null Rahek

Eine Reise ins Nichts


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liebe Ramona, dort liegt Florenz, die Stadt der Künste und von Michelangelo. Das ist unser heutiges Ziel. Ich habe dort für ein paar Tage ein kleines Hotel gebucht und ich hoffe, es gefällt dir.“

      Ramona lächelte ihn an. Sie war noch nie in Florenz.

      „Hast du wieder ein Doppelzimmer gebucht? Die machen dann bestimmt wieder Ärger und Ärger brauchen wir nicht mehr, oder?“, bemerkte sie vorwurfsvoll. Gustav errötete.

      Verdammte Planung!

      Jetzt musste er viel rücksichtsvoller sein, denn Streit wollte er vermeiden.

      „Du brauchst keine Angst zu haben, Ramona, ich schlafe auch auf dem Sofa.“, sagte er verlegen und gleichzeitig dachte er, dass sie dann wenigstens gemeinsam duschen und auf dem Bett Rotwein trinken könnten. Doch der mahnende Blick von Ramona verriet ihm, dass sie andere Gedanken hegte. Enttäuscht senkte er seine Stimme.

      „Aber vielleicht haben die noch Einzelzimmer, auch kein Problem. Ich kümmere mich darum.“, fügte er hinzu.

      „Ach Gustav!“, stöhnte Ramona und doch schmunzelte sie.

      Irgendwas lag in dieser italienischen Luft und es knisterte. Und so fuhren sie nach Florenz und es sah fast so aus, als wären sie ein Paar.

      Gustav hatte Pech, denn das Hotel besaß ausreichend Einzelzimmer, die noch frei waren, verteilt auf unterschiedlichen Etagen. Ärgerlich, denn Ramona erzählte später ganz beiläufig, dass es ihr selber nichts ausgemacht hätte, wären sie in einem Doppelzimmer untergebracht. Verdammte Italiener!

      Die Stadt am Arno war herrlich und so verschwenderisch. Wenn Geschichte fühlbar war und einen eigenen Geruch besäße, dann hier in dieser ehrwürdigen Stadt. Gassen, Winkel und Plätze in einem Labyrinth historischer Details. Beide waren verzückt und liefen vergnügt durch den Trubel der Altstadt.

      Vor einem noblen Restaurant blieben sie stehen und betrachteten das Speiseangebot an üppigen Meeresfrüchten und herrlichen Köstlichkeiten.

      „Das ist ein sehr schönes Restaurant.“, meinte Ramona.

      „Schön teuer!“, dachte Gustav, der sich aber nun nicht als Geizkragen präsentieren wollte. Also betraten sie das hübsche Restaurant.

      Es stellte sich heraus, dass es auch eine kleine Terrasse gab, mit wunderbarem Ausblick auf die Altstadt mit ihrem Fluss.

      „Dann nehmen Sie bitte dort Platz, auf unserer Terrasse und ich bringe Ihnen die Karte.“, erklärte der nette Oberkellner, mit einer sehr würdevollen Verneigung.

      Sie traten durch die Gasträume, bis sie die besagte Terrasse durch ein breites Panoramafenster erblickten.

      „Oh, das ist wirklich sehr hübsch und es ist draußen so angenehm warm.“, säuselte Ramona. Nur eine Tür fanden sie nicht auf Anhieb am großen Panoramafenster. Niemand war in ihrer Nähe und beide ein bisschen ratlos.

      Gustav wollte kein Trottel sein und suchte weltmännisch den Durchgang.

      Es war auch etwas eng. Vorsichtig schob Gustav die Tische beiseite, um besser an das prächtige Panoramafenster zu gelangen. Die großen Blumekübel störten auch. Er begann zu schwitzen.

      „Ich finde hier keine Tür und keinen Öffner! Es bleibt mir ein Rätsel, wie man hierdurch auf die Terrasse kommen will!“, flüsterte er Ramona zu.

      Nun packte auch sie mit an und gemeinsam rüttelten sie das riesige Panoramafenster. Irgendwo musste es doch einen Mechanismus geben!

      Der nette Oberkellner war nirgends zu sehen.

      Inzwischen knieten sie beide auf dem Boden und suchten den Fensterrahmen nach Öffnungsmöglichkeiten ab.

      Ramona fand schließlich einen großen Riegel, den sie kraftvoll, aber mit weiblicher Würde und voller Eleganz bewegte. Wild rüttelte sie und laut ächzte der Rahmen. Aber das Panoramafenster war so riesig und schwer, dass es sich nicht bewegen ließ. Ramona fluchte.

      Schweißperlen formten sich auf ihrer Stirn und sie wollte nicht vor einem italienischen Mechanismus kapitulieren. Gustav war vielleicht zu provinziell, um den Durchgang zu finden, aber nicht Ramona. Verbissen rüttelte sie an allen möglichen Rahmenecken und Kanten, schlug mit ihren Fäusten gegen das Fenster. Nicht einen Millimeter ließ sich die Glasfront zur Terrasse öffnen.

      Grob stieß sie Gustav zur Seite und ihre Augen funkelten wild.

      „Ich bräuchte nur ein Rohrzange!“, stöhnte sie.

      Gustav erhob sich und kratzte sich am Kopf. Waren die Menschen in Italien bessere Türöffner oder kannten sie einfach nur einen Trick, um solche Panoramafenster zu öffnen? Die traumhafte Terrasse lag mit eingedeckten Tischen einladend vor ihnen. Einen Durchgang gab es aber nicht und die Glasfront blieb geschlossen.

      Er stand neben Ramona, die noch immer zu seinen Füßen am Boden kniete und wild um sich fluchte, als plötzlich der nette Oberkellner mit den Speisekarten hinter ihnen auftauchte.

      „Mein Herr, wenn Sie das, freundlicher Weise, unterlassen würden.“,

      sprach er und zeigte auf Ramona, die am Fußboden begonnen hatte, die Teppichkanten am Fensterboden hochzureißen.

      „Nehmen Sie bitte das gnädige Fräulein und folgen Sie mir zur Terrasse.“, sagte er ruhig und bedächtig.

      Verdattert sprang Ramona auf und hakte sich eingeschüchtert bei Gustav unter.

      Der nette Oberkellner trat vorbei am verfluchten Panoramafenster, um einen Pfeiler herum und huschte elegant durch eine breite Nebentür, raus auf die Terrasse.

      „Warum haben wir diesen Durchgang nicht gesehen?“, fragte Gustav und zeigte auf das kleine Schild mit der Aufschrift „

       Zur Terrasse

      “.

      Es war wirklich ein bisschen peinlich. Nun machte es auch Sinn, dass vor dem Panoramafenster Tische, Stühle und Blumenkübel standen, die er etwas voreilig weg geschoben hatte. Beide schauten betroffen zu Boden und folgten dem netten Oberkellner in seinem schmucken Frack.

      Sie besetzten einen eingedeckten Tisch und der Oberkellner entfernte sich wortlos. Er war ein echter Profi.

      Die Terrasse war unglaublich romantisch und das Essen vorzüglich. Niemand sprach über das verfluchte Panoramafenster und beide bemühten sich, dieses Thema zu vermeiden. Mit starrer Mine tauchte hin und wieder der Oberkellner auf.

      Nach einem Krug Wein entspannten sich beide Gemüter mehr und mehr und Gustav traute sich wieder mit dem netten Oberkellner einen Blickkontakt herzustellen. Aber ein kleines Lächeln konnte er ihm nicht entlocken. Der Wein schmeckte großartig.

      Als Gustav schließlich in Ramonas Augen schaute, schlug sie ihre Hand auf den Tisch und brach in hemmungslosem Gelächter aus.

      Kraftvoll pustete sie:

      „Gott, sind wir blöde! Fast hätten wir das riesige Panoramafenster ausgehebelt!“

      Auch Gustav lachte und schüttelte seinen Kopf.

      „Was musst du dich auch gleich so reinknien, wie eine übermotivierte, schmutzige Handwerkerin, du gnädiges Fräulein!“, entgegnete er herzhaft und gackerte los.

      „Ich? Du Irrer hattest die Tische doch gleich weg geschoben! Wie kann man so blöde sein!“

      Sie erlitt einen echten Lachkrampf und Tränen schossen ihr aus den Augen. Er wollte noch erwidern, dass die Terrasse auch sehr schlecht ausgeschildert war, aber gleichzeitig lachen und sprechen, das konnte auch er nicht mehr.

      Es war bereits dunkel, als sie wohl gelaunt und angeheitert ihr Hotel erreichten.

      Brav blieb Gustav vor ihrem Zimmer stehen. Sie hatte gerötete Wangen und ihre blaugrauen Augen glitzerten.

      „Ich würde gern noch etwas mit dir trinken, aber sicherlich bist du müde, oder?“, sagte Gustav leise. Ramona schaute ihn freundlich an und dann drückten