typische Folge einer Nötigungshandlung, nicht aber einen zeitlich-räumlichen Zusammenhang.[364] In systematischer Hinsicht scheint es, dass die Rspr. inzident Kausalitätserwägungen i.S.e. „Verstärkerkausalität“ bei der Prüfung des Zusammenhangs zwischen Nötigung und Wegnahme einfließen lässt, obwohl sie weiterhin (explizit) nur einen Final- und keinen Kausalzusammenhang zwischen qualifizierter Nötigung und Wegnahme fordert.[365] Zwar versteht sie diese Kausalität lediglich als „Prüfstein“ für das Vorliegen eines engen zeitlich-räumlichen Zusammenhangs (und nicht als eigenständiges Kriterium)[366], dabei wird aber nicht klar, inwieweit die Kausalität geeignet sein kann, Aufschluss über das Vorliegen eines zeitlich-räumlichen Zusammenhangs zwischen qualifizierter Nötigung und Wegnahme zu geben.[367]
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Bleibt man hingegen bei einer subjektiven Lesart könnte ein Hinweis von Habetha in einer Urteilsbesprechung zu BGHSt 61, 141[368] den Weg zu einer gangbaren Lösung aufzeigen. Für ihn setzt Raub, im Anschluss an Vogel[369], einen objektiven Zurechnungszusammenhang zwischen qualifizierter Nötigungshandlung und Wegnahme voraus. Bleibt man indes bei einer rein subjektiven Bestimmung des Zusammenhangs zwischen Nötigung und Wegnahme, ist zusätzlich zu der (vorgestellten) Kausalität i.e.S. auch vorauszusetzen, dass sich – nach der Vorstellung des Täters – die spezifische Gefahr der Nötigung in der Wegnahme verwirklichen soll. Der Zurechnungsgedanke vermag jene Ausnahmefälle aus der Raubstrafbarkeit auszuschließen, bei denen der Täter das qualifizierte Nötigungsmittel zwar final im Hinblick auf den Wegnahmeerfolg (in seiner konkreten Gestalt) einsetzt, sich im Wegnahmeerfolg aber nicht mehr die typische Gefahr der Tathandlung realisiert. Im Hinblick darauf, dass es für das spezifische Raubunrecht nicht auf den tatsächlichen Zusammenhang zwischen Raubmittel und Wegnahme, sondern auf die Vorstellungen des Täters ankommt (Rn. 76), ist jedoch ein subjektives Verständnis des Zurechnungserfordernisses vorzugswürdig. Für diesen subjektiven Zurechnungszusammenhang ist erforderlich, dass nach der Vorstellung des Täters durch die Nötigung die Schutzbereitschaft des Opfers ausgeschaltet wird[370] und gerade dadurch die Wegnahme erleichtert wird. Richtet sich die Gewalt gegen den Gewahrsamsinhaber, ist dies regelmäßig zu bejahen, wenn der Täter eine Lockerung des Gewahrsams bezweckt.[371] Mithilfe dieses Kriteriums lassen sich auch die von der Rspr. und der Lit. behandelten (Ausnahme-)Fälle zufriedenstellend lösen. Im Sachverhalt, der dem Urteil des BGH in BGHSt 61, 197 zugrunde lag, wandte der Täter durch einen wuchtigen Kopfschlag Gewalt gegen seine Mutter in deren Wohnung an, um diese widerstandsunfähig zu machen und unmittelbar anschließend Sachen aus der Wohnung zu entwenden. Tatsächlich wurde die Mutter jedoch nicht bewusstlos, sondern war lediglich leicht benommen. Abweichend vom Tatplan verständigte der Täter daher den Notarzt und nahm erst etwa zwei Stunden später, nachdem seine Mutter ins Krankenhaus verbracht worden war, die Sachen an sich. Dass in diesem Fall der zeitlich-räumliche Zusammenhang noch vorliegt, wurde vom BGH zwar angenommen, ist aber mehr als zweifelhaft. Stellt man hingegen auf das Kriterium des subjektiven Zurechnungszusammenhangs ab, lässt sich die raubspezifische Verknüpfung problemlos bejahen, da der Täter durch den Schlag in der Wohnung die Wegnahme dadurch erleichtern wollte, dass seine Mutter sich infolge von körperlichen Einschränkungen – also gerade durch die Realisierung der typischen Gefahr von Schlägen – nicht mehr dagegen wehren konnte. Ihr Gewahrsam an den Sachen in der Wohnung sollte dadurch gelockert werden. Sein Irrtum über den Kausalverlauf ist dabei unbeachtlich (Rn. 77). In dem von Mitsch geschilderten „Kreuzfahrtfall“[372], in dem der Täter auf einem Kreuzfahrtschiff durch Schläge Gewalt gegen einen wohlhabenden Mitreisenden anwendet und diesen so zur Preisgabe seines Namens und seiner Adresse veranlasst, um drei Wochen später, nach Beendigung der Kreuzfahrt in dessen Villa einzudringen und wertvolle Gegenstände zu entwenden, ist zwar der Finalzusammenhang ebenfalls zu bejahen, doch fehlt es am subjektiven Zurechnungszusammenhang. In dem Wegnahmeerfolg sollte sich nach Tätervorstellung nicht mehr die eingeschränkte Widerstandsfähigkeit des Opfers, sondern der Vorteil aus dem durch die Gewaltanwendung erlangten Wissen realisieren. Diese sollte hier keine Schwächung der Schutzbereitschaft des Opfers, insbesondere keine Gewahrsamslockerung bewirken. Der subjektive Zurechnungszusammenhang ist damit abzulehnen.[373] Letztlich kann man den raubspezifischen Zusammenhang demnach als dolus directus 1. Grades (Absicht i.e.S.) des Täters hinsichtlich der Kausalität der Nötigung für die Wegnahme (in ihrer konkreten Gestalt) sowie hinsichtlich der objektiven Zurechnung des Wegnahmeerfolgs verstehen. Diese aus der allgemeinen Tatbestandslehre bekannten und am spezifischen (Gesinnungs-)Unrecht des Raubes orientierten Kriterien ermöglichen eine klare Bestimmung der erforderlichen Verknüpfung zwischen Nötigungs- und Wegnahmeelement sowie eine angemessene (subjektive) Einschränkung des Verbrechenstatbestandes, um eine Ausuferung der Raubstrafbarkeit zu verhindern.
d) Motivwechsel
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Unerheblich ist, ob der Täter bei der Gewaltanwendung noch weitere Zwecke verfolgt,[374] also ein „Motivbündel“ vorliegt. Allerdings wird zu Recht gefordert, dass dem Wegnahmemotiv neben anderen Motiven noch eine eigenständige Bedeutung zukommen muss.[375] Problematisch sind diejenigen Fälle, bei denen es zu einem „Motivwechsel“ kommt, der Täter also zunächst unter anderer Motivation (beispielsweise sexueller) eine Gewaltanwendung vornimmt und anschließend eine Wegnahmehandlung (mit dann erst gefasster Zueignungsabsicht) durchführt. Folgt die Wegnahme der Anwendung von Gewalt zu anderen Zwecken nur zeitlich nach, ohne dass eine finale Verknüpfung besteht, so scheidet ein Schuldspruch wegen Raubes aus.[376] Es genügt jedoch für das Vorliegen des Finalzusammenhangs, wenn die zunächst zu anderen (z.B. sexuellen) Zwecken begonnene Gewaltanwendung beim Fassen des Wegnahmevorsatzes noch fortgesetzt wird.[377] Ob ein Raub zu bejahen ist, ist demnach danach zu bestimmen, ob die Nötigungshandlung nur ausgenutzt wurde oder fortgesetzt wird, also bei Wegnahme noch andauert.[378]
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Nach ständiger Rspr. fehlt es an der finalen Verknüpfung zwischen Raubmittelanwendung und Wegnahme, wenn der Täter die
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Dagegen hat der BGH für die Fälle einer Fortwirkung einer gewaltsam herbeigeführten Freiheitsberaubung (etwa einer Fesselung oder Einsperrung) oder sonstiger Zwangslagen
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Die Rspr. nimmt außerdem einen Raub in dem Fall an, in dem eine bereits vollendete (ohne Wegnahmevorsatz begangene) Gewalteinwirkung als aktuelle konkludente Drohung mit neuer Gewalteinwirkung zu verstehen ist.[386] Dafür muss der Täter durch sein Verhalten eine Gefahr für Leib und Leben durch die Gewaltausübung deutlich in Aussicht stellen.[387]