werden. Für beide Arten dieses korporativen Beitrags gestaltet sich die Bestimmung des durch die Verbandslast abgegoltenen potentiellen Vorteils problematisch, da Grund für die Erhebung bereits die Mitgliedschaft des Abgabenschuldners im Zwangsverband ist.
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Das Problem löst sich aber dann, wenn mit dem Bundesverwaltungsgericht[510] an den Gedanken der „Lastengemeinschaft“ angeknüpft wird. Die Erhebung der Verbandslast sei gerechtfertigt, weil eine kollektive Verbandssolidarität bestehe und nicht, weil ein Vorteil ausgeglichen werde. Versuche, einen Vorteil zu konstruieren, seien abzulehnen und „führen zu gewaltsamen Dehnungen und Verbiegungen der Beitragsstrukturen“[511].
3. Abgrenzung zu anderen Abgabentypen
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Wie die Gebühr unterscheidet sich der Beitrag von der Steuer dadurch, dass er für einen individualisierbaren, wenn auch typisierten Vorteil durch öffentliche Leistung erhoben wird. Dies unterstreicht seinen Charakter als Vorzugslast. Der Unterschied zwischen der Gebühr und dem Beitrag besteht darin, dass durch die Gebühr ein aktueller Vorteil abgegolten wird, durch den Beitrag dagegen ein potentieller. Bei der Gebühr wird die Leistung willentlich veranlasst, welches auf eine Art „Schuldverhältnis“ zwischen der leistenden Verwaltung und dem Bürger hindeutet[512], der Beitrag dagegen wird von einer „Gläubigergemeinschaft“ getragen[513]. Anders als Lenkungs- und Ausgleichsabgaben werden durch den Beitrag keine spezifischen Vorteile ausgeglichen[514]. Der Unterschied des Beitrags zur Sonderabgabe wird deutlich, wenn man sich vor Augen führt, dass die Sonderabgabe zumeist in einen haushaltsflüchtigen Sonderfonds fließt, während der Beitrag dem allgemeinen Staatshaushalt zugeführt wird. Darüber hinaus folgt die Sonderabgabe einer zu finanzierenden gruppenbezogenen Aufgabe[515].
II. Verfassungsrechtliche und einfachrechtliche Grenzen des Beitrags
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Ähnlich wie bei der Gebühr stellt sich auch die Frage nach den genaueren rechtlichen Grenzen des Beitrags. Aufgrund der verschiedenen Voraussetzungen muss die Rechtfertigung des korporativen Beitrags anders als die des finanzrechtlichen ausfallen, denn der erste Typus wird von einer Lastengemeinschaft getragen, ohne dass notwendig ein potentieller Vorteil besteht. Hier führt insbesondere die Anwendung des Äquivalenzprinzips zu Schwierigkeiten[516], sodass Rechtsprechung und Rechtswissenschaft vor der Herausforderung stehen, die Grenzen der Verbandslast aufzuzeigen.
1. Bemessung der Höhe des finanzrechtlichen Beitrags
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Die rechtlichen Grenzen des Beitrags im „klassischen“, abgabenrechtlichen Sinne bemessen sich nach ähnlichen Kriterien wie die der Gebühr[517]. Auch der Beitrag muss als nichtsteuerliche Abgabe von besonderer sachlicher Rechtfertigung getragen sein[518].
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Sachgrund für die Beitragsbelastung ist der finanzielle Ausgleich des angebotenen potentiellen Vorteils. Somit muss der Wert bzw. das Äquivalent der Leistung hypothetisch ermittelt werden[519]. Das Äquivalenzprinzip stellt das Verhältnis der Leistung und Gegenleistung – hier das Verhältnis der Höhe des Beitrages zum staatlich geleisteten Vorteil – dar. Es schützt vor unzumutbaren Störungen des Ausgleichsverhältnisses[520] und ist dann verletzt, wenn ein grobes Missverhältnis der Leistungen gegeben ist.
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Auch das Kostendeckungsprinzip kommt bei der Bemessung der Beitragshöhe zum Tragen[521], da der Beitrag, ebenso wie die Gebühr, eine Vorzugslast (Kausalabgabe) darstellt. Eine generelle Obergrenze der Beitragshöhe muss vom Gesetzgeber nicht festgelegt werden, um dem Übermaßverbot zu entsprechen[522].
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Bei der Verteilung von Anliegerbeitragslasten stellt sich die Frage, ob es „gerecht“ ist, einige Anlieger zu bevorteilen, andere dagegen nicht. Dies ist an Art. 3 Abs. 1 GG zu messen, sodass für etwaige Ungleichbehandlung Rechtfertigungsgründe vorliegen müssen. Einen sachlichen Grund für die Differenzierung kann aber der vermittelte Vorteil darstellen. In der Praxis hat sich der Grundsatz der Typengerechtigkeit herausgebildet, welcher dem Gesetzgeber die Möglichkeit bietet, Beitragstatbestände verallgemeinernd zu formulieren, sodass Besonderheiten von Einzelfällen außer Betracht bleiben[523].
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Im Anschlussbeitragsrecht existiert der Grundsatz der Einmaligkeit der Beitragserhebung. Ausgangspunkt ist, dass Beiträge einen potentiellen Vorteil ausgleichen, Gebühren dagegen eine willentlich veranlasste staatliche Leistung. Gebühren können demnach immer dann erhoben werden, wenn eine staatliche Leistung erbracht wurde. Diese Aussage trifft auf (Anschluss-)Beiträge gerade nicht zu: hier kann ein Sondervorteil nur einmal entstehen, sodass das entsprechende Grundstück vor mehrfacher Belastung geschützt ist. Für den Straßenausbaubeitrag gilt dies freilich nicht. Dieser kann bei jedem neuen Straßenausbau, bei welchem für den Grundstückseigentümer ein Sondervorteil (z.B. Erhöhung des Gebrauchswertes oder messbare Steigerung des Verkehrswertes des Grundstücks) entsteht, der sich von dem Nutzen der Allgemeinheit unterscheidet, erhoben werden[524]. Für den jeweils einzelnen Straßenausbau gilt jedoch wiederum die Einmaligkeit der Beitragserhebung[525]. Eine rückwirkende Entstehung der Beitragspflicht ist zudem nicht denkbar[526].
2. Rechtliche Anforderungen an die Verbandslast (korporativer Beitrag)
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Wie oben festgestellt, kann bei der Verbandslast nicht an einen abzugeltenden Vorteil angeknüpft werden, da die Lastengleichheit ihren besonderen Legitimationsgrund bildet. Andererseits muss aufgrund der bundesstaatlichen Finanzverfassung jede nichtsteuerliche Abgabe einer besonderen Rechtfertigungsprüfung unterworfen werden. Methodisch bietet es sich an, sowohl den Selbstverwaltungszweck, als auch den Finanzierungszweck auf deren Verfassungsmäßigkeit hin zu überprüfen, denn die Mitgliedschaft allein kann für eine Rechtfertigung der Verbandslast nicht ausreichen. Die Zwangsmitgliedschaft ist nicht Zweck der Konstruktion, die Mitgliedschaft ist lediglich ein rechtskonstruktiver Anknüpfungspunkt[527]. In den Worten Josef Isensees: Bei diesen Finanzierungsverbänden ist die „Verbandsmitgliedschaft … letztlich nur ein rechtstechnischer Kunstgriff des Gesetzgebers“[528].
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Für die Rechtmäßigkeitsprüfung des Finanzierungszwecks kann die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Sonderabgaben fruchtbar gemacht werden[529]. Der Beitrag muss also von einer homogenen Gruppe erhoben werden, die sachnah zum Abgabenzweck steht. Zuletzt müssen die Erträge gruppennützig verwendet werden[530].
III. Beitragsgesetzgebungs- und Beitragsertragskompetenz
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Auch bezüglich des Abgabentypus des Beitrags sind die Regelungen der bundesstaatlichen Finanzverfassung nicht anwendbar. Somit ist bei der Bestimmung der Beitragsgesetzgebungs- und Beitragsertragskompetenz auf die allgemeinen Regeln der Art. 70 ff., 83 ff. GG zurückzugreifen. Die Beitragsgesetzgebungskompetenz ist Annexkompetenz zur Sachmaterie. Wenn die staatliche Körperschaft für die Sachmaterie keine Gesetzgebungskompetenz besitzt, darf sie die Beitragspflicht nicht normieren. Spiegelbildlich gilt dieser Satz auch für die Beitragsertragskompetenz: Wenn die staatliche Körperschaft keine Verwaltungskompetenz hinsichtlich des Gesetzes innehat, darf sie auch den Beitragsertrag nicht für sich in Anspruch nehmen.
Elftes Kapitel Haushalts- und Abgabenrecht › § 67 Abgabenrecht › F. Recht der Sonderabgaben