2. Zwangsweise Veränderungen des Mitgliederkreises
77
Ein Anschluss an einen Zweckverband darf in gleicher Weise wie die Errichtung eines Pflichtverbandes nur auf parlamentsgesetzlicher Ermächtigungsgrundlage erfolgen, weil darin ein Eingriff in die negative Kooperationshoheit liegt[88]. Formell setzt der Anschluss eine Anhörung der anzuschließenden Kommune und des Verbandes voraus, materiell ein besonderes öffentliches Interesse an der Aufgabenerfüllung in kooperativer Form. Der Anschluss gestaltet den Zweckverband insgesamt zu einem Pflichtverband um und erzwingt das Ausscheiden bisheriger nicht-kommunaler Mitglieder.
78
Ein Mitglied kann nur auf einer gesetzlichen oder verbandssatzungsmäßigen Grundlage aus dem Zweckverband ausgeschlossen werden[89]. Fehlt es an einer solchen Regelung, kann ggf. auf die Auflösungskompetenz zurückgegriffen werden: Könnte der Verband im Ganzen aufgelöst und unter den übrigen Mitgliedern ohne das auszuschließende neu gegründet werden, dann kann auch ein Ausschluss erfolgen. Ein solcher Ausschluss setzt aber in formeller Hinsicht eine Anhörung des auszuschließenden Mitglieds voraus, in materieller Hinsicht einen wichtigen Grund. Dieser kann bspw. in der fortdauernden oder nachhaltigen Verletzung von Pflichten des Mitglieds gegenüber dem Verband oder anderen Mitgliedern liegen.
V. Auflösung des Zweckverbandes
79
Die Auflösung eines Freiverbandes kann als actus contrarius zur Verbandsgründung durch vertragliche Einigung der Mitglieder erfolgen, bei entsprechender gesetzlicher oder verbandsmäßiger Regelung auch durch Mehrheitsbeschluss in der Verbandsversammlung[90]. Eine Verbandsauflösung kommt vor allem bei Wegfall des Verbandszwecks, Eintritt einer auflösenden Bedingung oder Absinken der Mitgliederzahl auf nur noch ein kommunales Mitglied in Betracht. Pflichtverbände sind bei Wegfall ihrer Voraussetzungen durch die Aufsichtsbehörde in Freiverbände umzuwandeln, bei ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung auch aufzulösen[91]. Der Verband ist dann als Zweckverband in Liquidation abzuwickeln[92].
VI. Interne Organisation des Zweckverbandes
80
Der Zweckverband benötigt als juristische Person aus rechtstheoretischer Perspektive wenigstens ein Organ, aus Gründen der Gewaltenteilung haben die Landesgesetzgeber sich indes wenigstens für zwei Organe entschieden. Diese sind die Verbandsversammlung (1.) und der Verbandsvorsteher (2.). Hinzu treten ggf. weitere Organe (3.).
1. Verbandsversammlung
81
Die Verbandsversammlung ist das Hauptorgan des Zweckverbandes und zuständig für die Willensbildung des Verbandes[93]. Ihr obliegen der Erlass von Satzungen, der Beschluss des Verbandshaushaltes, die Wahl des Verbandsvorstehers und dessen Kontrolle. Sie ähnelt von ihrem Aufgabenzuschnitt daher der Gemeindevertretung einer Gemeinde bzw. dem Kreistag eines Landkreises.
82
Die Mitglieder der Verbandsversammlung werden von den Kommunen und sonstigen Mitgliedern des Verbandes entsandt[94]. Die Zahl der Sitze in der Verbandsversammlung ist in der Zweckverbandssatzung festzulegen und orientiert sich in der Regel an dem Verhältnis der finanziellen Beiträge der Mitglieder zu dem Verband, insbesondere an dem Umlageschlüssel. Dadurch wird ein Gleichlauf der Rechte und Pflichten der Verbandsmitglieder angestrebt[95].
83
Die Mitglieder der Verbandsversammlung sind weisungsgebunden und können ihre Stimmen nur einheitlich abgeben, selbst wenn sie ansonsten als Abgeordnete in der Vertretungskörperschaft einer Mitgliedskommune Inhaber eines freien Mandates sind[96].
2. Verbandsvorsteher
84
Der Verbandsvorsteher vertritt den Verband nach außen und führt dessen Geschäfte nach innen[97]. Er bereitet die Willensbildung der Verbandsversammlung vor und führt deren Beschlüsse aus. Zumeist kommt ihm der Vorsitz in der Verbandsversammlung zu. Er ist Vorgesetzter und Dienstvorgesetzter der Beamten und Arbeitnehmer des Verbandes und entscheidet über deren Einstellung, Beförderung, Degradierung und Entlassung, sofern nicht bei höherrangigen Bediensteten durch Gesetz oder Verbandssatzung der Verbandsversammlung die Entscheidung vorbehalten ist. Der Verbandsvorsteher ähnelt von seinem Aufgabenzuschnitt dem Bürgermeister einer Gemeinde bzw. dem Landrat eines Landkreises.
85
Zumeist wird der Hauptverwaltungsbeamte einer Mitgliedskommune zum Verbandsvorsteher gewählt. Weil dieser durch das neben seinem Hauptamt auszuübende Amt regelmäßig zeitlich überfordert ist, wird häufig zusätzlich zu dem Verbandsvorsteher ein hauptamtlicher Geschäftsführer bestellt, dem durch Beschluss der Zweckverbandsversammlung mit Zustimmung des Verbandsvorstehers all jene Aufgaben übertragen werden können, die nicht zwingend an dessen Status als zentrales exekutives Organ des Zweckverbandes anknüpfen[98].
3. Weitere Verbandsorgane
86
Zusätzlich zu der Verbandsversammlung und dem Verbandsvorsteher können in der Verbandssatzung noch weitere Organe vorgesehen werden[99]. Zweckmäßig ist dies allenfalls bei größeren Verbänden, um bestimmten Gruppen von Mitgliedern auch zwischen den Sitzungen der Verbandsversammlung weitere Einwirkungsmöglichkeiten zu geben. Wird die Aufsichtsbehörde im Rahmen der Ersatzvornahme für den Verband tätig, so könnte man sie ebenfalls als Organ des Verbandes betrachten.
VII. Rechtsetzung des Zweckverbandes
87
Ein Zweckverband kann Recht sowohl gegenüber den Verbandsangehörigen (1.) als auch den Verbandsmitgliedern (2.) setzen. Die danach erlassenen Regelungen fügen sich in die Normenhierarchie des staatlichen und kommunalen Rechts ein (3.).
1. Rechtsetzung gegenüber den Verbandsangehörigen
88
Soweit die Mitgliedskommunen zusätzlich zu den Aufgaben auch Befugnisse auf den Verband übertragen haben, kann der Verband in Ausschöpfung dieser Befugnisse Recht gegenüber den Verbandsangehörigen, vor allem also den Einwohnern der Mitgliedskommunen, setzen. Dies betrifft sowohl öffentlich-rechtliche als auch privatrechtliche Maßnahmen. Öffentlich-rechtlich beschließt die Verbandsversammlung Satzungen mit Wirkung für und gegen die Verbandsangehörigen[100]. Die unter der Leitung des Verbandsvorstehers stehende Verbandsverwaltung erlässt Verwaltungsakte und kann an deren Stelle verwaltungsrechtliche Verträge mit den Verbandsangehörigen schließen. Außerdem kann der Verband privatrechtlich handeln, vor allem privatrechtliche Verträge abschließen.
2. Rechtsetzung gegenüber den Verbandsmitgliedern
89
Der Verband kann nicht nur gegenüber den Verbandsangehörigen rechtsetzend tätig werden, sondern auch gegenüber den Verbandsmitgliedern sowohl privatrechtlich als auch öffentlich-rechtlich handeln[101]. So legt die Verbandsversammlung durch Satzung die Höhe der von den Verbandsmitgliedern zu entrichtenden Verbandsumlage fest, und die Verbandsverwaltung erlässt die entsprechenden Umlagebescheide. Insoweit steht der Verband in einem Verhältnis der Überordnung zu den Verbandsmitgliedern, obwohl er überhaupt erst durch deren Vereinbarung der Verbandssatzung entstanden ist.
3. Normenhierarchie des Zweckverbandsrechts
90