im Hinblick auf die von § 215 Abs. 1 BauGB einbezogenen Fehler nach einem Jahr ein umfassender Schutz gegen die gerichtliche Geltendmachung besteht. § 215 Abs. 1 BauGB betrifft zunächst die nach § 214 Abs. 1 S. 1 Nr. 1–3 BauGB beachtlichen Verfahrens- und Formfehler (Nr. 1), des Weiteren Fehler bezüglich des Verhältnisses von Flächennutzungs- und Bebauungsplan (Nr. 2) und schließlich die nach § 214 Abs. 3 BauGB beachtlichen Mängel des Abwägungsvorgangs. Für den Zweck des § 215 Abs. 1 BauGB ist eine Klärung der Abgrenzung zwischen Abwägungsvorgang einerseits und Abwägungsverfahren andererseits nicht erforderlich, da unabhängig von der Zuordnung die Rechtsfolge unverändert bleibt. Im Ergebnis führt das Zusammenspiel von § 214 Abs. 3 BauGB und § 215 Abs. 1 BauGB dazu, dass nach Ablauf der Rügefrist nur der Fehler der Abwägungsdisproportionalität beachtlich ist. Soweit sie dem Abwägungsvorgang zuzuordnen sind, unterliegen diese Fehler der einjährigen Rügefrist, ansonsten können sie als Fehler des Abwägungsergebnisses unbegrenzt geltend gemacht werden. Letztlich bedarf es hier also der Beurteilung des Plans als Ergebnis des Abwägungsvorgangs. Stellt dieser für sich betrachtet keinen verhältnismäßigen Ausgleich zwischen den betroffenen Belangen her, kann dieser Fehler ohne zeitliche Beschränkung durch § 215 Abs. 1 BauGB geltend gemacht werden[557]. Ob dem ein den Anforderungen des Abwägungsgebots genügender Abwägungsvorgang zugrunde liegt, ist danach unerheblich. Damit wäre selbst ein Abwägungsausfall, etwa wenn die objektive Festsetzung nicht der im Abwägungsvorgang erzielten Abwägungsentscheidung entspricht, nach Ablauf der Rügefrist unerheblich[558]. Diese mit der Verkürzung der Rügefrist[559] für Fehler des Abwägungsvorgangs verbundene Abwertung des prozeduralen Aspekts des Abwägungsgebots – jedenfalls für die Zwecke der Planerhaltung – ist mit dem europarechtlichen Grundgedanken der Stärkung des Planungsverfahrens kaum zu vereinbaren[560].
182
Werden die einbezogenen Fehler nicht innerhalb eines Jahres in substantiierter Weise gegenüber der Gemeinde geltend gemacht, werden sie unbeachtlich. Die Rügebefugnis besteht unabhängig von einer tatsächlichen oder rechtlichen Betroffenheit und die eingelegte Rüge hindert die Unbeachtlichkeit eines Fehlers allgemein, also auch im Verhältnis zu Dritten, die ihrerseits den Fehler nicht gerügt haben[561]. Die Rechtsfolge des § 215 Abs. 1 BauGB kann nur eintreten, wenn die Gemeinde bei der Inkraftsetzung der Bauleitpläne ihrer Hinweispflicht auf die Voraussetzungen für die Geltendmachung der Verletzung von Vorschriften sowie auf die Rechtsfolgen nach § 215 Abs. 2 BauGB nachkommt[562].
3. Ergänzendes Verfahren
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Das ergänzende Verfahren dient der Heilung von – materiellen oder formellen – Fehlern durch Nach- beziehungsweise Wiederholung von Teilen des Verfahrens, mit dem Ziel, die Fehler zu beseitigen[563]. Das Ergebnis kann dabei auch ein unveränderter Plan sein[564]. Durch das ergänzende Verfahren wird das Ausgangsverfahren an der Stelle wieder aufgenommen, an der der zu behebende Fehler unterlaufen ist. Die nachfolgenden Verfahrensschritte sind erneut durchzuführen[565]. Dabei finden die Verfahrensregelungen des Ausgangsverfahrens Anwendung[566]. Das eröffnet auch die Möglichkeit, bei Vorliegen der Voraussetzungen auf das Verfahren nach § 4a Abs. 3 BauGB zurückzugreifen[567]. § 214 Abs. 4 BauGB erlaubt, dass ein Bauleitplan rückwirkend in Kraft gesetzt wird, wenn der Fehler, der zu seiner Unwirksamkeit führte, im ergänzenden Verfahren behoben wird[568]. Dies kann jedoch nur gelten, wenn der Bauleitplan unverändert bleibt, anderenfalls fehlt es für eine Rückwirkung an einem tauglichen Anknüpfungspunkt, da der Bauleitplan in dieser Form in der Vergangenheit nicht bestanden hat[569].
V. Planungsschäden
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In der Praxis von nicht zu unterschätzender Bedeutung ist auch die Möglichkeit durch Entscheidungen in der Bauleitplanung Entschädigungsansprüche auszulösen. Der zentrale – wenn auch gegenüber §§ 40 und 41 BauGB subsidiäre (§ 43 Abs. 3 BauGB) – planschadensrechtliche Tatbestand ist § 42 BauGB, der an die Aufhebung einer zulässigen Nutzung eines Grundstücks anknüpft[570]. Die Aufhebung der zulässigen Nutzung erfolgt in der Regel durch einen Bebauungsplan[571]. In diesen Fällen kann eine nicht nur unwesentliche Wertminderung ausgleichspflichtig sein[572]. Dabei weisen die weiteren Voraussetzungen eine bemerkenswerte zeitliche Abstufung dahingehend auf, dass der durch die Regelung gewährte wirtschaftliche Bestandsschutz für nicht ausgeübte Nutzungen gemäß § 42 Abs. 2 und 3 BauGB auf sieben Jahre ab Zulässigkeit des Vorhabens beschränkt ist.
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Eine weitere Anspruchsgrundlage enthält § 39 BauGB. Hierbei geht es um Aufwendungen[573], die für die Vorbereitung der Verwirklichung von Nutzungsmöglichkeiten im berechtigten Vertrauen[574] auf den Bestand eines rechtsverbindlichen Bebauungsplans[575] gemacht wurden. Soweit diese Aufwendungen durch die Änderung des zugrunde liegenden Bebauungsplans an Wert verlieren, steht den Anspruchsberechtigten ein Anspruch auf angemessene Entschädigung in Geld zu. Weitere Ansprüche bestehen nach §§ 40 und 41 BauGB, wenn ein Bebauungsplan bestimmte insbesondere der Allgemeinheit dienende Festsetzungen trifft. Das Verfahren und die Frage, gegen wen sich der Entschädigungsanspruch richtet, regeln die §§ 43 und 44 BauGB.
1. Veränderungssperre (§ 14 BauGB)
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Das Instrument der Veränderungssperre[576] ist eng mit der Aufstellung von Bebauungsplänen verknüpft. Während des Aufstellungsverfahrens gilt die alte planungsrechtliche Situation noch fort, sodass die Gefahr besteht, dass durch tatsächliche Veränderungen die Erreichung der Ziele des Bebauungsplans vereitelt oder erschwert wird. Auch können Entschädigungsansprüche nach §§ 39 ff. BauGB begründet werden. Die Veränderungssperre erlaubt es der Gemeinde, während des Verfahrens der Aufstellung eines Bebauungsplans die Durchführung von Vorhaben im Sinne des § 29 BauGB oder die Beseitigung baulicher Anlagen (§ 14 Abs. 1 Nr. 1 BauGB) sowie die Vornahme erheblicher oder wesentlich wertsteigernder Veränderungen von Grundstücken und baulichen Anlagen, deren Veränderungen nicht genehmigungs-, zustimmungs- oder anzeigepflichtig sind, (§ 14 Abs. 1 Nr. 2 BauGB) zu verhindern[577].
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Die Veränderungssperre setzt zunächst voraus, dass ein Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans gefasst ist. Dieser muss ortsüblich bekannt gemacht werden, da er anderenfalls nicht wirksam ist und eine Veränderungssperre nicht hieran anknüpfen kann[578]. Der Aufstellungsbeschluss muss das Plangebiet eindeutig bestimmbar bezeichnen. Allerdings muss der so bezeichnete Planbereich mit dem späteren Plangebiet nicht identisch sein, da sich während des Planaufstellungsverfahrens die räumlichen Grenzen des Plangebiets noch ändern können[579]. Die Veränderungssperre kann auch auf einen Teilbereich des Plangebiets oder auf ein einzelnes Grundstück beschränkt werden[580], darf aber nicht über das Plangebiet hinausgreifen[581]. Der Aufstellungsbeschluss selbst muss auch noch keine Aussagen zum Inhalt der beabsichtigten Planung machen[582]. Allerdings setzt die Veränderungssperre ein Mindestmaß an Bestimmtheit und Absehbarkeit des künftigen Planinhalts voraus[583]. Die Veränderungssperre kommt auch in Betracht, wenn ein Bebauungsplan lediglich aufgehoben, das Gebiet also etwa in den Außenbereich zurückversetzt werden soll[584].
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Eine Veränderungssperre muss zur Sicherung der Planung erforderlich sein. Hierfür reicht eine abstrakte Gefährdung im Sinne einer nicht ganz entfernten Möglichkeit der Beeinträchtigung der Planungsabsichten aus[585]. Zulässig ist es aber auch, mit einer Veränderungssperre erst auf ein konkretes Vorhaben zu reagieren[586]. Die Möglichkeit, die Planung auch durch eine befristete Zurückstellung nach § 15 Abs. 1 BauGB zu sichern, lässt die Zulässigkeit einer Veränderungssperre nicht entfallen[587].
189
Gemäß