hinreichende Rechtfertigungsgründe“[599]. Diese periodische Überprüfungspflicht wurde in der Folgejudikatur stets beibehalten[600].
Darüber hinaus sind seit einer Rechtsprechungsergänzung 2003 Sonderabgaben, die in Nebenhaushalte („Fonds“) fließen, im Interesse einer wirksamen parlamentarisch-demokratischen Legitimation haushaltsrechtlich vollständig zu dokumentieren[601].
III. Gesetzgebungs-, Ertrags- und Verwaltungskompetenz
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Die Verbandskompetenz für den Erlass eines eine Sonderabgabe einführenden Gesetzes richtet sich – wie bei den übrigen nichtsteuerlichen Abgaben – nach den allgemeinen Sachkompetenzen des Art. 70 ff., nicht nach den Steuerkompetenznormen des Art. 105 GG. Der Gesetzgeber muss durch die Sonderabgabe auf den jeweiligen Kompetenzbereich gestaltend einwirken, um sich „auf Art. 70 ff. GG stützen und im Einzelfall über den bundesstaatlich begründeten Ausschließlichkeitsanspruch der in Art. 104a GG normierten Regeln hinwegsetzen“ zu können. Diese Anforderung ist erfüllt, wenn die Einführung einer Sonderabgabe der Verfolgung eines – über die bloße Mittelbeschaffung hinausgehenden – Sachzwecks dient[602]. Erträge aus Sonderabgaben fließen dem Rechtsträger zu, dem der Abgabenertrag gesetzlich zugeordnet wird – nur in diesem eingeschränkten Sinne folgt die Ertrags- der Gesetzgebungskompetenz[603]. Die Verteilung der Verwaltungszuständigkeit richtet sich nach den Art. 30, 83 ff. GG.
Elftes Kapitel Haushalts- und Abgabenrecht › § 67 Abgabenrecht › G. Sonstige Abgaben
G. Sonstige Abgaben
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In die Kategorie der sonstigen Abgaben fallen Abgabentatbestände, die weder Steuern, noch Vorzugslasten (Gebühren oder Beiträge) oder Sonderabgaben sind. Solche Abgaben sind angesichts des fehlenden numerus clausus der Abgabenformen grundsätzlich denkbar. Sie sind oft als Allgemeinlasten ausgestaltet, werden aber nicht in erster Linie zum Zwecke der Erzielung von Aufkommen erhoben, sondern verfolgen einen besonderen Lenkungszweck (Ausgleichs- und Lenkungsabgaben). Häufig werden sie – mangels weiterreichender Klassifizierungen – als Abgabentypus sui generis bezeichnet. Diese Aussage trifft vor allem auf die Sozialversicherungsbeiträge und die überkommene Rundfunkgebühr zu.
1. Ausgleichsabgaben
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Ausgleichsabgaben sind Abgaben, die spezifische Lasten oder Vorteile ausgleichen wollen. Sie werden erhoben, wo Einzelne im öffentlichen Interesse besondere Pflichten übernommen haben, ihnen solche Pflichten auferlegt worden sind oder ihnen ein besonderer Vorteil zugeflossen ist, ohne dass ihnen damit ein zuzurechnender Aufwand erwachsen ist. Beispiele für Ausgleichsabgaben bilden die Schwerbeschädigtenabgabe und die Fehlbelegungsabgabe, deren Verfassungsmäßigkeit auch das Bundesverfassungsgericht beschäftigt hat[604]. Das der Entscheidung zugrunde liegende Schwerbehindertengesetz vom 24. April 1974[605] sah vor, dass Arbeitgeber, die über ein bestimmtes Volumen an Arbeitsplätzen verfügten, einen bestimmten Prozentsatz an schwerbehinderten Arbeitnehmern beschäftigen mussten. Die Arbeitgeber, die dies unterließen, waren abgabepflichtig. Bei der Fehlbelegungsabgabe wurden diejenigen Inhaber öffentlich geförderter Wohnungen in Anspruch genommen, deren Einkommen über einer bestimmten Grenze lag. Der Abgabentatbestand knüpfte an die Fehlbelegung einer Sozialwohnung an. Das Bundesverfassungsgericht qualifizierte sie als Abschöpfungsabgabe, die der Rückabwicklung staatlich gewährter Subventionsvorteile diene[606]. Der Einnahmeerzielungszweck fehlt demgegenüber bzw. tritt weitestgehend zurück.
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Problematisch ist die Abgrenzung zur Sonderabgabe. Die steuerähnliche Sonderabgabe ist gegenleistungsfrei, die Fehlbelegungsabgabe hingegen gleicht die vergünstigte Wohnmöglichkeit und somit einen mittelbaren wirtschaftlichen Vorteil aus; sie steht mit der ursprünglich beim Bau der Sozialwohnung gewährten Subvention „in einem unlösbaren sachlichen Zusammenhang“[607]. Dieses Ergebnis wird noch dadurch bestätigt, dass die abgeschöpften Mittel wieder zweckgebunden der Förderung des sozialen Wohnungsbaus zugeführt werden[608]. Auch diese systematisch eigenständige Abgabe bedarf freilich einer besonderen Legitimation, wenn sie unter Inanspruchnahme einer Sachkompetenz aus Art. 70 ff. GG erhoben wird. Diese folgt daraus, dass bei der Fehlbelegungsabgabe eine Gesetzgebungskompetenz in Anspruch genommen wird, um aus Gründen der Gestaltung eines Sachbereichs – der Förderung des sozialen Wohnungsbaus – staatliche Einnahmen zu erzielen und diese im Rahmen des Sachprogramms zweckgebunden zu verwenden. „Die durch die Abschöpfung gewonnenen finanziellen Mittel werden durch die Zweckbindung und Zuweisung … wieder der Förderung des sozialen Wohnungsbaus zugeführt“[609].
2. Reine Lenkungsabgaben
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Zu den sonstigen Abgaben zählen auch sog. Lenkungsabgaben, die, anders als Steuern, ausschließlich erhoben werden, um das Verhalten der Pflichtigen zu beeinflussen. Solche Lenkungsabgaben sind häufig im Bereich des Umweltrechts anzutreffen und erhalten dort zunehmend Bedeutung[610]. Systematisch wären zu den Lenkungsabgaben auch in Geldzahlungspflichten bestehende monetäre Sanktionen, wie Geldstrafen, Buß- und Zwangsgelder zu zählen. Das Recht der Sanktionen hat sich aber historisch gesondert entwickelt, sodass es nicht üblich ist, Sanktionen als Abgaben zu betrachten[611].
II. Abgaben im Sozialversicherungsrecht
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Schon wegen ihres Aufkommenvolumens im Vergleich zu allen anderen nichtsteuerlichen Abgaben, den Steuern und zum Staatshaushalt, nehmen die Sozialversicherungsbeiträge eine herausragende Stellung ein[612]. Ihre verfassungsdogmatische Einordnung ist jedoch umstritten. Das Bundesverfassungsgericht hat sich in einer Vielzahl von Fällen und Einzelproblemen der Finanzierung der sozialen Sicherungssysteme gewidmet, insgesamt aber keine konsistente Dogmatik zu dieser Abgabenform entwickelt. Sozialversicherungsbeiträge sind keine Beiträge im finanzrechtlichen Sinne[613]. Der Sozialversicherungsbeitrag ist neben Elementen der Äquivalenz auch durch umverteilende Elemente der Leistungsfähigkeit geprägt und kommt Dritten zugute[614]. Auch kann der Sozialversicherungsbeitrag keine Verbandslast sein, da dies voraussetzen würde, dass die Sozialversicherungszweige eine korporative Legitimation zur Beitragserhebung haben, die zumindest einige von ihnen nicht erfüllen[615]. Der Sozialversicherungsbeitrag ist keine Steuer, da die Sozialversicherungskörperschaften keine Ertragshoheit im Sinne des Art. 106 GG haben und diese Abgabe als Sonderlast konzipiert ist; es fehlt an der dem Steuerbegriff immanenten Voraussetzungslosigkeit[616]. Bei den Sozialversicherungsbeiträgen handelt es sich demnach um einen Abgabentypus sui generis, der als „Sonderlast“ bezeichnet werden kann und seine kompetenzielle Grundlage nach ständiger Rechtsprechung in der Sachkompetenz zur Regelung der „Sozialversicherung“ nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG findet[617].
III. Rundfunkbeitrag
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Der Streit über die abgabenrechtliche Einordnung von Rundfunkgebühr bzw. Rundfunkbeitrag schwelt seit langer Zeit. Er dürfte mit der jüngsten Reform und auch mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 18. Juli 2018 nicht beendet sein[618]. Mit dem Urteil des EuGH vom 13. Dezember 2018 ist allerdings die Frage entschieden, ob es sich bei dem Rundfunkbeitrag um eine euoroparechtswidrige staatliche Behilife handelt. Der EuGH verneinte dies erwartungsgemäß[619]. Ein Teil der Schwierigkeiten,