Irmgard Gleußner

Zivilprozessrecht


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BGH kann die bloße Abrufbarkeit der Website (im Inland) keinesfalls zuständigkeitsbegründend wirken; dies würde sonst zu einem uferlosen „weltweiten Verfolgungsrecht“ des Beklagten führen. Daher wird neben der Abrufbarkeit in Deutschland ein besonderer Inlandsbezug verlangt.[46] Ein solcher liegt vor, wenn eine Kenntnisnahme der Internetmeldung aufgrund ihres spezifischen Inhalts durch deutsche (inländische) Internetnutzer nahe liegt.[47] Gibt ein User in eine Suchmaschine Vor- und Nachnamen ein und erhält hierauf (unwahre) Suchwortergänzungsvorschläge in deutscher Sprache, liegt ein Inlandsbezug vor.[48] Der Betreiber der Suchmaschine mit Sitz in USA kann daher in Deutschland verklagt werden. Gleiches gilt, wenn ein Blog in deutscher Sprache, der sich an deutsche und auf Mallorca lebende Immobilienbesitzer richtet, unter Angabe des vollen Namens und der Adresse des Opfers veröffentlicht wurde.[49] Ein in russischer Sprache verfasster Bericht über eine private Reise in Moskau begründet dagegen keinen Inlandsbezug.[50] Auf die Anzahl der Klicks oder der registrierten Portalnutzer im Inland kommt es nicht an. Bei Internetveröffentlichungen ist auch der EuGH der Ansicht, dass der Betroffene nicht in jedem Mitgliedstaat (aufgrund der Abrufbarkeit) klagen kann.[51]

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      bb) Gerichtsstand des Erfüllungsorts (§ 29 ZPO)

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      Ausgangsfall

      cc) Gerichtsstand für AGV (§ 29c ZPO)

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      Die ZPO verweist hier auf das BGB. Seit 2014 gibt es im BGB neue Begrifflichkeiten! Lesen Sie zunächst § 312b BGB (Außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge = die früheren Haustürgeschäfte) und § 13 BGB (Verbraucher) aufmerksam durch.

      dd) Gerichtsstand Datenschutz

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      c) Ausschließliche Gerichtsstände

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      Ein ausschließlicher Gerichtsstand geht dem allgemeinen und den besonderen Gerichtsständen zwingend vor (§ 12 a.E. ZPO). Die wichtigsten ausschließlichen Gerichtsstände sind der dingliche Gerichtsstand (§ 24 ZPO), der Gerichtsstand bei Miet- oder Pachträumen (§ 29a ZPO), der Gerichtsstand bei falschen Kapitalmarktinformationen (§ 32b ZPO) sowie der Verbrauchergerichtsstand bei Urheberrechtsverletzungen (§ 104a UrhG).

      Hinweis

      Ein besonders wichtiger ausschließlicher Gerichtsstand ist der ausschließliche Gerichtsstand bei AGV (= Außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge § 312b BGB), sofern der Verbraucher in der Rolle des Beklagten ist (§ 29c Abs. 1 S. 2 ZPO). Hier ist örtlich stets das Gericht am Wohnsitz des Verbrauchers zuständig. Die Überschrift dieser Vorschrift ist etwas irreführend, weil sie das Wort „ausschließlich“ nicht enthält.

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      Die Gerichtsstände dienen vor allem dem Schutz des Beklagten. Daher sind abweichende Gerichtsstandsvereinbarungen durch (Prozess-)vertrag (= Prorogation) nur unter strengen Voraussetzungen (§§ 38, 40 ZPO) möglich. Gerichtsstandsvereinbarungen werden häufig „im Kleingedruckten“ (in Allgemeinen Geschäftsbedingungen) platziert und sind stets auf ihre Wirksamkeit in folgender Reihenfolge zu prüfen:

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