1. Aufsichtsmittel
43
Hinsichtlich der eingesetzten Aufsichtsmittel ist zwischen präventiven und repressiven Mitteln zu differenzieren[40]. Der Einsatz präventiver Mittel erfolgt während der Errichtungsphase der Kooperation[41].
44
Die Gründung eines Zweckverbandes oder der Abschluss einer öffentlich-rechtlichen Vereinbarung bedürfen der Genehmigung der Aufsichtsbehörde[42]. Dabei handelt es sich jeweils um einen Verwaltungsakt gegenüber den an der Zweckverbandsbildung bzw. an dem Vereinbarungsabschluss Beteiligten. Diese Genehmigung tritt als zusätzliche Wirksamkeitsvoraussetzung zu dem Vertrag hinzu und bedarf in derselben Weise wie dieser der Bekanntmachung[43]. Fehlt es an der Erteilung der Genehmigung oder ihrer Bekanntmachung, ist der Verband nicht rechtmäßig gegründet bzw. die Vereinbarung nicht rechtmäßig geschlossen worden. Die Maßnahmen sind dann schwebend unwirksam.
45
In manchen Ländern bedarf auch die Gründung einer privatrechtlichen Gesellschaft durch zwei oder mehr Kommunen der aufsichtsbehördlichen Genehmigung. Ist dies der Fall, ist vor Erteilung der Genehmigung die Gesellschaft ebenfalls schwebend unwirksam. In den übrigen Ländern ist die Beteiligung an der Gesellschaft lediglich anzuzeigen.
46
Sonstige Kooperationsmaßnahmen wie die Gründung einer Arbeitsgemeinschaft sind der Kommunalaufsichtsbehörde gleichfalls lediglich anzuzeigen. Einer Genehmigung bedürfen sie nicht.
47
Repressive Aufsichtsmittel können nach der Errichtung des Verbandes, dem Abschluss der öffentlich-rechtlichen Vereinbarung oder einer sonstigen Kooperation ergriffen werden. Es stehen die aus dem allgemeinen Kommunalrecht bekannten Mittel der Kommunalaufsicht zur Verfügung[44]. Bei Handeln der an der Kooperation beteiligten Kommunen bzw. der öffentlich-rechtlichen Kooperationsform selbst können je nach Schwere des Rechtsverstoßes in aufsteigender Reihenfolge die Beanstandung einer Maßnahme sowie deren Aufhebung in Frage kommen. Gegen ein rechtswidriges Unterlassen der Kooperationsform stehen die Anordnung des entsprechenden Tuns sowie die Ersatzvornahme zur Verfügung. In Extremfällen kommen bei beiden Verhaltensmodalitäten die Bestellung eines Beauftragten sowie die Auflösung von Verbandsorganen in Betracht.
2. Aufsichtsmaßstab
48
Die Aufsicht über die Errichtung des Zweckverbandes oder einer anderen öffentlich-rechtlichen Organisationsform ist reine Rechtsaufsicht. Denn aus der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie nach Art. 28 Abs. 2 GG folgt die kommunale Kooperationshoheit, die den beteiligten Kommunen ein Recht auf Gründung des Zweckverbandes bzw. die Wahl einer anderen Kooperationsform einräumt[45]. Dieses Recht kann nur durch die Kooperationsgesetze und andere gesetzliche Regelungen eingeschränkt werden, nicht aber durch Zweckmäßigkeitserwägungen der Kommunalaufsichtsbehörde.
49
Die Aufsicht über die Betätigung des Verbandes oder der sonstigen Kooperationsform bestimmt sich nach den allgemeinen Regeln: Soweit es sich um Aufgaben des eigenen Wirkungskreises der beteiligten Kommunen handelt, bleibt die Kommunalaufsichtsbehörde auf Rechtsaufsicht[46] beschränkt. Werden hingegen Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises gemeinsam wahrgenommen, unterliegt diese Betätigung der Rechtsaufsicht durch die Kommunalaufsichtsbehörde[47] und der Fachaufsicht[48] durch die jeweilige Fachaufsichtsbehörde. Mit anderen Worten – allein durch die gemeinsame Wahrnehmung einer Aufgabe wird der Aufsichtsmaßstab weder gelockert noch verschärft.
VI. Kommunale Zusammenarbeit und Vergaberecht
50
Seit mehreren Jahren bestand Streit darüber, inwieweit die kommunale Zusammenarbeit dem Vergaberecht unterfalle und daher ausschreibungspflichtig sei, weil die Europäischen Vergaberichtlinien bis 2014[49] die Zusammenarbeit zwischen öffentlichen Stellen nicht ausdrücklich behandelten[50]. Zum Teil wurde danach differenziert, ob nur die Wahrnehmung der Aufgabe im Innenverhältnis zu der übertragenden Kommune (mandatierende Übertragung) oder auch die Erfüllung der Aufgabe im Außenverhältnis zu den Einwohnern (delegierende Übertragung) übertragen wurde[51]. Deutsche Oberlandesgerichte hielten in sehr strenger Auslegung der europarechtlichen Vorgaben zum Teil jede Übertragung kommunaler Aufgaben für europaweit ausschreibungspflichtig[52]. Der EuGH hingegen stellte in seiner Entscheidung Coditel Brabant[53] zunächst jedenfalls die interkommunale Zusammenarbeit in Form von Zweckverbänden vom Vergaberecht frei. Mit der Entscheidung „Stadtreinigung Hamburg“[54] hat der EuGH nunmehr geklärt, dass die interkommunale Zusammenarbeit generell vergaberechtsfrei ist, soweit sie der Erfüllung einer im Allgemeininteresse liegenden Aufgabe dient, ausschließlich durch öffentliche Stellen ohne die Beteiligung Privater erfolgt und auf vertraglicher Grundlage oder einer institutionalisierten Rechtsform wie bspw. einem Zweckverband erfolgt[55].
Mittlerweile wurden die damaligen Richtlinien durch aktuellere Regelungen ersetzt, die diese Problematik erkannt und aufgegriffen haben.[56] In den neuen EU-Richtlinien wird nun ausdrücklich darauf Bezug genommen, dass erhebliche Unsicherheit über die Geltung der Vergaberichtlinien, bei öffentlicher Auftragsvergabe zwischen öffentlichen Auftraggebern, bestehe. Weiter wird festgestellt, dass die einschlägige Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union auch für Behörden gelte und sowohl die Rechtsprechung als auch die Richtlinien einheitlich ausgelegt und angewandt werden sollten.[57] Daher regelt Art. 28 einer dieser Richtlinien ausführlich die Auftragsvergabe zwischen öffentlichen Auftraggebern, und zwar insbesondere wann diese nicht unter die Richtlinie fällt.[58]
Zehntes Kapitel Kommunalrecht › § 65 Kommunale Zusammenarbeit › H. Arbeitsgemeinschaft
H. Arbeitsgemeinschaft
51
Um den Austausch zwischen den kommunalen Hauptverwaltungsbeamten, seltener auch zwischen den Mitgliedern der Vertretungskörperschaften, zu institutionalisieren, kann durch öffentlich-rechtlichen Vertrag eine einfache kommunale Arbeitsgemeinschaft gebildet werden[59]. Diese stellt eine sehr lockere Form der Zusammenarbeit dar, denn es gehen auf sie keine öffentlich-rechtlichen Aufgaben oder Befugnisse über. Sie kann auch keine für die Beteiligten verbindlichen Beschlüsse fassen, so dass ihre Errichtung ohne nennenswerte Rechtsfolgen bleibt, weshalb zahlreiche Landeskooperationsgesetze von vornherein auf diese Organisationsform verzichten.
Zehntes Kapitel Kommunalrecht › § 65 Kommunale Zusammenarbeit › I. Öffentlich-rechtliche Vereinbarung
I. Öffentlich-rechtliche Vereinbarung
52
Von wesentlich größerer Bedeutung ist die öffentlich-rechtliche Vereinbarung, die in sämtlichen Kooperationsgesetzen enthalten ist[60]. Bei ihr handelt es sich um eine Sonderform des koordinationsrechtlichen öffentlich-rechtlichen Vertrages nach §§ 54 ff. VwVfG. Es sind mandatierende (I.) und delegierende Vereinbarungen (II.) zu unterscheiden.
I. Mandatierende Vereinbarung
53
Die mandatierende Vereinbarung entfaltet Rechtswirkungen nur im Innenverhältnis zwischen zwei Kommunen. Eine Kommune beauftragt (mandatiert) eine andere Kommune mit der Aufgabenerfüllung. Befugnisse gehen nicht über und jede Kommune bleibt nach außen gegenüber ihren Einwohnern verantwortlich. Schließen bspw. die Gemeinden A und B eine mandatierende Vereinbarung