unser Wissen ist Stückwerk.—
Aus 1. Kor. 13, 11: "Da ich ein Kind war, da redete ich wie ein Kind und war klug wie ein Kind und hatte kindische Anschläge" . . . entsprang der Vers:
Sunt pueri pueri, pueri puerilia tractant,
Kinder sind Kinder doch stets, und Kindisches treiben die Kinder;
doch welcher Klosterschulmann ihn aus dieser Quelle schöpfte, ist noch eine offene Frage.—
1. Kor. 13, 13:
Glaube, Hoffnung, Liebe
wird gewöhnlich in der Form:
Glaube, Liebe, Hoffnung
citiert (vrgl. 1. Thessalonicher 1, 3; 5, 8).—
Nach 1. Kor. 14, 9 sagen wir:
In den Wind reden (oder sprechen, oder schwatzen).—
Es heisst 1. Kor. 14, 34:
Mulieres in ecclesiis taceant,
Eure Weiber lasset schweigen unter der Gemeine [Gemeinde],
was mit Umänderung in die Einzahl so citiert wird:
Mulier taceat in ecclesia
(vrgl. 1. Timoth. 2, 12). Eine Gnome Menanders (s. Meineke: "Fragm. Com. Graec." 4, 347) lautet schon: Ἱστοὶ γυναικῶν ἔργα, κοὐκ ἐκκλησίαι (Webstühle sind Frauenwerk, Gemeindeversammlungen nicht).—
Nach 1. Kor. 15, 33: "Böse Geschwätze verderben gute Sitten", oder wie Bunsen übersetzt: "Schlechter Umgang verdirbt (besser: "verderbt") gute Sitten", sagen wir:
Böse Beispiele verderben gute Sitten,
(Φθείρουσιν ἤθη χρήσθ' ὁμιλίαι κακαί),
Hausrath ("Neutestamentliche Zeitgeschichte", II, S. 398) sagt darüber etwas schulmeisternd:
"So sehr Paulus die Citate liebte, die aus den griechischen Schriftstellern sind sparsam und bestehen ausschliesslich aus allgemeinen, sprichwörtlich gewordenen Citaten griechischer Dichter. 1. Kor. 15, 33 recitiert Paulus einen iambischen Trimeter aus der "Thaïs" des Menander (Menander, ed. Meineke, S. 75); aber er verfehlt das Versmass und lässt sich einen üblen Hiatus zu Schulden kommen, der nur zu deutlich verrät, wie sein Ohr an den Wohlklang griechischer Prosodie nicht gewöhnt ist. Der Spruch selbst aber: "schlechter Umgang verdirbt gute Sitten", ist ein hellenischer Gemeinplatz, den niemand aus Büchern lernte. Vielmehr hat sich Paulus denselben wohl gelegentlich auf der Strasse aufgelesen, wie den unmittelbar vorhergehenden Satz seines Briefes: "Lasset uns essen und trinken, denn morgen sind wir tot", den er auf dem Sockel der Sandansäule des benachbarten Anchiale gesehen haben dürfte".
vrgl. Weisheit Salomos 4, 12: "Denn die bösen Exempel verführen und verderben einem das Gute".—
1. Kor. 15, 55 lesen wir:
Tod, wo ist dein Stachel!
(Hölle, wo ist dein Sieg!)
und 16, 22 nach der Vulgata, wo jedoch "sit anathema" steht:
Anathema sit (er sei verflucht)!
Bei Luther heisst es: "Der sei Anathema".—
Der 2. Korintherbrief bietet 3, 6:
(Denn) der Buchstabe tötet, aber der Geist machet lebendig;
daher wir auch, vom eigentlichen Sinne abweichend, sagen:
Der tote Buchstabe.—
2. Kor. 9, 7 steht:
Einen fröhlichen Geber hat Gott lieb.—
11, 11 und 12, 2 (vrgl. Galater 1, 20) steht:
Gott weiss es.—
Aus 2. Kor. 11, 26 (vrgl. Galater 2, 4) citieren wir:
Falsche Brüder.—
Mit aus 2. Kor. 12, 2 "derselbige ward entzückt bis in den dritten Himmel" mag der Ausdruck für den höchsten Grad freudiger Erregung herrühren:
Im siebenten Himmel sein.
Aber er fliesst auch noch aus anderen Quellen. Abraham Geiger sagt in seiner gekrönten Preisschrift "Was hat Mohammed aus dem Judentum aufgenommen"? (Bonn 1833, S. 65-66): "Die Anzahl der Himmel wurde ihm wohl von den Juden überliefert, und ihre Ansicht von sieben Himmeln, welche durch die verschiedenen Namen, die vom Himmel angegeben sind, herrührt, ging auch auf ihn über". Diese "sieben Himmel" werden im Koran Sure 2, 17, 40, 65, 67, 71 erwähnt, werden Sure 23 "sieben Wege" und Sure 78 "sieben Vesten" genannt, und es wird angenommen, dass in der Nacht Alkadar, vom 23. zum 24. des Monats Rhamadan der Koran durch den Engel Gabriel aus dem siebenten Himmel herabgebracht wurde.—
2 Kor. 12, 7 lautet: ". . auf dass ich mich nicht der hohen Offenbarung überhebe, ist mir gegeben ein Pfahl in's Fleisch, nämlich des Satans Engel, der mich mit Fäusten schlage . . .—" Daher sagen wir:
ein Pfahl im Fleisch.—
Nach Galater 6, 9 (vrgl. 2. Thess. 3, 13): "Lasset uns aber Gutes thun und nicht müde werden", sagen wir:
Nicht müde werden, Gutes zu thun.—
Epheser 4, 23: "Erneuert euch aber im Geist eures Gemüths"; 24: "Und ziehet den neuen Menschen an . . ." (vrgl. Colosser 3, 9-10) verdanken wir das Wort:
Einen neuen Menschen anziehen.—
Aus Epheser 6, 6: "(Ihr Knechte, seid gehorsam) nicht mit Dienst allein vor Augen, als den Menschen zu gefallen, sondern als die Knechte Christi" stammt
Augendienerei.—
Epheser 6, 16 u. 17 entnehmen wir den
Schild des Glaubens
und das
Schwert des Geistes.—
Philipper 2, 14 (vrgl. 1. Petri 4, 9 "ohne Murmeln") lesen wir:
(Thut alles) ohne Murren (und ohne Zweifel).—
Philipper 4, 3 schreibt Paulus von seinen Gehülfen, "welcher Namen sind in dem
Buch des Lebens".
Hiermit ist das 2. Mos. 32, 32 erwähnte "Buch" gemeint, in dem der Herr die Gerechten anschreibt und aus dem er die Sünder tilgt (vrgl. Psalm 69, 29; Daniel 12, 1; Luk. 10, 20; Offenb. 3, 5; 13, 8; 17, 8; 20, 12 u. 15; 21, 27). Ebräer 12, 23 spricht mit Bezug auf dieses "Buch" von "der Gemeine der Erstgebornen, die im Himmel angeschrieben sind", daher uns die Wendung kommt:
Gut (oder schlecht) angeschrieben sein.—
Nach 1. Thessalonicher 5, 2 (vrgl. Matth. 24, 42-44; Luk. 12, 39 und 2. Petri 3, 10) soll der Tag des Herrn
Wie ein Dieb in der Nacht kommen.—
1. Thess. 5, 21: "Prüfet aber alles, und das Gute behaltet" wird citiert in der Form:
Prüfet alles, und behaltet das Beste.—
Auf 1. Thess. 5, 22: "Meidet allen bösen Schein" beruht:
Den Schein vermeiden.—
Der 2. Brief an die Thessalonicher enthält 3, 10:
So jemand nicht will arbeiten, der soll auch nicht essen.—
Im 1. Briefe an Timotheus steht
1, 19:
am Glauben Schiffbruch erlitten haben;