Albert Heintze

Die Deutschen Familiennamen, geschichtlich, geographisch, sprachlich


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und Greifentrog, schwungvollere als Fleugimtanz?

       Familiennamen der dritten Schicht.

       Inhaltsverzeichnis

      c) Herkunft und Wohnstätte.

      Die von Örtlichkeiten entlehnten Familiennamen gehören zu den ältesten, da diejenigen Personen und Geschlechter, welche Grundbesitz hatten, sich schon sehr früh danach benannten. So finden wir unter den ritterlichen Sängern und Dichtern der Hohenstaufenzeit einen Heinrich von Veldeke, einen Hartmann von Aue (Ouwe), einen Walther von der Vogelweide u. a. Doch war dieser Zuname ursprünglich noch nicht so befestigt, daß bei einem Wechsel des Besitzes die Familie ihn beibehalten hätte; vielmehr wurde in solchem Fall auch der Name vertauscht. So führten z. B. die Freiherren von Attinghausen diesen Namen erst seit ihrer Übersiedelung nach Uri; vorher hießen sie nach ihrer Stammburg im Emmental die Freien von Schweinsberg. So hießen die von Löwenstein früher Bischofshausen, von Bischofshausen, jetzt Bischhausen an der Schwalm; als sie aber im 13. Jahrhundert ihre neue Burg erbauten, nahmen sie ebenfalls die neumodische Benennung an.[61]

      Daß solche Zusätze sich allmählich befestigten, war naturgemäß, ja fast unvermeidlich, sobald eine Familie längere Zeit in demselben Besitze blieb oder an derselben Stelle wohnte.

      Die aus dieser Quelle geflossenen zahlreichen Namen zerfallen in zwei Hauptgattungen, je nachdem sie von allgemeinen Ortsbezeichnungen oder von bestimmten Ortsnamen herrühren. Betrachten wir jene zuerst!

      Uns klingen jetzt die Namen mancher Landleute in Schillers Tell auffällig und fremdartig: (Hans) auf der Mauer, (Jörg) im Hofe, (Burkhart) am Bühel u. a. Solcher Benennungen aber, wie sie hier Schiller im Anschluß an die Schweizer-Chronik von Tschudi gewählt hat, gab es ursprünglich sehr viele, von den verschiedensten Örtlichkeiten entlehnt und mit den mannigfachsten Verhältniswörtern: von der Au; am Ende (der am Ende des Ortes Wohnende); aus dem Werd (Werder, Insel); beim Born; vor dem Baum; achterm Boil (hinter dem Bühel d. i. Hügel); unter den Weiden; zum Steg u. s. f.[63]

      Später fiel dann das Verhältniswort meist ab, eine Familie aus dem Werd nannte sich einfach Werth, ter Varrentrap (zu der Ochsenspur) Varrentrap — oder dasselbe wurde eng an das Hauptwort herangezogen und mit ihm vereinigt. So ist eine Anzahl Familiennamen entstanden, die man nur nach ihren Bestandteilen auseinander zu schneiden braucht, um sie sofort zu verstehen:

       Ambach: am Bach;

       Imhove: im Hofe;

       Zumbusch: zum Busch;

       Vormbaum: vor dem Baum;

       Auffenberg: auf dem Berg usw.

      Bisweilen sind dabei allerdings Entstellungen eingedrungen: Tremöhlen statt ter Möhlen (hochd. zur Mühlen), Austermühle statt aus der Mühle, Amthauer statt Amthor.

      Nur selten hat die ursprüngliche Form, Hauptwort und Verhältniswort getrennt, sich erhalten, wie in: aus der Ohe, aus’m Werth, ten Brink (niederd. = zum Hügel), zum Bild, ganz vereinzelt Zur-Linde.[64]

      In entsprechender Weise werden Familiennamen von bestimmten Ortsnamen (Stadt- oder Dorfnamen) abgeleitet. Wer aus einem fremden Orte zuzog, wurde beim Eintragen in die Bürgerrollen am einfachsten nach dem Orte bezeichnet, aus welchem er kam. So ist in den Bürgerrollen von Nordhausen aus dem 13. und 14. Jahrhundert ein Personenname aus von (oder lateinisch de) und einem Ortsnamen gebildet die gewöhnlichste Bezeichnung, z. B. Henricus de Erfordia, Ludovicus de Molhusen. Das von fiel später weg, zumal der Adel es mehr und mehr als sein Kennzeichen und Sonderrecht hinstellte. Dieser allmähliche Wegfall ergibt sich deutlich aus einer Zusammenstellung Förstemanns (Programm S. 11), wonach von 27 Mitgliedern des Rates zu Nordhausen im Jahre 1385 noch 13 das von mit einem Ortsnamen haben, dagegen 1401 nur 7, 1421 nur 2, 1475 noch einer, endlich 1484 keiner, obgleich nicht weniger als sieben einen Ortsnamen als Familiennamen führen.

      Daher stammt nun eine außerordentliche Menge von Familiennamen, die einfach aus einem Ortsnamen bestehen. Besonders leicht zu erkennen sind die zusammengesetzten, bei welchen etwa folgende Ausgänge die häufigsten sind:

       -au: Fürstenau;

       -bach: Blumenbach — niederd. -beck (spr. bäk): Möllenbeck;

       -baum: Birnbaum — niederd. -bohm: Nottebohm;

       -berg: Lichtenberg;

       -brück: Delbrück — niederd. -brügge: Delbrügge;

       -burg: Homburg;

       -dorf: Holtzendorf, Bernstorff — niederd. -dorp: Oldendorp;

       -eck: Viereck — südd. -egg: Hohenegg;

       -feld: Birkenfeld;

       -hagen: Hundeshagen — zsgz. -hain: Rosenhain, -hahn: Langenhahn;

       -haus: Brockhaus — im Dat. Plur. -husen (aus altd. husum): Wachenhusen, mit neuhochd. Vokal -hausen: Möllhausen;

       -heim: Freinsheim;

       -hof: Blumhof — im Dat. Plur. -hofen: Altenhoven;

       -holz: Buchholz;

       -horst: Scharnhorst;

       -leben: Alsleben;

       -reut: Bärenreuth;

       -rode: Benterode — mit Abfall des e -roth: Almeroth, -rath: Beckerath;

        -stadt: Karlstadt — mit der Nebenf. -stedt (eig. Dativ): Bodenstedt;

       -stein: Lauenstein;

       -thal: Friedenthal — niederd. -dahl: Küchendahl;

       -walde: Schwachenwalde — gew. gekürzt -wald: Arnswald;

      Dazu die Endung

       -ingen (eig. Dat. Plur. von dem Patronymikum s. Namenlexikon): Ehingen, gekürzt -ing: Bisping.

      Diesen schließen sich in der Häufigkeit zunächst an die auf

       -born, -busch, -fels, -furt, -horn.

      Im ganzen ist der Ortsnamen, die zugleich als Familiennamen dienen, eine ungezählte Menge, da es kaum einen größeren Ort in Deutschland gibt, dessen Name nicht auch als Familienbezeichnung sich fände. Viele Familiennamen, die sonst fast als unlösbare Rätsel erscheinen, werden ohne weiteres klar, sobald man ein geographisches Wörterbuch zur Hand nimmt.[65]

      Freilich wird anderseits auch die sichere Deutung und Heimweisung vieler Familiennamen durch das Hereinspielen der Ortsnamen erschwert, da nicht wenige der letzteren mit Personennamen buchstäblich übereinstimmen. Z. B. ist Seeger eine Weiterbildung des altdeutschen Personennamens Sigher, zugleich aber auch ein Ort in Pommern; Roth, für welches schon eine doppelte Quelle nachgewiesen (S. 48), findet