null Rahek

Eine Reise ins Nichts


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      „Geh morgen nicht allein!“, hauchte sie in sein Herz.

      Dann verblasste der kurze Traum und endete ohne Rückkehr.

      Gustav erwachte.

      Ihr Hotel besaß ein kleines, aber gepflegtes Restaurant und Ramona wartete schon mit dem Frühstück. Obwohl sein Traum nur kurz war, schwirrte er noch immer verwirrend in seinen Gedanken.

      „

       Geh nicht allein!

      “, hallte es in seinem Kopf. Verstehen konnte er es nicht.

      „Ich würde mich freuen, wenn du mich zum Buchhändler begleitest. Anschließend lade ich dich zu einem Vormittagsgläschen roten Weines ein.“, sagte er liebenswürdig zu Ramona.

      „Für 400 Euro sollte es mehr als nur ein Gläschen sein!“, lachte sie und der gestrige Abend war irgendwie verflüchtigt.

      „Hast du noch etwas Interessantes gefunden oder gibst du dein Buch kampflos zurück?“, fragte sie weiter. Gustav schüttelte nachdenklich seinen Kopf. Nein, er sollte alles zurückgeben.

      Etwas später schlenderten beide durch die Labyrinthe der Innenstadt. Inzwischen kannten sie sich etwas aus und weil es ein phantastisches Wetter war, wollten sie die knapp 5 Kilometer gemütlich laufen. Gustav hatte sein Buch im Rucksack verstaut und hatte seine Hände frei, um ab und zu Ramona anzufassen und zu berühren.

      „Hast du, kleiner Hasenpups, keine Hemmungen schon am Vormittag die 400 Euro mit Wein zu versaufen?“, fragte er im neckischen Tonfall.

      „Wenn es sein muss, dann betrinke ich mich auch zum Frühstück! Wärst du nicht so ein Geizhals, könnte jeder Vormittag schön sein!“, entgegnete sie und gab Gustav keck einen herzhaften Klaps auf den Hintern. Das machte sie sonst nie!

      Lachend zog er sie an sich heran und küsste sie flink.

      „Nachdem ich das Buch zurückgegeben und das Geld habe, mache ich dich betrunken, mein kleiner Hasenpups. Dann bist du endlich willenlos und verführbar!“, gab Gustav zurück und kniff ihr übermütig in ihren süßen Po. Es gab absolut keine Zweifel, denn für die vielen Passanten waren sie ein frisch verliebtes Pärchen. Ramona und Gustav hätten das natürlich anders gesehen.

      Unbekümmert alberten sie die Straßen entlang.

      „Wir kommen gleich ins Touristengebiet. Benehmen wir uns dann?“, fragte sie schelmisch.

      „Ich weiß nicht, was du meinst. Ich bin ein seriöser Mann mit viel Würde.“, entgegnete er lachend.

      „Apropos Würde! Würdest du bitte deine Hand von meinem Hintern nehmen? Das sieht nicht sehr seriös aus.“, sagte sie mit erhobener Nase.

      „Du hattest zuerst deine Hand an meinem unschuldigen Arsch!“, versuchte er sich zu rechtfertigen. Beide sahen sich lauernd an wie spielende Welpen. Ramona grinste frech.

      Immer wenn sie das tat, steckte sie ein wenig ihre Zungenspitze raus. Vermutlich bemerkte sie es nicht einmal, aber es passierte regelmäßig. Und nur, wenn sie leicht hinterhältig und mit geschlossenem Mund lachte. Gustav erkannte dadurch immer, wenn sie frech und spitz eine beiläufige Situation für sich beurteilte. Bei keinem anderen Menschen hatte er so etwas beobachtet. Nie hatte er gesehen, dass jemand beim Grinsen seine Zungenspitze flüchtig durch die Lippen stieß. So gern hätte er es fotografiert, aber es war eine so spontane Situation, dass sie nicht nachgestellt werden konnte. Für ihn hätte sie immer so herum laufen können mit herausgestreckter Zungenspitze, denn es stand ihr ausgezeichnet. Und in diesem Zustand war die Macht mit ihr. Manchmal überlegte er, ob er sich nur darum in sie verliebte, weil sie mit der kleinen Zungenspitze wirklich süß aussah.

      Am Buchladen angekommen, stutzten sie.

      Gestern war es ein anderer Anblick. Alles an diesem Laden war anders! Die schwere Ladentür war verschlossen. Der alte Buchhändler war nicht zu sehen. Das ganze Haus sah verlassen aus.

      Gustav schaute auf seine Uhr, aber es war bereits nach 10 Uhr.

      Im gegenüberliegenden Straßencafe fragten sie beim Personal nach.

      „Das Geschäft ist schon seit Jahren verschlossen. Früher war dort eine wunderschöne Buchhandlung mit großem Antiquariat. Doch eines Tages fand man den armen Rigonaldos. Er wurde grausam ermordet und die Polizei konnte niemals herausfinden, wer diese Tat begangen hatte und warum. Rigonaldos hatte keine Nachkommen und keine Erben und so blieb das Geschäft versiegelt und geschlossen. Schade, denn damals kamen viele Buchliebhaber hierher und belebten das Viertel.“, berichtete der Inhaber des Cafes.

      Ramona kräuselte ihre Stirnfalten und schaute fragend zu Gustav.

      „Wir waren doch erst gestern dort …“, stammelte sie, doch Gustav schnitt ihr das Wort ab. Irgendetwas stimmte nicht!

      Freundlich bedankte er sich für die Auskunft und zog Ramona mit sich fort.

      „Ramona, hast du gesehen, dass die Eingangstür der Bücherei ein altes Polizeisiegel hatte? Es war ungebrochen! Und die Fenster waren verdreckt von innen, als wären tatsächlich seit 20 Jahren keine Menschen im Haus gewesen. Gestern sah es hier anders aus! Ich war drinnen und ich habe wirklich das Buch gekauft. Gestern war es ein offenes und fast normales Geschäft! Entweder haben sich hier alle gegen uns verschworen, oder wir sind beide über Nacht verrückt geworden, wahrscheinlich weil wir noch keinen Sex hatten. Allein das macht mich schon ziemlich verrückt!“, raunte er ihr laut zu.

      Gustav holte tief Luft. Er war innerlich ziemlich aufgewühlt.

      „Vielleicht bist du ja wirklich irre geworden!“, entgegnete Ramona aufgeregt, „Doch ich bin normal und ich sehe auch, dass hier etwas nicht stimmt. Sollen wir zur Polizei? Wir haben das Buch und den Brief und wir müssen herausfinden, was hier läuft!“

      „Nicht zur Polizei! Die sperren auch dich in die geschlossene Anstalt, wenn du unsere Geschichte erzählst. Dann kann uns niemand mehr helfen. Wir brauchen einfach mehr Informationen. Lass uns erst einmal aus diesem Viertel heraus und uns ein ruhiges Restaurant suchen, um nachzudenken.“, erwiderte er. Ramona war einverstanden.

      Gustav hatte sich wieder ein wenig beruhigt und eilig suchten sie nach einem geeigneten Ort, der abseits lag.

      Endlich fanden sie ein winziges Restaurant und einen Tisch, der einsam genug stand. Gleich kam eine freundliche Kellnerin und stellte zuvorkommend eine große Flasche Wasser und zwei Gläser auf den Tisch.

      „Wir wollen uns nicht waschen, sondern wir haben Durst!“, bemerkte Ramona spitzfindig und wandte sich fordernd an Gustav.

      „Denke nicht, dass ich jetzt keinen Wein mehr möchte. Los, ich trinke erst ein kühles Bier und danach einen Rotwein.“, befahl Ramona.

      Gustav liebte sie dafür.

      Ähnlich wie er, achtete Ramona selten auf die Etikette. Die freundliche Kellnerin sah etwas beleidigt aus. Sie überlegte, ob und wie sie Ramona waschen sollte.

      Zügig bestellte Gustav zwei Bier und eine Flasche Wein, gleichzeitig, …

      „…und ja, auch für die Dame ein Bier.“

      Ramona atmete erleichtert durch.

      „So, mein Gustav, was soll das mit diesem Buch und dem verstorbenen Händler, dem lebenden Händler und seinem Brief? Hast du wirklich nichts Ungewöhnliches am oder im Buch entdeckt?“

      Gustav kramte in seinem Gedächtnis und schüttelte enttäuscht den Kopf.

      Das Bier kam und auch der Wein. Beide tranken ihre Biere in einem Zug aus. Gustav zündete sich eine Zigarette an. Er konnte sich dabei auch körperlich entspannen. Ramona mochte keine Zigaretten, aber bei Gustav störte es sie nicht.

      „Wir gehen ins Internet und suchen nach dem Buch und der Buchhandlung. Irgendwas werden wir finden und vielleicht auch Antworten.“, schlug sie entschlossen vor. Er verzog sein Gesicht.

      „Das Internet