null Rahek

Eine Reise ins Nichts


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und Kultur. Und stell dir vor, mein kleiner Hasenpups, ich habe sie auch gelesen. Sogar Lexika lese ich und es bereitet mit Vergnügen.“, antwortete er mit betonter Bescheidenheit.

      „Nenne mich nicht ständig Hasenpups! Scharfes Bondgirl würde mir besser gefallen, wenn überhaupt!“

      Ramona stieß dabei ihren Ellenbogen in seine Seite.

      „Schon gut, Raaamooonaaa!“, lachte er auf.

      Dann wurde er aber gleich wieder ernst und sortierte seine Gedanken weiter:

      „Es geht offenbar um eine alte Bibliothek, vielleicht eine bedeutende Sammlung von Schriftrollen aus der Antike. Auf jeden Fall ist sie verborgen und ich glaube, dass es eine Art von Karte gibt, womit man sie finden kann.

       Der Hirsch verschlang die Wege, nachdem er gestorben war.

      Die Karte wurde im Maul oder im Schädel des erlegten 66-Enders versteckt.“

      „Wie jetzt? In Königswusterhausen?“, unterbrach Ramona aufgeregt.

      „Nein, nein. Kurfürst Friedrich hatte einen Sohn, der die Soldaten mehr liebte, als die Jägerei und die Jagdtrophäen. Seinen Sohn kennen wir unter dem Namen Friedrich Wilhelm I., auch genannt der Soldatenkönig. Ich glaube, 1728 schenkte er das Geweih dem Sachsenkönig August dem Starken. Der hängte es in sein eigenes Jagdschloss in Moritzburg. Dort kann man es noch heute im Saal der Monströsensammlung besichtigen. Und genau dort sollte man suchen.“, erklärter er.

      „Schloss Moritzburg bei Dresden!“

      Über Ramona Gesicht huschte ein Anflug von Schatzsuchermentalität. Ihre Augen glänzten vor Begeisterung und sie streichelte Gustav's Oberschenkel, was sie sonst nie tat.

      „Höre zu, Ramona! Wir sind hier, weil wir beide gemeinsam eine Urlaubsreise machen wollten. Und das können wir immer noch. Das Buch allein ist eine schöne Rarität für meine Büchersammlung und das handgeschriebene Schriftstück ist fast ein Museumsstück. Eigentlich hatte ich als nächstes Ziel Rom geplant.“, bemerkte er.

      „Doppelzimmer oder getrennte Betten?“, fragte sie.

      Ramona grinste.

      Gustav errötete wieder. Wäre er nur nicht auf dem Gebiet der Verführungen immer so peinlich und leicht durchschaubar gewesen. Er ärgerte sich darüber, dass er immer gleich rot wurde wie ein kleines Schulmädchen. Verdammte Schulmädchen!

      „Schöne Zimmer habe ich gebucht.“, antwortete er bockig. „Es geht darum, dass wir, sollten wir uns für die Suche nach dieser geheimnisvollen Bibliothek entscheiden, nach Dresden müssen und unseren Urlaub vergessen können. Nichts mit einer Verlobungsreise zweier Jungverliebten, mein Schatz!“, sagte er.

      Nun errötete Ramona. Natürlich konnte sie nicht verleugnen, dass ihr der gestrige Abend Vergnügen bereitete. Sie hatte wohl auch etwas laut gestöhnt vor Wonne. Verdammte Zunge!

      „Eine verschollene Bibliothek!“, grübelte Gustav fassungslos.

      „Das ist unglaublich!“, pflichtete Ramona bei.

      „Es gab schon immer Gerüchte darüber. Wer immer solch eine Bibliothek entdeckt, geht in die Geschichte ein.“, erklärte er.

      „Und wir haben einen echten Hinweis gefunden. Das ist aufregend!“, freute sich Ramona und umklammerte seinen Arm.

      „Vielleicht gibt es über mich auch einmal ein Buch, als Entdecker der verschollenen Bibliothek.“, schwärmte Gustav.

      „Das wäre großartig!“

      Beide saßen nun für ein paar Augenblicke schweigend und etwas berührt nebeneinander.

      „Dresden ist auch schön und dort bekommen wir bestimmt ein gemeinsames Zimmer. Lass uns nach der Karte suchen, Gustav. Ich verspreche dir, dass ich nicht enttäuscht bin, falls wir am Ende nichts entdecken. Sind wir beide spontan oder was?“, unterbrach Ramona schließlich ihr Schweigen.

      Gustav sah sie erfreut an und küsste sie spontan mit einem lauten Schmatz.

      „Wir sind spontan! Auf nach Dresden!“, rief er.

      Fest hielten sie sich in den Armen. Noch nie empfanden sie so viel Gemeinsamkeit und Zweisamkeit miteinander.

      „Deutschland ist viel gesünder für uns. Die kleinen Italiener nerven sowieso und alles ist hier abartig kitschig. Wie kann man hier nur Urlaub machen? Verdammte Touristen!“, sagte Gustav und lächelte, zufrieden mit sich und der Welt, als wäre er mit seiner großen Liebe im romantischen Urlaub im schönen Italien.

      Ramona lächelte auch leise in sich hinein. Sie war längst in Abenteuerstimmung.

      „Eine verborgene Bibliothek!“, rief sie.

      „Stell dir vor, was dort für Schätzen liegen können!“, bestätigte er aufgeregt.

      „Verschollene Bücher, Schriftrollen vom Toten Meer, historische Aufzeichnungen!“, sagte Ramona und ihre Augen funkelten wild.

      „Der größte Schatz dieser Welt ist das Wissen und wir gehen auf die Suche danach. Ein fantastische Geschichte, die uns passiert. Doch erst einmal müssen wir diese mysteriöse Bibliothek finden und darauf hoffen, dass es sie tatsächlich gibt.“, versuchte er ihre Begeisterung etwas zu dämpfen. Für seinen Geschmack war sie viel zu euphorisch.

      „Ich habe daran keine Zweifel!“, erwiderte sie. Ramona war in Hochstimmung.

      Anschließend verbrachten sie den Tag mit ausgedehnten Spaziergängen. Überall fanden sie Hinterlassenschaften der Medici. Gustav prahlte ein wenig mit seinem Wissen. Erklärte seiner Begleiterin die Geschichte der Adelsfamilie, die über mehrere Generationen Florenz beherrschte. Wie sie den großen Michelangelo als jungen Künstler förderten und dieser seinen monumentalen David mitten in Florenz aufstellte. Schließlich gelangte er mit seinem Referat zum Petersdom in Rom und zum Papst Julius II. und seine Nachfolger.

      „Oh Gott!“, stöhnte Ramona, als Gustav gerade begann über das Grab des Petrus zu sprechen und wie Petrus der Jünger von Jesus wurde.

      „Du musst nicht Gott zu mir sagen! Ein einfaches Gustav oder Liebling würde mir ausreichen.“, konterte er in bester Laune. Ramona verdrehte ihre Augen. Zu viele Informationen!

      „Was hast du, mein Hasenpups? Geschichte fasziniert mich ungemein. Hier ist an jeder Ecke die pure Geschichte in Stein gemeißelt. Das ist, als lese man ein spannendes Buch über Meisterwerke des 15. und 16. Jahrhunderts.“, rechtfertigte er sich.

      Verständnisvoll schmunzelte Ramona.

      „Schon gut, mein Lieber! Ist ja alles auch für mich sehr spannend. Aber ich fühle mich etwas unterbelichtet, wenn du so mit Wissen um dich schmeißt.“, sagte sie.

      „Du und unterbelichtet? Also bitte! Du weißt so viele andere Dinge, die mir unbekannt sind. Außerdem würde ich einer ungebildeten Tussi keine Vorträge über Kunstgeschichte halten. Das wäre, als wenn man guten Samen auf unfruchtbaren Boden wirft.“, meinte er in lieber Aufmunterung, merkte aber gleich, dass seine Formulierung nicht ankam. Ramona blieb prompt stehen.

      „Deinen Supersamen auf meinen unfruchtbaren… was?“, fluchte sie.

      „Eben nicht! Das wollte ich nicht sagen. Ich meine nur, dass du fruchtbar bis für meinen Samen, äh, ich meine, fruchtbar süß bist du und so klug…“

      „Gustav!“, schrie sie, „Vielleicht bin ich ja furchtbar süß, aber nicht fruchtbar süß, Idiot! Wohl wieder zu lange kein sexuelles Abenteuer mit mir gehabt? Du sprichst wirres Zeug! Nur weil ich deine Geschichte der Medici nicht auswendig im Kopf habe, bin ich noch lange keine dumme Tussi!“

      Sie nahm automatisch eine Haltung an, als würde sie jeden Moment angreifen. Gustav hatte ein wenig Angst vor ihr.

      „Aber Ramona, das habe ich doch gar nicht gesagt. Ich finde wirklich nicht, dass du eine dumme Tussi bist, ganz ehrlich. Du bist eine sehr kluge Tussi, äh… natürlich nicht Tussi, sondern nur