Marcel Kircher

Die Chroniken von Eskandria


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der flammende Tod“, entgegnete Balon zornig.

      „Ihr wisst ja so viel über Drachen“, erwiderte ich ebenfalls angesäuert. „Wie lange war die letzte Begegnung eines Menschen und eines Drachen in dieser Welt her? Mehr als tausend Jahre? Da warst du bestimmt in der Blüte deiner Jugend.“

      „Bei den Göttern“, stöhnte Balon und schlug die Hände über dem Kopf zusammen. „Du bist nicht nur im Kampf hinterhältiger als ein Rapgone, sondern auch mit deinen Argumenten sturer als die engsten Berater des Königs. Du bist neu in unserer Welt, du weißt es nicht besser. Doch ich kann dir sagen, dass seit dem Bruch des letzten Drachenbundes jede Mutter und jeder Vater seinen Nachwuchs vor einer Begegnung mit den Drachen warnt. Insbesondere die schwarzen Artgenossen sind sehr rachsüchtig und haben den Vorrat der ihnen angetan wurde, nicht vergessen.“

      „Ich verstehe, was du meinst und ich verstehe deine Bedenken. Jedoch bin ich dazu auserkoren, die Brücke zwischen dem Drachenvolk und euch herzustellen. Das heißt, ich werde mit den Drachen meine eigenen Erfahrungen machen müssen“, erklärte ich ruhig. „Jedoch werde ich mich nicht unnötig in Gefahr begeben.“

       Mit dieser Aussage gab sich Balon erst einmal zufrieden. Er murmelte etwas dahin, ehe er seinen Rappen losband, auf ihn stieg und langsam los ritt. Ich folgte meinem Beschützer mit ein wenig Abstand.

       Nach einer relativ kurzen Nacht, die immer noch unter den Eindrücken der ersten Drachenbegegnung stand, begab ich mich zum Frühstück in den Speisesaal. Nachdem ich mein Essen so einigermaßen heruntergewürgt hatte, ging ich auf die Wiese und wartete auf Balon. Es war ein so schöner sonniger Morgen, den ich nicht draußen im Schloss verbringen wollte. Das Gras war noch leicht feucht vom Tau und glitzerte im Licht der Sonne. Es dauerte nicht lang, da gesellte sich Balon zu mir.

      „Ich habe da was“, meinte er anstelle einer Begrüßung und überreichte mir ein zweischneidiges Kurzschwert, welches in einer edlen verzierten Schwertscheide steckte. „Es ist genauso geschmiedet, wie das Übungsschwert, das du gestern hattest.“

       Ich war überwältigt. „Danke“, stammelte ich und befestigte das Schwert an meinem Gürtel.

      „Da ist noch etwas“, fügte Balon an. „Rodge!“

       Der Adjutant des Smorland-Kriegers kam näher und an seiner Hand hielt er die Zügel, an deren Ende sich der Fuchs von gestern Nachmittag befand. Lächelnd trat ich an das Pferd heran und streichelte über seine Mähne.

      „Danke Rodge“, murmelte ich und der Krieger nickte stumm. „Dann steht unserer Mission nichts mehr im Wege.

      „Nichtsdestotrotz werde ich dich im Auge behalten“, knurrte Rodge. „Du magst dich im Kampf ja ganz gut schlagen und auch schon ein vermeintlich gutes Verhältnis zu den Drachen haben, zumindest zu einem Drachen. Jedoch warne ich dich. Ein Fehler von dir und ich werde da sein.“

      „Du bist ja sehr aufmunternd“, nuschelte ich, während Balon uns skeptisch beobachtete.

      „Schluss jetzt!“, schrie er. „Wir sind eine Einheit und kämpfen nicht gegeneinander. Ich vertraue dem Urteil von Folrik und meinen Menschenkenntnissen. Marcel ist der Auserwählte und wir werden alles in unserer Macht Stehende tun, um ihn bei seiner Mission zu unterstützen und zu beschützen. Ist das klar Rodge?“

       Der wortkarge Adjutant nickte stumm, warf mir einen höhnischen Blick zu und zog sein Schwert. „Mein Leben werde ich geben, für den Prophezeiten und seinem Auftrag. Das schwöre ich bei den Göttern.“

      „Sehr gut“, entgegnete Balon. „Dann werden wir noch ein wenig den Schwertkampf üben, ehe wir Morgen mit drei Schiffen der königlichen Flotte aufbrechen.“

       Ich folgte meinen beiden Beschützern und gab während der Übungsstunden alles. Es gelang mir auch Rodge zu entwaffnen und beinahe gelang mir gleiches Kunststück auch bei Balon. Die beiden Krieger wirkten nach dem Ende der Einheit sehr zufrieden.

      „Du scheinst dich wirklich zu machen, Marcel“, lobte sogar Rodge, als wir zum Schloss zurückgingen.

      „Nur noch ein wenig zu zaghaft“, fügte Balon an. „Aber ich glaube, wenn dir ein Feind gegenübersteht, bist du eh wahrscheinlich gnadenloser als mit uns.“

      „Ich hoffe es“, erwiderte ich.

       Balon nickte. „Das wird schon. Auf dem Seeweg werden wir sowieso kaum Feinden über den Weg laufen. Der halbe Tagesritt vom Hafen in die Hauptstadt hinein, könnte da schon schwieriger werden.“

       Am nächsten Morgen wurde ich schon vor der Morgendämmerung wach. Ich nutzte das schwache Licht und packte meine Sachen für die Reise. Mein Amulett legte ich mir um den Hals. Mit geringer Hoffnung öffnete ich es, doch die LED-Leuchten zeigten zwei blinkende Nullen. Das Gerät war zerstört. Tränen des Ärgers stiegen mir in die Augen. Ich nahm mein Reisegepäck, als es an der Tür klopfte.

      „Herein“, rief ich freundlicher gesinnt, als es mir die bisherigen Ereignisse eigentlich erlaubt hätten.

       Die Tür öffnete und Tamina trat ein. „Ich darf euch begleiten“, berichtete sie und strahlte über beide Ohren. „Ich werde sogar mit Balon, Rodge und dir auf einem Schiff sein. Das wird so aufregend. Ich hoffe, dass ich so viel lernen kann. Ja, vielleicht kann mir Tumar das Eine oder Andere beibringen, mit dem ich Folrik beeindrucken kann.“

      „Das ist wunderbar“, entgegnete ich lächelnd.

      „Du wirkst angespannt.“ Tamina trat näher bis wir uns Auge in Auge gegenüberstanden. Sie war einen halben Kopf kleiner und musste sich auf die Zehenspitzen stellen. „So richtig scheinst du dich nicht über deine Bestimmung zu freuen.“

       Ich schüttelte den Kopf. „Das ist es nicht. Überhaupt nicht. Ich kann immer noch nicht glauben, was ich ausgelöst habe. Eigentlich sollte ich im London mitten in der Renaissance spazieren und die Menschen dort beobachten und studieren. Doch jetzt bin ich hier, erfahre von einer Prophezeiung deren Erfüllung ich sein soll. Dann berichtet man mir von Rapgonen und Drachen. Das ist alles andere als ein gemütlicher Ausritt durch die Landschaft dieser Welt.“

      „Hättest wohl besser nicht auf dieses Pferd steigen sollen“, versuchte Tamina meine Angespanntheit zu lösen und es gelang ihr tatsächlich mit diesem Satz ein kleines Schmunzeln zu entlocken.

      „Wem sagst du das“, murmelte ich verlegen, dann schwiegen wir. Es war kein verlegenes oder peinliches Schweigen. Ich empfand es als angenehm und sicher. Fast schon vertraut.

      „Wollen wir hinunter zum Frühstück gehen?“, fragte Tamina schließlich. „Wir werden sehr zeitig mit den Schiffen ablegen, um zur Mittagszeit die besten Winde zu haben.“

       Ich war einverstanden und so liefen wir die Treppen zum Speisesaal herab. Balon und Rodge waren weiteren Kriegern und auch Magiern umrahmt. Es mussten etwa 100 Begleiter sein, die sich mit uns auf die Fahrt nach Tyrrell begaben. Das Mahl verlief recht schweigsam und ein Jeder stand zeitig auf. Zum Schluss blieben Folrik, Balon, Rodge, Tamina und ich noch übrig.

      „Ich möchte es nicht säumen euch viel Glück für eure Reise zu wünschen“, sagte der alte Magier mit ein wenig Wehmut in der Stimme. „Es wird nicht leicht werden, dennoch bin ich sehr zuversichtlich, dass es euch mit Marcels Prophezeiung gelingen wird den Bund der Drachen zu erneuern und uns starke Verbündete im Kampf gegen den übermächtigen Feind zu gewinnen.“

      „Das hoffen wir auch“, erwiderte Balon. „Wir danken für Eure Gastfreundschaft, Meister Folrik und hoffen bald wieder nach erfolgreichem Ende unserer Mission zurück