Cycle of Groups“. Er kommt auf folgende fünf fundamentale Phasen, denen sich alle anderen Phasen subsummieren lassen:
Abb. 10 Entwicklungsphasen nach Roy Lacoursiere
Diese Phasen lösen sich nicht scharf ab, sondern überlappen sich; das Benannte bildet jedoch das Schwergewicht der jeweiligen Phase. Besonders wertvoll ist die Arbeit, weil sie nachweist, dass diese Phasen in allen auf echter Zusammenarbeit beruhenden Gruppen, nämlich Trainingsgruppen (Training Groups), Problemlösungsgruppen (Problem Solving Groups), Therapiegruppen (Therapy Groups), Begegnungsgruppen (Encounter Groups) und Realgruppen (Naturalistic Groups) auftreten. [3]
Wir folgen dieser generalisierten Einteilung und setzen sie mit einer anderen in Bezug, die besonders klar auf die Inhalte, den Interaktionsstil und die Gruppenstruktur der jeweiligen Phasen eingeht, was in Bezug auf Kompetenzlernen und Kompetenzentwicklung besonders interessant ist.
(α) Orientierungsphase 1 Die Teilnehmer zeigen in dieser Kennenlernphase noch große Hemmungen, Einblicke in ihre Gefühlswelt und Interaktionsmuster zu geben. Ihre Persönlichkeitsstruktur und ihre Sichtweise der Dinge soll und darf nicht in Frage gestellt werden. Konflikte werden in dieser Phase kaum wahrgenommen. Inhaltlich wird die Gedanken- und Gefühlslage der Teilnehmer reflektiert und individuell erfasst, eine Rückbesinnung auf bisherige Probleme und biografische Momente findet statt. Der Interaktionsstil ist reaktiv, auf Fragen des Leiters oder der Leiter antwortend. Es gibt noch keine Gruppenstruktur, sondern nur die Zweierbeziehungen zwischen Leiter und Teilnehmer.
(β) Orientierungsphase 2 Es werden in dieser Anwärmphase womöglich aufgetretene und wahrgenommene Konflikte von den Teilnehmern nicht beachtet, sondern schnellstmöglich beiseite gelegt. Die Teilnehmer fühlen sich noch nicht in der Lage, Verantwortung dafür zu übernehmen. Sie werden darauf hingelenkt, ihre Wahrnehmungen zu reflektieren, sie als wertend zu erleben. Die Leiter gewinnen durch Kurz - Checks Informationen über objektive und subjektive Probleme und Widersprüche im Unternehmen aus Sicht der Teilnehmer und der Trainingsgruppe, sowie Informationen über deren emotional – motivationalen Status. Thematisch geht es um die Organisation und die Zusammensetzung der Gruppe, den Ablauf künftiger Zusammenkünfte. Bei betrieblichen Trainings, vor allem in der Arbeitsumwelt, sind Sichten auf Unzulänglichkeiten, Probleme, Konflikte im Arbeitsprozess und in zwischenmenschlichen Beziehungen gefragt. Der Interaktionsstil ist fragend – antwortend, reaktiv und konventionell. Die Struktur ist durch ein Nebeneinander der Gruppenmitglieder ohne Binnengliederung und folgerichtig durch einen Starken Leiterbezug gekennzeichnet.
(ζ) Unzufriedenheitsphase Die Gruppenmitglieder zeigen in dieser manifest werdenden Abhängigkeitsphase bereits ihre durch den Konflikt hervorgerufene Unzufriedensheitsgefühle. Die Akzeptanz hierfür liegt aber noch nicht vor. Den, als „negativ“ beschriebenen Emotionen, soll keine weitere Beachtung geschenkt werden. Stattdessen können, wo gegeben, einige der vielfältige Methoden von Persönlichkeitsinventaren, Einstellungsmessungen, analytischen Fragetechniken u.a. in den Gruppenprozess eingespeist werden. Gespräche über Einschätzungen von Selbstzuschreibungen und deren Darstellungen verdeutlichen den Teilnehmern ihre emotionale Lage. Thematisch geht es um die Unsicherheiten und Beängstigungen, die durch das Fehlen einer festen Struktur hervorgerufen werden, und die zunächst passiv verarbeitet werden durch Ausweichen auf Themen allgemeinen Interesses oder durch Besprechen allgemeiner Gruppenprobleme oder ganz vereinzelter individueller Probleme. Der Interaktionsstil ist konventionell – abwartend, von Ratlosigkeit und Unsicherheit geprägt, der Leiter steht unangefochten im Mittelpunkt. Strukturell zeigen sich stark wechselnde Gruppierungen, einseitig auf den Leiter oder eine Ersatzfigur konzentriert.
(δ) Lösungsphase 1 Die Unbeweglichkeit der Persönlichkeitsstruktur beginnt in dieser Aufschmelzphase leicht aufzuweichen. Vorhandene Gefühle werden allmählich als existent akzeptiert. Inhaltlich beginnen die Teilnehmer zu akzeptieren, dass Missstimmungen aus der Gruppe selbst hervorgehen und dass von den Leitern keine aktive Hilfe zu erwarten ist. Die Gruppe beginnt, sich auf sich selbst zu konzentrieren. Der Interaktionsstil ist noch konventionell, wird aber zunehmend von kritischen und distanzierenden Seitenhieben auf den Leiter begleitet. Strukturell werden erste Ansätze einer Rangordnung der Gruppe unter Leistungsgesichtspunkten im „Hier und Jetzt“ sichtbar.
(ε) Lösungsphase 2 Oftmals begleitet durch Gefühlsausbrüche, öffnen sich die Teilnehmer in der nun folgenden Aktivierungsphase ihren Ungereimtheiten und Widersprüchen. Inhaltlich ist das vom Willen begleitet, mit Missstimmungen aktiv und zuweilen aggressiv aufzuräumen. Ein neues Verhältnis von Gruppe und Leiter wird aufgebaut, dieser wird oft in eine Außenseiterposition geschoben, an den Rand gedrängt. Dabei ist immer mit zu bedenken, dass es bei gruppendynamischen Prozessen niemals primär um im engeren Sinne kognitive, sondern stets um emotional - motivational wertende Vorgänge handelt, die Negativwertungen emotionell erlebbar und damit abbaubar machen und andererseits positive Zielwerte emotional neu und möglichst tief verankern. Die hochkochenden Affekte und Gefühle führen zu einer emotional-motivationalen Umwertung früherer Wertungen – von Sachproblemen, von Beziehungsproblemen, von individuellen Problemen - und zu einem Ausprobieren der Akzeptanz dieser Wertungen im Gruppenrahmen. Der Interaktionsstil ist häufig sehr kritisch – distanziert und distanzierend, aggressiv bis bösartig, insbesondere gegen den Leiter oder stellvertretend einen „Prügelknaben“ in der Gruppe. Strukturell verstärkt sich die Ausbildung einer Rangordnung unter dem Aspekt einer Leistungsfähigkeit im „Hier und Jetzt“, im direkten Umlernen von Emotionen und Einstellungen. Die Gruppe intensiviert die Binnenkontakte und schafft eine größere Distanz nach außen hin. Es bildet sich eine stabile Kerngruppe heraus. Aufschmelzphase und Aktivierungsphase entsprechen der Lösungsphase.
(φ) Produktivphase Emotionen, Emotionsänderungen und Unstimmigkeiten werden in dieser Arbeitsphase als Teil des Selbst akzeptiert und als weitgehend normal empfunden. Die Bereitschaft, Konflikte konstruktiv zu lösen geht einher mit dem Wunsch, aus Erfahrungen zu lernen. Die persönlichen Konstrukte werden teilweise aufgelöst, das heißt bisherige, tief interiorisierte emotional – motivationale Wertungen werden durch neue ersetzt. Inhaltlich führt dies entweder zu einer Bestätigung von bisherigen, oder aber zu einer neuen Setzung von Emotionen und Motiven, die im Gruppenkontakt akzeptiert und bestätigt werden. Sie werden damit tiefgreifend positiv besetzt verankert. In der Atmosphäre entstandener Sicherheit und Nähe können individuelle Schwierigkeiten und Konflikte von den Gruppenmitgliedern „bearbeitet“ und somit neue Einstellungen – emotional gegründete, geistig untermauerte, von der Situation und dem Umfeld abhängige Haltungen – gewonnen werden. Als Interaktionsstil greifen spekulative, hypothetisierende, in Bezug auf sich selbst oder andere Personen auch rationalisierend – psychologisierende Kommunikationsformen um sich. Die Gruppenstruktur ist gefestigt, ein sozialer Organismus mit großer emotional – motivationaler Aufgeschlossenheit untereinander. Eine stabile Rangordnung mit teilweise wechselnden Führungsfunktionen (Sachführung, Sympathieführung) hat sich herausgebildet.
(γ) Beendigungsphase Es ist in dieser Abschlussphase eine starke Zunahme der Selbst-Akzeptanz wahrzunehmen. Die Teilnehmer stehen zu ihren Gefühlen und lassen überdies auch neue Emotionen zu. Die Fähigkeit, vor allem aber der Wille und die Bereitschaft alte Wert- und Persönlichkeitsstrukturen, manchmal sogar auf humorvolle Weise, zu verändern ist vorhanden und wird wahrgenommen. Inhaltlich hat der Kern der Gruppe neue Handlungs- und Arbeitsmöglichkeiten erreicht, Außenkontakte werden vom neuen Niveau aus aktiviert. Gruppenthemen wie die Traditionen und der Zusammenhalt, die sich herausgebildet haben, werden abgeschlossen, an deren Stelle treten allgemeine Fragen der Selbstkonzeptänderung, der Bildung und Erziehung. Der Interaktionsstil wird sachlich – intellektuell und wo er Persönliches betrifft psychologisierend; er wird zunehmend konventionell. Strukturell hat sich die Binnengliederung der Rangordnung in der Gruppe quasi institutionalisiert. Der Leiter tritt, nun als Gleicher unter Gleichen, wieder stärker in den Vordergrund. Führungsfragen werden in neuer Qualität zum Thema.
An diesen sieben