, R.(1993); Brenner, C. (1994);
[7] Piaget, J. (1976)
[8] Berlyne, D.E. (1974)
[9] Seiler, T. B. (1998), S. 199-225
[10] Draschoff, S. (2000)
[11] ebenda, S. 296
[12] ebenda, S. 305
[13] zusammenfassend hierzu Christianson, S.A. (1992)
[14] Holodynski, M., Friedlmeier, W. (2006)
[15] ebenda, S.45ff
[16] Damasio, A. (2002)