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Die Zweckverbandssatzung bedarf der aufsichtsbehördlichen Genehmigung, weil mit dem Zweckverband eine neue juristische Person des öffentlichen Rechts entsteht und die entsprechenden Aufgaben und Befugnisse von den Mitgliedskommunen auf den Verband übergehen[72]. Aus der kommunalen Kooperationshoheit folgt bei Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben ein Anspruch der beteiligten Kommunen auf Erteilung der beantragten Genehmigung[73].
3. Bekanntmachung von Verbandssatzung und Genehmigung
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Sowohl die Verbandssatzung als auch die aufsichtsbehördliche Genehmigung derselben sind bekannt zu machen. Der Zweckverband entsteht erst nach der Bekanntmachung. Zuvor handelt es sich lediglich um einen Vorverband, der noch nicht öffentlich-rechtlich handeln kann[74].
4. Gründungsfehler und Heilungsgesetze
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Da bei der Zweckverbandsbildung relativ umfangreiche gesetzliche Vorgaben zu beachten sind, traten vor allem bei der Errichtung von Verbänden in den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts in den neuen Ländern zahlreiche Fehler auf[75]. Die Verbandssatzung erfüllte bspw. nicht die gesetzlichen Mindestanforderungen oder es fehlte an der internen Zustimmung zur Verbandsbildung durch die jeweilige Vertretungskörperschaft, an der Genehmigung der Verbandssatzung durch die Aufsichtsbehörde oder der ordnungsgemäßen Bekanntmachung der Satzung und/oder der Genehmigung. Diese Gründungsfehler riefen erhebliche Rechtsunsicherheit hervor, weil unklar war, ob die Verbände wirksam gegründet und die von diesen erlassenen Satzungen und weiteren Rechtsakte ihrerseits wirksam waren. Einerseits versuchten an der Verbandsgründung beteiligte Mitglieder sich dem Verband unter Berufung auf die Unwirksamkeit zu entziehen, andererseits griffen Einwohner der Mitgliedskommunen die nach Inanspruchnahme der Leistungen des Verbandes ergangenen Gebührenbescheide allein unter Hinweis auf die Gründungsfehler des Verbandes und die daraus möglicherweise resultierende Rechtswidrigkeit der Bescheide an.
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Um dieser im Verwaltungsalltag sehr hinderlichen Rechtsunsicherheit zu begegnen, erließen die Gesetzgeber der meisten neuen Länder Heilungsgesetze[76]. Diese erklärten zum einen Gründungsfehler, die nicht binnen bestimmter Fristen gerügt wurden, für unbeachtlich, zum anderen ermöglichten sie in weitem Umfang die Sicherheitsneugründung von Verbänden, um auf diese Weise wenigstens für die Zukunft Rechtssicherheit herzustellen.
III. Rechtsfolgen der Verbandsbildung
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Die Bildung eines Zweckverbandes „erschüttert“ das kommunale Umfeld und zeitigt Rechtswirkungen für die Mitglieder (1.), die Verbandsangehörigen (2.) sowie die Kommunalaufsichtsbehörde (3.).
1. Für die Mitglieder
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Was die Mitglieder betrifft, so gehen deren Aufgaben – soweit satzungsmäßig vereinbart – auf den Verband über. An die Stelle der eigenverantwortlichen Wahrnehmung dieser Aufgaben durch jedes einzelne Mitglied tritt nunmehr die Beteiligung an der Willensbildung des Verbandes[77]. Das Alleinentscheidungsrecht einer kleineren Einheit wandelt sich um zum Mitentscheidungsrecht in einer größeren. Innerhalb der kommunalen Verbandsmitglieder verschieben sich die Gewichte von der Vertretungskörperschaft hin zu dem Hauptverwaltungsbeamten, der allein oder zusammen mit Mitgliedern der Vertretungskörperschaft die Kommune in den Organen des Zweckverbandes vertritt. Auch bei den übrigen Mitgliedern erfolgt eine ähnliche Machtverschiebung von dem kollegial organisierten Willensbildungsorgan, z.B. der Gesellschafterversammlung einer GmbH, zu dem monokratisch organisierten Organ der Willensbetätigung, z.B. dem Geschäftsführer einer GmbH.
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Unter finanziellen Gesichtspunkten werden die Kommunen zwar von den Kosten der eigenen Wahrnehmung der auf den Verband übertragenen Aufgaben entlastet, dafür unterfallen sie aber der von dem Verband erhobenen Umlage[78]. Soweit das Mitglied bereits vor Verbandsbildung Einrichtungen zur Erfüllung der Aufgabe unterhielt, besteht regelmäßig ein Anspruch des Verbandes auf Übertragung dieser Einrichtungen[79]. Im Gegenzug kommt dem Mitglied ein Ausgleichsanspruch gegen den Verband zu. Sollten hingegen nur andere Verbandsmitglieder entsprechende Vorleistungen erbracht und Einrichtungen an den Verband übertragen haben, kann auch ein gegenläufiger Ausgleichsanspruch des Verbandes gegen das Mitglied ohne eingebrachte Einrichtungen bestehen[80].
2. Für die Verbandsangehörigen
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Die Verbandsangehörigen, also vor allem die Einwohner der Mitgliedskommunen, erhalten hinsichtlich der auf den Verband übertragenen Aufgaben nunmehr einen anderen Ansprechpartner. Ihre Ansprüche auf Nutzung der zugehörigen Einrichtungen richten sich nun nicht mehr gegen die Heimatkommune, sondern gegen den Verband[81]. In gleicher Weise werden auch die entsprechenden Befugnisse nicht mehr von ihrer Heimatkommune ausgeübt, sondern von dem Verband. Daher ist dieser auch für Widersprüche gegen seine Bescheide zuständig, sofern nicht bei Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises eine staatliche Behörde Widerspruchsbehörde ist. Der Verband tritt als Klagegegner an die Stelle der Mitgliedskommune[82].
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Der Einfluss der Verbandsangehörigen auf die Willensbildung des Verbandes ist geringer als derjenige auf die Mitgliedskommune. Weder wählen sie die Verbandsversammlung oder ein anderes Verbandsorgan unmittelbar noch sind Formen direkter Demokratie auf Verbandsebene vorgesehen[83].
3. Für die Aufsichtsbehörde
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Aus der Perspektive der Aufsichtsbehörde entsteht eine weitere juristische Person des öffentlichen Rechts, die zusätzlich zu den Mitgliedskommunen zu überwachen ist. Zugleich wird aber die Wahrnehmung einer oder mehrerer Aufgaben bei dem Zweckverband gebündelt, was die Kontrolle dieser Aufgabenwahrnehmung erleichtern kann.
IV. Veränderungen des Mitgliederkreises
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Der Mitgliederkreis des Verbandes steht nicht ein für alle Mal fest, sondern verändert sich in der Zeit. Dabei ist zwischen freiwilligen (1.) und erzwungenen (2.) Veränderungen sowie zwischen Erweiterungen und Reduzierungen des Mitgliederbestandes zu unterscheiden[84]. Weil in der Verbandssatzung alle Mitglieder des Verbandes namentlich aufgeführt sind, bedarf jede Änderung des Mitgliederbestandes zugleich einer Änderung der Zweckverbandssatzung.
1. Freiwillige Veränderungen des Mitgliederkreises
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Die bisherigen Mitglieder eines Zweckverbandes können sich entschließen, ein weiteres Mitglied in den Verband aufzunehmen. Dazu wird ein Vertrag über den Beitritt zwischen dem Verband und dem neuen Mitglied geschlossen und die Zweckverbandssatzung entsprechend angepasst, etwa hinsichtlich des Kreises der Mitglieder, der Entsendung von Vertretern in die Verbandsorgane und der Verbandsumlage[85]. Die geänderte Satzung bedarf der Genehmigung und ist ebenso wie diese bekannt zu machen.
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Mitglieder können den Verband auch verlassen[86]. Soweit dies ausdrücklich in der Verbandssatzung vorgesehen ist, gelten die dafür getroffenen Regelungen. Fehlt es an einer expliziten Vorschrift, folgt gleichwohl aus der verfassungsrechtlich gewährleisteten negativen Kooperationshoheit der austrittswilligen Kommune ein Anspruch auf Ausscheiden aus dem Zweckverband – zumindest bei Vorliegen eines wichtigen Grundes[87]. Für den Austritt bedarf es vertraglicher Regelungen zwischen dem austrittswilligen Mitglied und dem Zweckverband über die Rechtsfolgen