Sie schaute mich an und
ließ eine peinliche Pause erst gar nicht entstehen.
"Da staunst Du, was? Ich bin in diesem Verlag die Verlagsleiterin und
meine Lektorin hat mir dein Manuskript auf den Tisch gelegt. Sie war
der Meinung, dass das nie und nimmer ein Mann geschrieben haben kann
und fand es daher interessant. Ich bin anderer Meinung und habe aus den
Geschichten gelernt, dass du dich wohl sehr geändert hast. Dem wollte
ich nachgehen und darum sitzen wir jetzt hier."
Es war eine ganz deutliche Herausforderung für Beide. Eva hatte
Germanistik studiert, ihren Magister gemacht und war dann in den Uni
Betrieb eingestiegen. Aber da waren wir schon geschieden. Als ich sie
kennen lernte, ging sie noch zur Schule. Ich war ihr erster Mann. Wir
waren auch nicht lange verheiratet, wir waren einfach zu jung damals,
um richtig miteinander umgehen zu können. Das Ende dieser Ehe war eher
unschön, ich hatte das alles als Jugendtorheit zur Seite geschoben und
ich hatte nur ab und zu mal von dem gehört, was sie machte. Sie hatte,
genau wie ich, ein behindertes Kind, war lange in den USA gewesen und
war nun wieder hier. So erfuhr ich nun, dass sie promoviert hatte und
im Verlagswesen Karriere machte.
Ich hatte Schwierigkeiten, den Wust meiner Gedanken zu sortieren und
einen sinnvollen Anfang zu finden. Sie hatte meine Geschichten gelesen.
Ich hatte nicht erwartet, dass ein so seriöser Verlag darauf überhaupt
reagiert. Nun saßen wir hier. Eine junge, blonde und recht ansehnliche
Kellnerin trat an unseren Tisch und fragte, ob wir gewählt hätten. Wir
bestellten etwas, eher lustlos.
"Die müsstest Du jetzt doch sofort anbaggern, wenn man deinen Stories
glauben kann," sagte Eva spitz und schaute mich provozierend an. "Das
siehst Du falsch," entgegnete ich ihr, "ich bin durchaus nicht
schwanzgesteuert und springe auf alles, was Röcke trägt. Das
Anfangssignal muss von der anderen Seite kommen."
Obwohl ich nicht abstreiten konnte, dass die Kellnerin mich
interessierte. Aber ich wollte mein Buch und vor mir sass meine erste
Ehefrau, die ich nach über zwanzig Jahren erstmals wiedersah, sie hatte
zu entscheiden, ob ein Gespräch mit dem Verlag beginnt oder nicht.
"Literarisch ist das Manuskript natürlich Mist. Das muss komplett
überarbeitet werden und in eine neue sprachliche Form gebracht werden.
Das macht aber meine Lektorin mit Dir zusammen. Wir wollen damit eine
neue Reihe starten denn wir glauben, dass der Markt für derartige
Geschichten durchaus vorhanden ist!" dozierte sie eher vor sich hin als
mir zugewandt. Darum hatte ich das alles aufgeschrieben. Nun wollte sie
es veröffentlichen.
"Und was macht dein Sexleben?" fragte ich sie provozierend. "Das geht
dich ja doch nichts an und ich hoffe, dass ich in deinem Machwerk nicht
vorkomme. Ich bin immer noch mit deinem Nachfolger verheiratet, habe
Karriere gemacht und lebe ein durchaus zufriedenes Leben," schnappte
sie wütend.
Klare Sache, das Interesse für Sex war bei dieser Frau auf der Strecke
geblieben. Schnell versicherte ich ihr, dass sie nicht mit einem
Sterbenswörtchen erwähnt sei. Das Essen kam. Die Kellnerin suchte
meinen Blick und ich erwiderte ihn offen, ein Flirt? Konnte was werden.
Beim Essen entspannte sich die Atmosphäre deutlich. Wir verfielen sogar
in einen Plauderton, sprachen über alles mögliche, stellten fest, dass
wir ohne voneinander zu wissen gleichzeitig in den USA gewesen sind.
Sie gab dann auch zu, dass die Lektüre meiner Geschichten bei ihr doch
recht eindeutige Gefühle geweckt hatte, von deren Dasein sie gar nichts
mehr wusste. Das war ein Signal, an das ich schon nicht mehr geglaubt
hatte.
Es war Interesse da und zwar über das geschäftliche hinaus. Ich erzählte
ihr dann auch ganz ehrlich, dass die Situationen meistens frei erfunden
waren und in dieser Form oder so ähnlich niemals stattgefunden hatten.
Detailbeschreibungen von Frauen und Männern waren jedoch echt, dafür
gab es Vorbilder.
Sie schaute mich skeptisch an. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass es
Frauen gibt, die sexuell so aktiv sind, wie du es behauptest, außer auf
St. Pauli vielleicht oder im Puff!" meinte sie.
"Bei ganz vielen Frauen ist die Sexualität noch gar nicht geweckt. Sie
haben nie gelernt, ihren Bedürfnissen zu folgen und diese auch zu
befriedigen, weil sie immer nur eine untergeordnete Rolle gespielt
haben und es hinnehmen, eigentlich nur benutzt zu werden. Bei jungen
Frauen ändert sich das langsam und sie werden auch sexaktiv, eine der
Szenen aus meinem Buch, die der Realität entsprechen, Gaby zum Beispiel
weiß genau was sie will und holt es sich." dozierte ich nun
meinerseits.
Mal schauen, ob ich ihr etwas beweisen konnte. Ich bat Eva um Stift und
Zettel und begann zu schreiben: "Hallo Schönheit, mit den Augen haben
wir es schon gemacht. Ich möchte zu gern Mehr. Wenn Du einverstanden
bist, gib mir ein Zeichen. Zieh den Slip aus, pack ihn in eine
Serviette ein und schreib mir auf einen Zettel, wann ich Dich abholen
kann!"
Ich reichte Eva den Zettel. Sie las ihn und schaute mich empört an.
"Dafür würdest Du von mir nur eine Ohrfeige kriegen!" schnappte sie
wieder. "Ruhig, ruhig," sagte ich, "Du würdest so einen Zettel von mir
auch nicht bekommen."
Ich faltete den Zettel, rief die Kellnerin und gab ihn ihr. Sie ging
damit bis zu ihrem Tresen, faltete ihn auseinander und schaute zu mir
herüber, grinste und verschwand im Hintergrund. Ziemlich schnell
tauchte sie wieder auf und kam mit einer Serviette an unseren Tisch.
In der Serviette war ein schwarzer Slip und ein Zettel. Auf dem stand:
Am liebsten sofort, aber ich habe erst um 15:00 Uhr Schluss, ist das
ok? Ich sah zu ihr hinüber und nickte. Eva war knallrot geworden. Die
Serviette und den Slip hatte sie mitbekommen, was auf dem Zettel stand