Spannung in jeder Muskel und rhythmische Nothwendigkeit in jeder Gebärde ahnt, dann werdet ihr mitfühlen, was eine prästabilirte Harmonie zwischen Führer und Geführten ist, und wie in der Ordnung der Geister Alles auf eine derartig aufzubauende Organisation hindrängt. An meinem Gleichnisse aber deutet euch, was ich wohl unter einer wahren Bildungsanstalt verstanden haben möchte und weshalb ich auch in der Universität eine solche nicht im Entferntesten wiedererkenne.«
IV. Geplante Fortsetzung zu den Vorträgen.
a. Skizze des sechsten Vortrags (Optimistisch-hoffnungsvoll).
(Frühling 1872)
Mein Freund entgegen gegangen.
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Früher nur auf Ruinen.
Jetzt Einflüsse aus der metaphysischen Wirkung des Kriegs zu erhoffen.
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Rede auf Beethoven.
Aufgabe: die zu ihm gehörige Cultur zu finden.
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Vorletzte Scene:
Wie der Einzelne sich bilden müsse.
Wie allein möglich?
Einsiedlerthum. Kampf.
Eine Erzählung.
Zwei Meister (Schopenhauer, Wagner).
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Die letzte Szene als Anticipation der Zukunftsanstalt.
»Die Flamme reinigt sich vom Rauch«
Pereat diabolus atque irrisores.
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Die Zukunftsrede. Aufruf an die wahren »Lehrer«.
Die momentane Erfüllung der Zukunft.
Der Schwur um Mitternacht. Vehmgericht.
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b. Zum sechsten und siebenten Vortrag (Enttäuscht-pessimistisch).
(Herbst 1872.)
VI. und VII. Vortrag. Contrast des Künstlers (Litterat) und des Philosophen. Der Künstler ist entartet. Kampf. Die Studenten bleiben auf der Seite des Litteraten.
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Der Philosoph hatte zuletzt stehend, am Pentagramm gesprochen, niederblickend. Jetzt heller Glanz unten am Walde. Wir führen ihn entgegen. Begrüßung. Inzwischen errichten die Studenten einen Holzstoß.
Zuerst nur privates Zwiegespräch abseits. »Warum so spät?« Der eben gehabte Triumph – Erzählung.
Der Philosoph traurig: er glaubt nicht an diesen Triumph und setzt einen Zwang voraus bei dem Andern, dem er nachgeben mußte. »Für uns giebt es doch wohl hier keine Täuschung?« Er erinnert an ihre jugendliche Übereinstimmung. Der Andre verräth sich als bekehrt, als Realist. Immer größere Enttäuschung des Philosophen.
Die Studenten holen den Andern an den flammenden Holzstoß, um zu reden. Er spricht über den jetzigen deutschen Geist (Popularisirung, Presse, Selbständigkeit, in Reih und Glied, historisch, Arbeit für die Nachwelt (nicht reif werden), der deutsche Gelehrte als Blüthe, Naturwissenschaft).
– »Du lügst«! Heftige Entgegnung des Philosophen. Unterschied von Deutsch und Afterdeutsch: Hast, Unreife, der Journalist, gebildete Vorträge, keine Gesellschaft, Hoffnung auf Naturwissenschaft. Die Bedeutung der Geschichte. Höhnisches Siegesbewußtsein – wir die Sieger, uns dient alle Erziehung, jede nationale Erregung dient uns (Universität Straßburg). Hohn auf Schiller-Goethe-Zeit.
Protest gegen diese Ausnutzung großer nationaler Erregungen: keine neuen Universitäten. Je mehr aber jener Geist überhandnimmt und die einbrechende Barbarei, um so sicherer werden die kräftigsten Naturen bei Seite gedrängt, zur Vereinigung gezwungen. Gefahr der Vereinzelung grenzenlos. Schilderung der Zukunft dieser Vereinigung. Schwerer Seufzer; woher Ausgangspunkt? Gebet um einen Keim der Rettung. Hindeutung auf die neue Kunst.
Der Holzstoß bricht zusammen. Er ruft: »Heil diesen Wünschen!« Mitternachtsglocke.
Gegenantwort: »Fluch diesen Wünschen.«
Höhnisches Abziehen der Studenten: pereat diabolus atque irrisores.
Schmerzlicher Verzicht auf den alten Freund.
Wir sind erschüttert und beschämt.
Das Verhältniß der Schopenhauerischen Philosophie zu einer deutschen Cultur.
Vorrede zu einem ungeschriebenen Buch.
(1872.)
Im lieben niederträchtigen Deutschland liegt jetzt die Bildung so verkommen auf den Straßen, regiert die Scheelsucht auf alles Große so schamlos und tönt der allgemeine Tumult der zum »Glücke« Rennenden so ohrbetäubend, daß man einen starken Glauben, fast im Sinne des credo quia absurdum est, haben muß, um hier auf eine werdende Cultur doch noch hoffen und vor Allem für dieselbe – öffentlich lehrend, im Gegensatze zu der »öffentlich meinenden« Presse – arbeiten zu können. Mit Gewalt müssen Die, denen die unsterbliche Sorge um das Volk am Herzen liegt, sich von den auf sie einstürmenden Eindrücken des gerade jetzt Gegenwärtigen und Geltenden befreien und den Schein erregen, als ob sie dasselbe den gleichgültigen Dingen zurechneten. Sie müssen so scheinen, weil sie denken wollen, und weil ein widerlicher Anblick und ein verworrener, wohl gar mit den Trompetenstößen des Kriegsruhms gemischter Lärm ihr Denken stört, vor Allem aber, weil sie an das Deutsche glauben wollen und mit diesem Glauben ihre Kraft verlieren würden. Verargt es diesen Gläubigen nicht, wenn sie sehr aus der Entfernung und von oben herab nach dem Lande ihrer Verheißungen hinschauen! Sie scheuen sich vor den Erfahrungen, denen der wohlwollende Ausländer sich preisgiebt, wenn er jetzt unter Deutschen lebt und sich verwundern muß, wie wenig das deutsche Leben jenen großen Individuen, Werken und Handlungen entspricht, die er, in seinem Wohlwollen, als das eigentlich Deutsche zu verehren gelernt hat. Wo sich der Deutsche nicht in’s Große erheben kann, macht er einen weniger als mittelmäßigen Eindruck. Selbst die berühmte deutsche Wissenschaft, in der eine Anzahl der nützlichsten häuslichen und familienhaften Tugenden, Treue, Selbstbeschränkung, Fleiß, Bescheidenheit, Reinlichkeit, in eine freiere Luft versetzt und gleichsam verklärt erscheint, ist doch keineswegs das Resultat dieser Tugenden; aus der Nähe betrachtet