vorkommende Wort "Sela" bezeichnet ein Finale im musikalischen Vortrage und daher sagen wir, wenn wir mit einer Sache glücklich zu Ende kamen:
Abgemacht! Sela!
II.
Geflügelte Worte aus Sagen und Volksmärchen.
Aus den Sagen und Volksmärchen citieren wir dauernd eine Anzahl Ausdrücke und Namen, deren Auftauchen zu erforschen nicht ohne Reiz ist.
In Homers "Iliade" (3, 6) heisst es von den Kranichen:
"ἀνδράσι Πυγμαίοισι φόνον καὶ κῆρα φέρουσαι",
"welche Verderben und Tod darbringen Pygmäischen Männern".
Diese klassischen Däumlinge (wörtlich: "Fäustlinge"), die
Pygmäen,
wurden uns zum spasshaften Symbol für die Auflehnung kleiner Geister gegen Geistesheroën, weil sie den Tod des Riesenbruders Antaeus (s. weiterhin) am Herkules zu rächen gedachten und gegen den schlafenden Halbgott zu Felde zogen, d. h. auf seinen Gliedern herumkrabbelten und sein Haupt in Belagerungszustand versetzten, ohne ihn im mindesten zu schädigen. Der Gewaltige wachte auf, lachte, sammelte all die kleinen Helden in sein Löwenfell und brachte sie seinem Arbeitgeber Eurystheus.
(Vrgl. Philostrat, "Icon." 2, 22.—Frans de Vriendt, gen. Floris, der "niederländische Rafaël", 1520-1570, zeichnete diese Scene, und H. Cock verbreitete das Blatt durch den Kupferstich.)—
Eine anmutige Mundschenkin nennen wir eine
Hebe
nach Homer ("Il." 4, 2), wo beim Zeus den Göttern "πότνια Ἥβη ἐῳνοχόει"—"die herrliche Hebe Wein einschenkt", welche er ("Od." 11, 603) als "καλλίσφυρον"—"die mit den schönen Knöcheln" preist.—
Im Homer erscheint uns auch zuerst der "Οὔλυμπος",
Olymp,
ein Berg auf Thessaliens und Macedoniens Grenze, als "Sitz der Unsterblichen", oder "Göttersitz" ("Il." 8, 456 "ἀθανάτων ἕδος"; "Od." 6, 42-46 "θεῶν ἕδος"). Späteren Dichtern (s. Sophokles "Frg." 490, Nauck; Aristophanes "Thesmoph." 1068 ff.; Vergil "Ecl." 5, 56-57) heisst dann auch das Himmelsgewölbe, auf dem die Götter wohnen, "Olymp"; während wir damit die obersten Sitzreihen im Theater wohl deswegen bezeichnen, weil sie dem wolken- und götterreichen Plafond zunächst liegen.—
Ganymed
ist uns das Urbild eines erfreulichen Mundschenken nach Homers Schilderung ("Il." 20, 232 ff.):
"... ἀντίθεος Γανυμήδης
ὃς δὴ κάλλιστος γένετο θνητῶν ἀνθρώπων
τὸν καὶ ἀνηρείψαντο θεοὶ Διὶ οἰνοχοεύειν
κάλλεος εἵνεκα οἷο, ἵν'ἀθανάτοισι μετείῃ".
"Ganymedes, den Göttern vergleichbar,
Welcher der Schönste war von allen sterblichen Menschen;
Ihn ja rafften die Götter empor, Zeus' Becher zu füllen,
Wegen der schönen Gestalt, dass er lebe mit ewigen Göttern".—
Bei Homer ("Il." 24, 25-30) findet sich auch die erste Hindeutung auf
Das Urteil des Paris,
das zu unzähligen Darstellungen verwertet ward und noch heut citiert wird, wo es gilt, einen Streit um Frauenschönheit zu entscheiden. Here und Athene zürnten Ilion wegen der frevelhaften Verblendung des Alexandros (Paris),
"ὃς νείκεσσε θεὰς, ὅτε οἱ μέσσαυλον ἵκοντο,
τὺν δ' ᾔνησ' ἥ οἱ πόρε μαχλοσύνην ἀλεγεινήν",
"welcher die Göttinnen schmähte, als ihm ins Gehöfte sie kamen,
und die pries, die zum Lohn ihm verderbliche Üppigkeit anbot".
nämlich Aphrodite, der er als der Schönsten den Apfel gab (vrgl. Euripides "Hec." 633, "Troad." 930). Die Vorgeschichte hierzu liefert Lucian ("dial. marin." 5; vrgl. in des Proclus "Chrestomathie": "Kyprien", wo der Apfel noch unerwähnt ist) also:
Die zur Hochzeit des Peleus und der Thetis nicht gebetene Eris (Discordia, Göttin der Zwietracht) rollte einen goldenen Apfel mit der Aufschrift "Die Schöne soll mich bekommen" dahin zwischen die Gäste, wo Here, Athene und Aphrodite weilten, die alsbald in Zwist gerieten, welcher von ihnen der Apfel gebühre. Für ein Streitobjekt entnehmen wir daraus den bildlichen Ausdruck:
Apfel der Zwietracht, Zankapfel, Erisapfel,
der uns zuerst bei Justinus (XII, 15; XVI, 3) als "malum Discordiae" und "Discordiae malum" begegnet[14]. Dieser Zwist der Göttinnen rief dann eben das den trojanischen Krieg entfesselnde "Urteil des Paris" hervor, das "iudicium Paridis" (s. Kap. XI: Vergil "Aen." 1, 27).—
[14] Justinus (2. Jahrh. n. Chr.) excerpierte den Pompeius Trogus (um 20 v. Chr.), der also schon das Wort gebraucht haben mag.
Ein unzertrennliches Freundespaar nennen wir
Orest und Pylades
nach den beiden Vettern, Freunden und Schwägern, deren gemeinsame Rache an Aegisth und Klytemnestra wegen Agamemnons Ermordung des Hagias von Troezen "Heimkehr" schilderte (s. Proclus: "Chrestomathie"). Als bester Freund und Waffengefährte des Orest beim Rachezug und bei Iphigeniens Heimführung begegnet uns dann Pylades bei Aeschylus ("Choëph." 557), bei Sophokles ("Elektra" 15) und bei Euripides ("Orest." 388, 705-712, 773, 779 ff., 859 ff, 927 ff, 991 ff, 1042-1076, 1370 ff, 1586-7; "Elektra" 82-85, 835-837, 870-879; "Iphig. Taur." 94 ff, 296-300, 307 ff, 469, 570-579, 621, 643-691, 868). Darum spricht Cicero ("de fin." 2, 26) von "Pyladeïscher Freundschaft" ("Pyladea amicitia"). Am berühmtesten ist der Beiden edler Wettstreit, welcher von ihnen sterben soll (s. Euripides "Orest." 1046-1076; "Iphig. Taur." 570-579, 621, 643-679 und danach M. Pacuvius, den Cicero "Laelius" 2, 24 citiert; vrgl. Cic. "de fin." 2, 24 und Ovid "ex Pont." 3, 2, 85-86).—
Für ein vielgestaltiges wandelbares Wesen gab uns der Meergott
Proteus (Πρωτεύς)
den Namen. Homer singt ("Od." 4. 416-418 u. 456-458) zuerst von dessen Fähigkeit, sich in Alles zu verwandeln, was auf Erden webt und lebt, um nicht Rede stehen zu müssen.—
Einen himmlischen Aufenthalt nennen wir ein
Elysium
nach Homers "Odyssee" 4, 565-568, an welcher Stelle der überwältigte Proteus dem Menelaos das "an der Erde Grenzen" liegende "Elysische Gefilde" ("Ἠλύσιον πεδίον") also ausmalt:
"τῇ περ ῥηίστη βιοτὴ πέλει ἀνθρώποισιν·
οὐ