Ava Patell

Smartphone Sweetheart


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tatsächlich länger hier leben. New Maple schien eine schöne Stadt zu sein. Bei Weitem keine Kleinstadt, aber sie war auch nicht so groß wie New York. Der Big Apple lag ganz in der Nähe, hatte Matthew aber schon immer abgeschreckt.

      Meilen entfernt stieg Emmett kopfschüttelnd unter die Dusche. Das heiße Wasser tat unheimlich gut. Und er ging das Gespräch im Kopf noch einmal durch. Auch als er im Bett lag, musste er noch lächeln. Und das sollte sich auch in den folgenden Tagen wiederholen. Immer wieder schrieb er sich kleine Nachrichten mit Mr. M. Einem Mann, den er nicht kannte und auch nie kennen lernen würde.

      3 – Ein Hauch von Nähe

      Es machte Spaß. Es war witzig und es vertrieb Langeweile und Wartezeiten in jeglichen Situationen. Mit einem Fremden zu schreiben, hatte er sich niemals als so amüsant vorgestellt. Mr. M hatte Humor. Es war...zwanglos. Auch wenn mal keine Antwort kam, war es nicht schlimm. Sie waren einander fremd und vielleicht war es gerade aus diesem Grund so einfach. Sie stellten keine Erwartungen aneinander und schuldeten einander nichts. Das machte es so leicht. Emmett kam von einem Termin von seiner Verlegerin, als er erneut nach dem Handy griff.

      Er stand bereits seit 10 Minuten an der Bushaltestelle, den Schal hoch um das Gesicht gebunden. Es war eiskalt. Und der Bus hatte laut der Anzeigetafel Verspätung. Das war eine der typischen Situationen, in denen er nach seinem Handy griff und dann eine Nachricht an den fremden Mr. M schickte. Manchmal hatte er Glück und er bekam sofort eine Antwort. Manchmal dauerte es ein paar Stunden oder auch ein paar Tage bis etwas zurückkam. Aber das war etwas, was diese Art der Kommunikation ausmachte. Kein Zwang.

      Seine Finger fühlten sich steif an, während er auf dem Touchscreen herumtippte und die Nachricht verfasste.

      › Okay. Ich erfriere vermutlich innerhalb der nächsten 5 Minuten. Also beantworten Sie mir noch eine Frage, Mr. M. Die Welt stürzt ins Chaos. Eine ewige Eiszeit bricht herein. Was tun Sie?‹ Die Frage erschien ihm passend, schien doch gerade jetzt auch eine Eiszeit zu herrschen. Eine Eiszeit, mit der sich auch Mr. M befassen musste. Denn dieser versuchte gerade ein Fortbewegungsmittel zu erhaschen, das klimatisiert war. Zu diesem Zweck hob er den Arm und winkte sich ein Taxi heran. Fest rieb er seine Hände aneinander, als er im Wagen saß und so wenigstens vor dem Wind geschützt war. Ohne seinen dicken Mantel, den Schal und die Handschuhe war es nicht auszuhalten. Er dachte ernsthaft darüber nach, sich eine Mütze zu kaufen. Sein Handy vibrierte und er ahnte schon, wer das war. Lächelnd zog er es hervor, zog die Handschuhe aus und entsperrte den Bildschirm. Dann las er und musste prompt lächeln.

      »Bitte nicht erfrieren...«, murmelte er vor sich hin, während er schon tippte.

      › Ich suche meinen MP3-Player, da das Internet vermutlich ausgefallen ist, suche einen passenden Song, zum Beispiel...‹ Matthew überlegte kurz. › ...»Here comes a regular« von den Replacements. Ich höre den Song immer und immer wieder, bis die Batterie leer ist, versuche meine Liebsten zu erreichen. Wenn der MP3-Player aus geht, gehe ich nach draußen, um zu erfrieren .‹

      Emmett starrte auf das Handy und konnte fast nicht glauben, was er da las.

      › Oh mein Gott, Mr. M! Sie enttäuschen mich. Sie geben einfach so auf? Richtige Songs wären... ›Light my fire‹ oder ›Burn baby, burn‹ und dann sucht man sich ein Haus mit einem Kamin und einem großen Holzvorkommen daneben. Bäume. Alte Möbel. Und dann heizen Sie, was das Zeug hält!‹ Emmett schüttelte sich vor Kälte. › Vielleicht ist die wahre Bedrohung aber das zusammenbrechende Nahverkehrssystem. Und zwar hier und heute. Und nicht die Eiszeit selbst.‹

      Deutlich schüttelte Matthew den Kopf als ihn diese Nachricht erreichte und eigentlich sollte er endlich den Motor anlassen und los fahren, doch er tippte erst die Antwort.

      › Johnny, du hast von einer ewigen Eiszeit gesprochen. Selbst, wenn du alles verheizt, was du findest: Du wirst nicht der einzige sein und die Vorkommen werden irgendwann erschöpft sein. Da genieße ich lieber die letzten Stunden.‹ Er hatte die Nachricht längst abgeschickt, als ihm die persönliche Anrede auffiel.

      ›Dennoch gibt man nicht einfach auf. Ist es eigentlich strafbar, auf dem Bürgersteig ein Feuer zu machen? Der Bus kommt einfach nicht und ich sterbe wirklich gleich.‹ , kam die verzweifelt klingende Antwort.

      ›Wie wäre es mit einem Taxi?‹, tippte er während er an einer Ampel stand . Er fuhr an einer Bushaltestelle vorbei, an der vier, fünf Leute auf den Bus warteten. So durchgefroren wie sie musste auch Emmett gerade aussehen.

       ›Das ist keine Option. Ich spare auf Watch-It, schon vergessen?‹

      ›Stimmt. Dann müssen warme Gedanken her. Ein Kamin, ein warmes Winterbett, jemand Nacktes, Warmes, Weiches liegt im Bett und wartet auf dich...‹ Leise lachte Emmett auf als er diese Antwort las und die Frau neben ihm sah irritiert zu ihm. Das war Mr. M's Art. Er schien gerne anzüglich zu werden, aber nicht auf eine abstoßende Art. Es wirkte eher keck.

      › Nett, aber unwahrscheinlich. Was machst du gerade? Warum sitzt du in einem Taxi?‹ Er übernahm einfach das Du. Vielleicht war es jetzt an der Zeit, dass sie zumindest dieses förmliche Sie hinter sich ließen. Dann fiel ihm etwas ein. › Emmett ‹, tippte er noch hinterher.

      ›Ein schlechter Versuch, ich heiße nicht Emmett .‹, schrieb Matthew zuerst zurück, diesmal bekam er die Möglichkeit durch einen sich bildendenden Stau an einer Baustelle an der es kaum voran ging. › Ich fahre zu einem Termin mit Investoren, die hoffentlich meine Geschäftsidee genauso gut finden wie ich.‹

      Emmett verkniff sich ein Glucksen. › Es wäre auch merkwürdig, wenn du genau so heißen würdest wie ich. Aber wenn wir jetzt zum Du übergehen, dann möchte ich, dass du meinen Vornamen kennst. Und ich drücke dir die Daumen.‹ Er wusste nach wie vor nicht, was Mr. M beruflich machte und er wollte auch nicht fragen. In den letzten Wochen war es immer oberflächlich geblieben oder sehr, sehr tief gegangen, jedoch ohne Details preiszugeben, die Rückschlüsse zuließen. Das schien diese Nachrichten-Beziehung auszumachen.

      ›Oh.‹ , schrieb Matthew lachend. › Darf ich dich trotzdem weiterhin Johnny nennen, Emmett? Der Name ist mir ans Herz gewachsen. Du kannst mich auch weiterhin Mr. M nennen, auch wenn du gleich weißt, dass ich Matthew heiße.‹

      Lächelnd tippte Emmett die Antwort, nachdem er sich nach dem Bus umgesehen hatte, der nach wie vor nicht auszumachen war. So langsam färbten sich seine Finger rot vor Kälte, aber er hatte nicht vor, mit dem Schreiben aufzuhören.

      › Du kannst mich weiterhin so nennen. Kann ich dich Matt nennen?‹ Schmunzelnd tippte er auf Senden. Irgendwie ahnte er, dass das dem Älteren nicht gefallen würde. Aber er konnte sich täuschen. Es war nur ein Gefühl.

      Matthew runzelte die Stirn, während der Verkehr jetzt Nahezu zum Stillstand kam. › Auf gar keinen Fall! Hey, wehe du erfrierst. Trink ein heißes Getränk, Wärme von innen ist wichtig, Emmett.‹ Es las sich merkwürdig, nicht mehr Johnny zu denken, sondern einen richtigen Namen zu haben... Apropos! Matthew änderte den Kontakt zum dritten Mal. › Es kann übrigens sein, dass es an deinen Flirtpartnern liegt, dass du bei denen nicht landen kannst. Wenn du in einer Stadt wie der lebst, in der ich gerade lebe zumindest. Die Menschen sind hier...merkwürdig.‹

      ›Du lebst aber nicht in Texas, oder?‹ , kam die kurze und amüsante Antwort. Matthew gluckste. Er konnte aber erst antworten, nachdem er sein Ziel erreicht hatte, denn die Fahrt ging weiter, die Kolonne schob sich an der Baustelle vorbei.

      › Nein. -So- merkwürdig sind sie dann doch nicht. Nur etwas kühl.‹ Er verließ den Wagen, nachdem er sich in eine Parklücke gequetscht hatte, betrat das Restaurant und in den nächsten zwei Stunden ignorierte er das Handy und konzentrierte sich voll und ganz auf die beiden Männer, die ihm beim Essen Gesellschaft leisteten. Sie hätten unterschiedlicher nicht sein können: Mr. Finnigan war klein und gedrungen und Matt fragte sich mehrmals, ob dieser Mann überhaupt einen Hals hatte. Er interessierte sich hauptsächlich für das Essen, fragte, ob es auch eine Nachspeise geben würde und war allein damit zufrieden, gut bekocht