Werner Sauter

Kompetenzentwicklung im Netz


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Metatheorien, also Wissen im engeren Sinne. Die Resultate des letzteren sind Regeln, Werte und Normen, die in das Kulturprogramm eingehen und die sich in verschiedensten kommunikativen Formen wie Bräuchen, Ritualen, und materialisierten Formen wie Kunstwerken, Architekturen, Moden usw. materialisieren. In der Tat: „Kultur ist ein vom Standpunkt des Menschen aus mit Sinn und Bedeutung bedachter Ausschnitt aus der sinnlosen Unendlichkeit des Weltgeschehens… Der Begriff der Kultur ist ein Wertbegriff...”. [3]

      Hier sollen allerdings nicht die vielfältigen Formen von Wirklichkeitsmodellen, Kulturprogrammen, Erkenntnis‑ und Wertungsprozessen untersucht werden. Stattdessen wollen wir uns der entscheidenden, für die Kompetenzaneignung zentralen Frage zuwenden: Wie werden Regeln, Werte und Normen für uns zu etwas Eigenem, Handlungsleitenden, zu eigenen Emotionen und Motivationen? Es handelt sich um nicht mehr und nicht weniger als die Drehscheibe jeder Kompetenzentwicklung, auch und vor allem der Kompetenzentwicklung im Netz.

      2.2.3 Wertvermittlung

      Es ist, wie mit den eigenen Erfahrungen. Dabei handelt es sich ebenfalls um Wissen im weiteren, emotions- und motivationsgestützten Sinne, das durch die Menschen in ihrem eigenen geistigen oder gegenständlichen Handeln selbst gewonnen wurde und unmittelbar auf einzelne Erlebnisse dieser Menschen zurückgeht. In diesem selbst Gewonnen- und unmittelbar Erlebtsein liegt ganz offenbar die bildungsrelevante Pointe der Erfahrung. Natürlich lassen sich Erfahrungen vermitteln - aber nur in Form von Wissen im engeren Sinne, von Kenntnissen, nicht als Erfahrungen desjenigen, dem sie vermittelt werden sollen.

      Auch Werte werden durch die Menschen in ihrem eigenen geistigen oder gegenständlichen Handeln selbst angeeignet und gehen unmittelbar in die einzelnen Erlebnisse dieser Menschen ein. Auch bei ihnen lässt sich nur das den Werten zugrunde liegende Wissen im engeren Sinne, lassen sich nur die begründenden Kenntnisse vermitteln, aber nicht als Werte für denjenigen, dem sie vermittelt werden sollen. Werte können nur selbst handelnd, selbstorganisiert angeeignet werden. Dieser Aneignungsprozess wird psychologisch als Interiorisation (oft auch Internalisation) bezeichnet.

      Es gibt drei Bereiche, in denen man aus unterschiedlichen Gründen Interiorisationsprozesse von Werten untersucht:

      1. Die Emotions- und Motivationspsychologie analysiert generell, wie Emotionen und Motivationen in Wertungsprozessen entstehen, gedächtnismäßig verankert und im Handeln wirksam werden.

      2. Die Psychotherapieforschung behandelt verschiedenen Therapieformen zugrunde liegende Prozesse als emotional-motivationales „Umlernen“ von Wertungen.

      3. Beschreibungen von Gruppendynamik schildern die emotional-motivational wertenden Veränderungen der Gruppenmitglieder innerhalb dynamischer Gruppenprozesse.

      Die Darstellungen in allen drei Bereichen weisen zentrale strukturelle Gemeinsamkeiten auf, welche uns ermöglichen, den „Mechanismus“ der Wertinteriorisation sehr generalisierend abzuheben und auf das Wert- und Kompetenzlernen im Netz zu übertragen.

      2.2.4 Wertaneignung nach der Emotions- und Motivationspsychologie

      Da die überkommenen, vor allem von den christlichen Religionen vermittelten Wertvorstellungen zunehmend obsolet werden und immer weniger dem individuumzentrierten Lebensgefühl der Menschen in modernen Industriegesellschaften entsprechen, werden Wertkonstrukte und Methoden der Wertvermittlung aus anderen religiösen oder zweifelhaft kultigen Quellen geschöpft. Die oft vergessenen Sphären von Herz, Seele und Gemüt, von Emotionen und Motivationen machen zugleich die individuell -subjektiven Seite von Werten und Wertewandel zum Thema.

      2.2.4.1 Emotionen und Motivationen