Götz Renartz

Der Hypnotist Der Hase im Cafe


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Stimme von Frau Herr.

      „Soweit ganz gut!“ antwortete er ihr.

      „Aber irgendetwas stimmt nicht. Der Mann ist immer tüchtig gewesen und plötzlich setzt er seine Fähigkeiten nicht mehr ein und erzeugt damit künstlich ein Problem.

      Als ich ihn fragte, ob dieses selbsterzeugte Problem unbewusst von einem anderen Problem ablenken könnte, hat er mir von seinen sexuellen Beziehungen zu seiner Frau erzählt, wie gut die seien.

      Das ist ja schön für ihn, aber für seine Berufsprobleme irrelevant.“

      Während er sich das sagen hörte, fühlte er ein wehmütiges Gefühl von Neid in sich aufkommen. Denn das war das Problem zwischen ihnen gewesen. Daran war ihre Ehe gescheitert. Daß es emotional und sexuell mit Aletta nicht geklappt hatte. Ihr Desinteresse hatte schließlich ihre Beziehung zerstört.

      Er fragte sich, was sie wollte und beschloss sie abends anzurufen.

      „Hat Herr Seidel angerufen?“

      „Ja, er ruft erneut an.“

      „Rufen Sie ihn bitte zurück, er hat vielleicht einen neuen Fall für mich!“

      Nach dem Austausch freundlicher Worte kam Erich Seidel rasch zum Thema.

      Eine seiner Kundinnen wünsche sich Beratung in einer Familienangelegenheit, die in ihre geschäftlichen Interessen hineinspiele. Es handle sich um einen alt eingesessenen Großhandel, der nicht richtig leben, aber auch nicht sterben könne.

      Er habe geraten, den Großhandel an den Marktführer zu verkaufen. Aber die Besitzerfamilie könne sich nicht dazu entschließen, jedenfalls jetzt noch nicht. Die Dame werde sich melden.

      Nach dem Telefonat saßen Renansen und die Sekretärin beim Kaffee. Sie hatte Schnittblumen besorgt, die den Raum freundlicher erscheinen ließen.

      Der erste Tag in seiner neuen Praxis schien gut zu verlaufen. Zwei Kunden gleich am ersten Tag, eine hübsche und interessante Sekretärin und eine Warze, die heilsam juckte. So konnte es weitergehen!

      „Frau Herr, darf ich fragen, ob Sie alleine leben?“ erkundigte er sich vorsichtig.

      „Ja, ich lebe alleine. Und ich habe derzeit auch keinen Partner, wenn Sie das meinen? Ich bin wie Sie geschieden.

      Aber darüber möchte ich nicht sprechen!“

      Eine leicht gespannte Pause entstand, ehe die Sekretärin weiter sprach: „Wollen Sie mir von Ihren Fällen erzählen, damit ich mitdenken kann? Ich bin absolut verschwiegen!“

      Otto Renansen überlegte eine Weile. Dann sagte er: „Vieles von dem, was ich erfahre, ist streng vertraulich. Darüber kann ich mit Ihnen nicht sprechen. Wir können aber über allgemeine Probleme reden. Da kann die Sicht einer Frau hilfreich sein. Außerdem klärt ein Gespräch häufig den Geist.“

      „Ich würde mich freuen, wenn Sie mir Ihr Vertrauen schenken würden!“ sagt Frau Herr und stand auf, um die Kaffeetassen abzuspülen.

      Frau Zappeck

      „Ich bin’s, Anna Maria!“, meldete sich die Stimme der Schwester am Telefon.

      „Ich hoffe, Dir geht es gut, Otto! Ich wollte Dir zur Eröffnung Deines Unternehmens gratulieren! Hast Du schon einen Kunden?“

      „Einen habe ich schon, ein zweiter ist angemeldet und eine Sekretärin, die mir Kaffee kocht, habe ich auch schon“, berichtete Renansen fröhlich.

      „Lieb’, daß Du anrufst! Wie geht’s bei Euch, ist alles ok?“

      „Ja, uns geht’s gut. Und, was ist das für ein Fall?“

      „Ein Unternehmer, der immer kompetent war und plötzlich voller Sorgen ist.

      Herr Seidel, der Wirtschaftsberater, sagt, das sei unbegründet. Der Firma gehe es gut. Er scheint auch im Bett kompetent zu sein. Er hat nämlich eine große Flasche als Sparbüchse im Schlafzimmer. In die tun er und seine Frau nach jedem Geschlechtsverkehr fünf Euro. Und die soll schon ziemlich voll sein.

      Wäre das nicht für Dich und Peter auch ein Ansporn?“, flachste er. „Wenn sie voll ist, dürft Ihr dann eine Seereise mit einem Luxusdampfer machen!“

      „Das will ich gar nicht!

      Warum sollte ich mit dreitausend und noch mehr Leuten in Urlaub fahren? Ich will mich doch erholen! Kontakt mit Menschen habe ich doch mehr als genug in meiner psychotherapeutischen Praxis“, lachte Anna Maria.

      „Und dann führen sie uns noch mit Fähnchen im Zweihunderterblock über die Akropolis! Nein danke! Da werde ich eher zöli-batär!“

      Immer noch lachend, verabschiedeten sie sich.

      Die nächste Anruferin war die bereits angekündigte Kundin. Hildegard Zappeck war Teilhaberin eines Elektrogroßhandels in Familienbesitz. Sie schien es eilig zu haben, denn sie bat um einen

      Termin schon am Nachmittag.

      Spät am Nachmittag saß sie dann vor ihm.

      Sie war eine gutaussehende und gepflegte Endfünfzigerin mit konservativer Frisur und einem eleganten und gediegenen Kostüm.

      Für eine Frau hatte sie eine ungewöhnlich tiefe, aber wohlklingende Stimme.

      Frau Zappeck stamme aus einer Geschäftsfamilie. Der Vater habe den Elektrogroßhandel nach dem Krieg zusammen mit dem Bruder aufgebaut.

      Das Geschäft sei eine GmbH, deren Anteile von sieben Familienangehörigen gehalten würden.

      Eine der Teilhaber sei sie. Sie besitze ein Drittel der Anteile.

      Die Firma sei nach dem Tod von Onkel und Vater von dem alten Geschäftsführer weitergeführt worden. Die Firma habe sich all die Jahre achtbar geschlagen und Gewinn abgeworfen.

      Sie selbst sei Witwe, ihr Mann sei älter als sie gewesen. Nach langer, wenn auch kinderloser Ehe, sei ihr Mann, von Beruf Professor für Geschichte, an Krebs gestorben.

      Sie lebe von der Witwenpension und von den Einkünften aus der Firma.

      Obwohl sie mit ihrem Leben zufrieden sei, wenn sie auch unter dem Verlust ihres Mannes immer noch leide, mache sie sich große Sorgen um die Firma.

      Primär nicht um ihre Einkünfte, obwohl die ihr auch wichtig seien, sondern weil die Firma das Lebenswerk ihres Vaters und die finanzielle Grundlage der Familie darstelle.

      Sie werde immer nervöser und könne nur noch schlecht schlafen, weil sie ständig über die Situation in der Firma grübeln müsse.

      Die Anderen wollten einfach nicht sehen, daß es mit der Firma bergab gehe.

      Der Gewinn sei auf ein Viertel geschrumpft und nach ihrer Meinung sei die Firma zu klein, um alleine zu überleben. Entweder müsse sie einem der großen Verbände beitreten oder an einen

      der großen Konkurrenten verkauft werden.

      Nachdem der alte Geschäftsführer, der übrigens ihrer Meinung sei, aus Altersgründen ausgeschieden sei, werde der Betrieb von ihrem Neffen geleitet.

      Der Neffe habe sich einen gelben Ferrari gekauft und sei häufiger auf dem Golfplatz als in der Firma. Die Mitarbeiter seien tüchtig, deshalb laufe die Firma noch. Wenn aber nichts geschähe, sei sie sicher, gehe die Firma in wenigen Jahren vor die Hunde.

      Das Problem sei, daß sie das alles sähe, sich aber in der Familie nicht durchsetzen könne. Deshalb sei sie da. Denn das müsse sich ändern.

      Selbst wolle und könne sie die Firma nicht leiten. Mit ihrem Anteil habe sie aber auch nicht die Macht, sich durchzusetzen und eine Geschäftsänderung zu erzwingen.

      Sie wisse einfach nicht mehr vor und zurück.

      So gehe es aber keinesfalls weiter, denn ihr Leben beginne aus dem Ruder zu laufen.

      Die Schlafstörungen zermürbten sie. Und Schlaftabletten, die ihr der Hausarzt