Berndt Strobach

Privilegiert in engen Grenzen


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berühmte Halberstädter „Klaus“ vier Jahre später gegründet wurde.157 Am Ende der Verhandlung, die man mit ihm über die „Liquidation“ führt, wird ihm vorgehalten, er habe noch weiterbauen lassen, nachdem ein kurfürstlicher Baustopp bereits ausgesprochen war. Seine Begründung: Man habe nur noch „eine Stube oder Kammer mit Gibs [Gips] begossen, damit der Kalk nicht verderbe“.158

      Er solle nun seinen Gesamtpreis nennen. Das tut er nicht. Er möchte vielmehr das kurfürstliche „Rescript“ in Kopie. Er bekommt aber nur die wichtigsten Absätze vorgelesen.

      In den Akten findet sich allerdings nichts, was einen derart ausgeübten Druck bestätigen würde, nur die Tatsache, dass die Landstände bereit waren, den Hauskauf für die Hugenotten mit 2 000 Talern zu unterstützen. – Wie dem auch gewesen sein mag, „in dergleichen dingen“ (von Staatsinteresse) gebe ein solcher “caracter“ (die Würde eines „Residenten“) „keine prærogative“. Mit dieser Antwort gibt sich zwar August der Starke zufrieden, nicht aber Berend Lehmann. Er wird weitere drei Jahre um die beiden Häuser auf dem „Schachtischen Hoffe“ kämpfen.

      [no image in epub file]

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      Abb. 10–12: Ein letzter Versuch Berend Lehmanns, durch Leistungen für die Allgemeinheit endlich den Besitz seines ‚Schachtischen Hauses’ zugestanden zu bekommen: Brief an den preußischen König vom 27. März 1703

      Denn am 24.7.1703 schreibt Berend Lehmann einen ausführlichen Brief an den König (vgl. Abb. 10–12 und Dok. 8), in dem er um die Rückgabe der beiden Häuser auf dem „Schachtischen Hoffe“ bittet: Die Hugenottengemeinde (von ihm fälschlich die „Pfälzische Colonie“ genannt) habe das Schachtische Haus „wiederrechtlich in Poßeßion genommen“ und zwar „gegen Deponirung 1 400 Rthlr“ – das war der Wert, den er mehrfach für das neugebaute Haus angesetzt hatte.

      Leider fehlt in den Akten die Stellungnahme der Hugenotten zu seinem Schreiben. Sie müssen schon sehr schwerwiegende Argumente gehabt haben, denn am 15. September 1703 heißt es aus Berlin: „Weilen nun gedachten Juden prætension* ungegründet und die Commissarij solche in Relatione genugsam abgelehnet, So habt Ihr [die Halberstädtische Regierung] denselben mit seinem Suchen abzuweisen und die Colonie bey dem Haus oder Schachtischen Hoffe zu schützen.“

      Damit endet der Aktenvorgang; und es scheint nicht so, dass der Resident die Häuser auf dem „Schachtischen Hoffe“ jemals bezogen hat; denn vier Jahre später wohnt der französische Prediger immer noch in diesem Anwesen. Aber das ist eine andere Geschichte, die hier später in dem Abschnitt „Das Gartenhaus“ behandelt wird.

      Die Akten verraten auch nicht, ob Lehmann denn noch finanziell entschädigt wurde.

      1745, also 15 Jahre nach Berend Lehmanns Tode, hatte sich die Situation übrigens völlig geändert. Die Hugenotten benutzten nicht mehr, gemeinsam mit den deutschen Reformierten, die Kapelle des nahen Petershofes, sondern sie hatten inzwischen ihr eigenes Gotteshaus, die „Franzosenkirche“ an der Woort, und der Stadthistoriker Lucanus berichtet: