geschenkte Freyhauß mit Garten, Brau Pfanne und Geräthe verkauffet und capitalia davon gemachet[...]“.169 Verkauft haben sie es, wie wir bereits wissen, an den Kammerkanzlisten Beck, der es neu gestaltet.
Die Häuser Heister-2 und Pott
Parallel zu den Bemühungen um die Häuser auf dem „Schachtischen Hoffe“ läuft noch ein anderer Immobilienvorgang Berend Lehmanns in „Schachts“ Nachbarschaft. Der Stadthistoriker Lucanus erwähnt in einem Atemzuge mit dem Grauen Hof, „de[n] alte[n] Ziegel Hoff nebst denen Heisterischen und Lochowischen Häusern“170.
Nun untersagt am 18./28. März 1699, also vermutlich kurz bevor im Frühjahr die Arbeiten an dem Schachtischen Neubau beginnen, in dem die Klaus untergebracht werden soll, der Kurfürst dem Halberstädtischen Regierungsrat und Konsistorialsekretär* Johann Heinrich Koch171, den ihm gehörenden Heisterschen Hof an Berend Lehmann zu verkaufen (Vgl. Dok. 5).
Hier stutzt man: Den Heisterschen Hof hatte ja vor Berend Lehmann nicht Koch, sondern Schacht besessen. Erklären lässt sich dieser Widerspruch nur, wenn man annimmt, dass es zwei Heistersche ex Lochowsche Höfe gegeben hat (bei Lucanus ist ja auch zunächst im Plural die Rede von „denen Heisterischen und [danach!] Lochowschen Häusern“). Lochow-1=Heister-1 wäre also gleich Schacht; Lochow-2 = Heister-2=Koch stünde also 1699 zum Verkauf und Lehmann würde es haben wollen ( L ).
Der eventuell schon getätigte Kauf von Heister-2 müsse, so befiehlt der Kurfürst, „cassiret“ werden.172 Gegen den Kauf hätten die „Bauermeister* der Westendorff- und Vogteyschen Nachbahrschaft“ protestiert.173
Gleichzeitig verlangt der Kurfürst Bericht aus Halberstadt, wieviele Juden denn angesichts seines Reskripts vom 28. März 1697, sie dürften keine Immobilien mehr kaufen, Häuser in der Stadt besäßen, wieviele möglicherweise sogar zwei Häuser.
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Abb. 13: Blick vom Grauen Hof auf die große Synagoge (vermutlich erbaut 1709–12). Hinter den Gärten der kleinen Häuser links lag der ‚Schachtische Hoff’, der wohl, erweitert um mehrere Nachbargrundstücke, ursprünglich als Synagogenstandort vorgesehen war. Das Postkartenfoto stammt etwa aus den 1920er Jahren, als hier nur noch wenige Juden wohnten. Entsprechend der regen Bautätigkeit der Halberstädter Juden um 1700 dürfte das ‚Halberschtetl’ sich damals in besserem Zustand befunden haben.
Berend Lehmann lässt sich mit der Befolgung des Verbotes Zeit. Am 24. November 1702, also über drei Jahre später, ist Heister-2 nach wie vor in seinem Besitz, weil der Verkäufer, der Regierungsrat Koch, ihm die Kaufsumme immer noch nicht „restituirt“ hat. Als Lehmann sich deshalb beschwert, befiehlt der König seiner Halberstädter Regierung, „dem Supplicanten ohne weitläufigen Prozeß zu dem Seinigen zu verhelfen“.
Inzwischen hat der Resident sich in dieser Gegend weiter umgetan: Er kauft, ebenfalls 1699, mit allerhöchster Genehmigung,174 dieses Mal von dem Regierungsrat Pott175 das unmittelbare Nachbarhaus von Schacht und Heister-2 ( M ),176 allerdings macht man ihm zur Bedingung, dass er Heister-2 räumt, was vermutlich lange Zeit nicht geschieht.
Heister-2 und danach Pott sollten nach dem Willen der königlichen Regierung in Berlin offensichtlich der jeweilige Ersatz für das von der Lehmannschen Familie um 1700 bewohnte und aufzugebende Haus sein. Dass Lehmann auf das wahrscheinlich seit 1690 bewohnte Haus Bakenstraße 37 links ( A ) dennoch nicht verzichtet hat, beweist der Vermerk im Anhang der Liste von 1699, er besitze das eben erwähnte Pottische Haus zusätzlich zu jenem „am waßer“ („noch ein anderes“).177
Hätte er „Schacht“ mit dem Klaus-Hinterhausneubau zurückerhalten, so wäre zusammen mit „Pott“ und „Heister-2“ ein genügend großes Grundstück für einen Synagogen-Neubau vorhanden gewesen. Da er an „Schacht“ nicht wieder herankommt und „Heister-2“ ja wieder verkaufen soll, ist die Gegend zwischen Grauem Hof und Rosenwinkel offenbar für ihn uninteressant geworden (Vgl. Abb. 13: Blick vom Grauen Hof auf die große Synagoge).
1721 ist außer von ,Klein Venedig’ (Bakenstraße 37) nur noch von einem Garten samt Gartenhaus als seinem Immobilienbesitz die Rede; dieser könnte ein zurückbehaltener Rest des Pottischen Grundstücks gewesen sein, der in der folgenden Episode eine Rolle spielt.178
Das Gartenhaus an der Stadtmauer
Dieses kleine Gartengrundstück befand sich jedenfalls in unmittelbaren Nachbarschaft des nunmehr von dem Hugenottenprediger Rossall179 bewohnten „Schachtischen Hoffes“ ( F ). Seine Lage lässt sich sogar noch genauer bestimmen: Es lag180 unmittelbar an der Stadtmauer nördlich des „Schachtischen Hoffes“; an der Außenseite der Stadtmauer befand sich dort – von der Stadt her gesehen – hinter dem Stadtgraben (der heutigen „Promenade“) ein Teich und wiederum dahinter „Garten und Kamp“ des Geheimen Etatsrates und Generalkriegskommissars Freiherr von Danckelmann.181 Der Garten lag „hinter der Juden Synagoge“ ( G ), die jetzt erneut erwähnt wird.
Die Grundstücke könnten folgendermaßen zueinander gelegen haben:
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Der Resident baute auf diesem Gartengrundstück, wie er selbst in einer Eingabe an den König im Februar 1708 darstellt, unter der Verwendung von Resten eines vorhandenen baufälligen Fachwerkgebäudes ein zweistöckiges Gartenhaus „zu mehrerer Bequemlichkeit und Conservation der Gewächse“. 182 Es ist fast fertig, als der Hugenottenprediger sich darüber beschwert, dass dieses „Lusthaus“ seinen Besitz „ganz unfrey“ mache. Die Traufe dieses Hauses rage weit in sein Grundstück hinein und nehme den Bäumen seines Gartens „Thau und Regen“. Außerdem findet der Geistliche, das Haus stehe so nah an der Stadtmauer, dass man vom Fenster des Oberstockes aus mühelos die Stadtmauer überwinden könne, so dass „allerhandt unterschleiff und defraudationes [Betrug] bei der Accise* [...] zu besorgen“ seien. Auch die Halberstädter Verwaltung befürchtet, dass auf diese Weise unverzollte Waren und Menschen (unvergleitete Juden?) geschmuggelt werden könnten.183
Daraufhin hatte Berlin bereits 1707 angeordnet, der Weiterbau sei zu „inhibiren“ (aufzuhalten).
Nun ist der Winter 1707/08 vorüber, und Berend Lehmann möchte – hier genauso wie an der Peterstreppe ( B ) – endlich den Bau zu Ende führen dürfen (vgl. Dok. 13),184 zumal, so schreibt er, „auch fast alle garten Gewächse Verdorben und ruinirt sind“. Er habe seinerzeit sofort gegen die „Inhibition“ protestiert (in den Akten nicht erhalten) und darum gebeten, die beiden „Hoff und Regierungs Räthe von Meisenburg185 und Kochen“ in der Sache gutachten zu lassen (Koch ist auch der Vorbesitzer des von Lehmann erworbenen „Heisterschen Hauses“).
Die beiden Herren hätten schon „für [vor] ezlichen Monathen“ den Neubau in Augenschein genommen. Es fehlt offenbar nur die vom König zu verordnende „Commission“* für das Gutachten.
Die Angelegenheit